"Schule im Park" in EitorfEitorfer Hauptschule wird 2017 geschlossen
Eitorf – Über 30 Prozent Schüler mit Migrationshintergrund, mangelnde Förderung durch die Eltern, Neuzugänge in letzter Minute: Die „Schule im Park“ muss sich einigen Herausforderungen stellen. Nicht zuletzt der Tatsache, eine sterbende Schulform zu sein.
700 Schüler hatte die Eitorfer Gemeinschaftshauptschule mal, heute sind es noch 96 Schüler in je zwei Klassen der Stufe neun und zehn sowie sieben Vollzeit-Lehrerstellen. Zum Ende des Schuljahrs 2016/2017 ist Schluss.
Eine schwierige Situation für Schüler und Lehrer gleichermaßen, berichten Konrektorin Maren Jürgens und Wolfgang Müller von der erweiterten Schulleitung. Denn obwohl der Schulbetrieb an der Ganztagsschule trotz sinkender Schülerzahl ganz normal weiterläuft, werde man häufig mit der Aussage konfrontiert: Die Hauptschule gibt’s doch gar nicht mehr! Jürgens und Müller sind überzeugte Hauptschullehrer und enttäuscht über die Haltung, die der auslaufenden Schulform entgegengebracht wird.
Seit dem Schuljahr 2012/1013 hat die Gemeinschaftshauptschule keine Eingangsklasse mehr. Neue Schüler bekommt die „Schule im Park“ dennoch, der Hauptschule werden Schüler zugewiesen, die zum Beispiel ihre Versetzung nicht geschafft haben. Zum Ende Schuljahres 2016/2017 läuft die Hauptschule aus.
In den vier Klassenräumen werden 50 Schüler und Schülerinnen in der Jahrgangsstufe 9 und 46 in der Stufe 10 unterrichtet. Zum Kollegium gehören neun Lehrer und ein Sozialarbeiter. 18 Fächer – von Deutsch über Physik, Geschichte, Kunst bis zu muttersprachlichem Unterricht und Arbeitslehre – werden unterrichtet. Berufsorientierung und Soziales Lernen bilden weitere Standbeine. (seb)
Ein Hauptschulabschluss, das sei schon so etwas wie ein Stigma, dabei könne man auch den mittleren Abschluss machen, der der Realschule entspricht. Aus diesem Klassentypus 10B – „im nächsten Jahr ein ganz leistungsstarker Jahrgang mit 22 Schülern“ – sind zuletzt vier Schüler sogar auf das Gymnasium gewechselt. Zahlreiche Elemente der Hauptschule seien in die Sekundarschule übergegangen. Vieles, finden die beiden Schulleiter, sei in der Hauptschule sogar besser, die starke Berufsorientierung, das Lernen in kleinen Klassen. Fächer wie Hauswirtschaft, in denen die Kinder zum Beispiel lernen, wie man einen Tisch deckt, sagt Maren Jürgens, müssten verpflichtend sein. „Es ist wichtig, dass die Schüler erkennen, dass man sein eigenes Essen kochen kann.“
Sehr früh, berichtet sie, werden die Kinder in der Hauptschule an den Beruf herangeführt, schon ab der achten Klasse mussten sie mehrwöchige Praktika absolvieren. „95 Prozent der Schüler kommen dann schon mit Stellen, die sie sich ausgesucht haben“, sagt die Konrektorin. „Und das, obwohl es zu Hause oft an der Unterstützung fehlt!“
Kampf gegen Vorurteile
Zehn Wochen schulisch organisierte Praktika, Berufswahlanalysen in der achten Klasse, eine Woche der Berufsorientierung und ein Berufseinstiegsbegleiter von der Agentur für Arbeit unterstützen die Schüler bei der Entscheidung für einen Beruf und der Suche nach einer Lehrstelle. „Wir haben gegen das Vorurteil kämpfen müssen, dass Schüler in der zehnten Hauptschulklasse keine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben“, berichtet Wolfgang Müller, der nicht nur Lehrer für Deutsch, Mathematik und Sport, sondern auch Berufswahlkoordinator ist. Mittlerweile würden sich große Unternehmen auf der Suche nach Azubis mit der „Schule im Park“ in Verbindung setzen. 34 Zehntklässler hatten ihren Vertrag schon vor Ende des letzten Schuljahres in der Tasche. Oft würden die Schüler auch von den Eitorfer Unternehmen übernommen, bei denen sie ein Praktikum absolviert haben.
Die enge Betreuung der Schüler, sagt Müller, werde auch jetzt noch fortgeführt, obwohl die Zahl der Lehrer immer weiter heruntergeschraubt wird. „Uns verlassen in diesem Jahr viele Kollegen, die bis zur Rente hätten hier bleiben wollen.“ Eine aussterbende Spezies zu sein, sei ein bitteres Gefühl, auch für die Kinder: „Die zehnte Klasse organisiert traditionell ihre Entlassungsfeier als Party für ihre Mitschüler – in diesem Jahr haben sich die Schüler gefragt, für wen sie das noch machen.“ Und auch der 60-jährige Wolfgang Müller hatte sich seinen Ausstieg aus dem Beruf anders vorgestellt. „Ich bringe das hier zu Ende“, sagt er. „Aber ein schönes Gefühl ist das nicht.“
