Kinder- und JugendpsychiatrieLandschaftsverband eröffnet Ambulanz in Eitorf

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Immer mehr Kinder leiden unter psychischen Erkrankungen wie Depressionen und anhaltender Traurigkeit.

  • In den vergangenen Jahren nehmen seelische Krisen und psychische Erkrankungen bei Jungen und Mädchen zu.
  • Der Landschaftsverband Rheinland stärkt deshalb sein Angebot an der oberen Sieg.
  • Die neue Kinder- und Jugendambulanz im LVR-Behandlungszentrum Eitorf begreift von Anfang an das Umfeld der jungen Patienten in die Diagnose und die Behandlung mit ein.

Eitorf – Bettnässen oder Essstörung, Schulprobleme oder Verhaltensauffälligkeiten – immer mehr Kinder und Jugendliche leiden unter psychischen Erkrankungen. Hilfe und Beratung in seelischen Krisen finden Betroffene und ihre Familien jetzt in der neuen Kinder- und Jugendambulanz im LVR-Behandlungszentrum in der Hospitalstraße.

Ein wichtiges Angebot für den ländlichen Raum an der Oberen Sieg, sagt Dr. Lena Münchenhagen, die die Einrichtung mit aufbaut. „Im Rahmen der Facharztausbildung in der Erwachsenenpsychiatrie in Eitorf wurden viele Stimmen nach einer Abteilung für Kinder und Jugendliche laut“, sagt sie.

Denn oft haben die Patienten auch psychisch kranke Kinder, der Weg zu den LVR-Kliniken nach Bonn ist weit, eine wohnortnahe Versorgung wünschenswert. Behandelt werden Patienten vom Babyalter bis zur Volljährigkeit, die Liste der Probleme und Krankheitsbilder ist lang. „Der Bedarf ist groß.“

In der Coronakrise nahmen Vernachlässigungen zu

Schon jetzt spürt die 39-Jährige Auswirkungen durch die Corona-Krise, für Kinder und Jugendliche ein „sehr angstbesetztes Milieu“, auch Eltern seien tief verunsichert. Depressionen, Konfliktsituationen in der Familie, Vernachlässigungen nehmen zu, hat sie beobachtet. Bereits auffälliges Verhalten wie Schulschwänzen oder anhaltende Traurigkeit seien durch den Lockdown verschlimmert worden. „Ich bin mir ganz sicher, dass sich die Folgen jetzt erst abbilden.“

BHZ-Eitorf-innen

Die jungen Patienten können kommen: Im LVR-Behandlungszentrum in Eitorf  wurde eine neue kinder- und jugendpsychiatrische Abteilung eingerichtet.

Doch schon vor Corona stieg die Zahl der psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen stetig an, weiß die Ärztin: „Der Wind wird rauer. „Cybermobbing und sexuelle Übergriffe im Internet sind Riesen-Themen.“

Die ständige Anwesenheitspflicht in den sozialen Medien, sich ständig gut zu präsentieren, übe Druck aus. „Die Nachricht ist gelesen, aber du hast seit sieben Minuten nicht geantwortet.“ Selbst vermeintlich kindgerechte Apps können Gefahren bergen: „In den Chatrooms tummeln sich dann plötzlich erwachsene Männer.“

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In Eitorf bietet Münchenhagen eine Erstberatung an, die Begleitung durch einen Sorgeberechtigten ist ein Muss: „Von Anfang an werden die Eltern einbezogen.“ In der Behandlung werde aber natürlich auf den jungen Patienten eingegangen. Eng arbeitet die Kinder- und Jugendambulanz des LVR mit Kinderärzten vor Ort, ambulanten Psychotherapeuten, der Erziehungsberatungsstelle und dem Jugendamt zusammen.

„Das Angebot ist ganz niederschwellig ausgelegt, um zu gucken, ob es gut angenommen wird und ob es dann weiter ausgebaut wird“, sagt Münchenhagen.

In die Diagnose wird das gesamte Umfeld einbezogen

Kommt eine Familie erstmals zu ihrer Sprechstunde, dann wird zur Erstellung einer Diagnose die ganze Entwicklung des Kindes beleuchtet, manchmal von der Schwangerschaft bis zum Schulalltag und sozialem Umfeld. „Kein Kind, kein Jugendlicher kann isoliert betrachtet werden“, so die Ärztin.

Telefonische Anmeldung erforderlich

Im Mai wurde die Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Behandlungszentrum Eitorf der LVR-Klinik Bonn in der Hospitalstraße 13 eingerichtet. Nun finden die ersten Sprechstunden statt.

Termine zur Erstvorstellung gibt es jeden Donnerstag zwischen 8.30 und 12.30 Uhr, eine Anmeldung unter 0228/551 28 50 ist zwingend erforderlich.

Krankenkassenkarte, Schulzeugnisse, gelbes Untersuchungsheft und gegebenenfalls Vorberichte sind mitzubringen. (seb)

Ergänzend werden dann die Kollegen der LVR-Kliniken hinzugezogen, die über viele Jahre Erfahrung auf ihren Gebieten verfügen. Gespräche und eine medikamentöse Behandlung kann Münchenhagen in Eitorf durchführen.

Je nach Diagnose überweist sie aber auch an Spezialisten, bei Verdacht auf Autismus und Asperger oder ADHS zum Beispiel. Auch bei schweren, konfliktbesetzten Beziehungen zu Eltern und Geschwistern hilft das Netzwerk des LVR in Bonn. Für junge Opfer von Gewalt betreibt der Klinikverbund eine spezielle Traumaopfer-Ambulanz in Kooperation mit dem Weißen Ring.

Die Schicksale ihrer jungen Patienten lassen die erfahrene Ärztin und zweifache Mutter alles andere als kalt: „Es berührt mich oft. Ich nehme manches auch mit nach Hause und muss dort darüber sprechen. Ich fühle schon mit.“

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