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Streit um UnfallkostenWindeckerin verunglückt in Costa Rica und fordert  145.000 Euro von Versicherung

Lesezeit 4 Minuten
Das Eingangsportal des Bonner Landgerichts.

In Costa Rica brach sich die Windeckerin mehrere Knochen und musste opreriert werden. (Symbolbild)

Die Versicherung ließ private Ermittlungen anstellen und behauptet, die Frau sei nicht beim Wanderausflug gestürzt, sondern beim Paragliding.

Das Jahr 2024 begann für eine Frau aus Windeck mit einem schweren Unfall: Sie brach sich am Morgen des 1. Januar in Costa Rica bei einem Sturz einen Lendenwirbel, das rechte Schien- und Wadenbein und den rechten Fuß. Sie hat das Unglück körperlich einigermaßen überstanden, doch in Deutschland folgte ein juristischer Streit um die Behandlungskosten, der jetzt in einem Zivilprozess vor dem Bonner Landgericht gipfelte.

Die Windeckerin liebt das kleine Land in Mittelamerika, ist immer wieder hingereist, auch weil sie dort ihr Hobby Paragliding ausüben kann, und hat sich vor drei, vier Jahren in einer Urlaubsregion ein Haus mit drei Schlafzimmern bauen lassen. Zur Jahreswende 2023/24 flog sie erneut in ihr kleines Paradies.

Windeckerin will beim Wandern gestürzt sein

Nach dem Frühstück am Neujahrstag machte sie sich, so schilderte sie vor Gericht, mit ihrem Sohn, der ein paar Tage vor ihr angekommen war, zu einer Wandertour entlang eines Bachlaufs auf. Das Ziel: spektakuläre Wasserfälle. Als sie unterwegs auf einen etwa drei Meter hohen Felsen gestiegen sei, habe sie plötzlich den Halt verloren und sei „runter gesegelt“. Ihrer Schilderung zufolge schrie sie um Hilfe, ihr Sohn, der ein Stück vorausgegangen war, kehrte um. Er habe seine Mutter gesehen, die „höllische Schmerzen“ hatte, auf der Seite liegend, ein Bein verdreht, sagte der 27-jährige Student als Zeuge.

Er habe am Handy die Notfallnummer 911 gewählt, doch als nach mehreren Versuchen niemand reagiert habe, habe er telefonisch einen einheimischen Freund gebeten, die Rettung zu informieren. Nach etwa fünf Minuten seien zwei Sanitäter gekommen und hätten die Mutter, begleitet vom Sohn, zum nächsten Krankenhaus gebracht.

Krankenhaus verlangte 165.000 US-Dollar für die Operation

Dort wurde die Frau erstbehandelt, und es schien bald klar, dass die Ärzte vor weiteren Schritten die Bezahlung zugesichert haben wollten. Also informierte der Student die Auslandskrankenversicherung seiner Mutter in Deutschland, die ihm Formulare mailte. Am nächsten Tag, so der Sohn als Zeuge weiter, habe er vom Krankenhaus einen Kostenvoranschlag erhalten.

„Das ist eine Menge Geld!“, sei es ihm entfahren: Insgesamt 135.000 US-Dollar wollten die Ärzte für die Operation der Mutter haben, und vorab zusätzlich 30.000 Dollar in bar als Anzahlung, das ergibt umgerechnet einen Gesamtbetrag von etwa 145.000 Euro. Der junge Mann aus Windeck schickte, wie er berichtete, die Rechnung an die Versicherung und lieh sich am 3. Januar von einem guten Freund in Costa Rica den Vorschuss.

Und der Rest? Da hatte ein Finanzvermittler der Klinik einen Vorschlag: Seine Mutter solle eine Hypothek auf ihr Ferienhaus aufnehmen, den dafür nötigen Notar hätte er besorgen können, schilderte der Zeuge. In ihrer Not unterschrieb die Schwerverletzte am 4. Januar die Grundbuchbelastung – und wurde noch in der folgenden Nacht erfolgreich operiert.

Versicherung weigert sich 144.000 Euro Unfallkosten zu erstatten

Wieder zurück in Windeck nahm sie bei ihrer Bank ein Darlehen auf, um die Hypothek abzulösen – und danach begann der Streit mit der Versicherung.

Die weigert sich nämlich, ihrer Kundin die geforderten 144.000 Euro an Unfallkosten zu erstatten. Das Geld will sie nun einklagen. Der Versicherungsschutz sei ausgeschlossen, weil die Klägerin entgegen ihren Angaben die Verletzung nicht bei einem Wanderausflug, sondern bei einem Absturz mit einem Paraglider erlitten habe, behauptet das Unternehmen. Es sei Bestechungsgeld an einen Krankenhausarzt in Costa Rica gezahlt worden, damit er die Brüche als Folge eines Wanderunfalls attestiere.

Zudem hielt der Anwalt der Versicherung dem Sohn in der Verhandlung vor, er habe entgegen seiner Aussage sehr wohl mit der Notfallnummer telefoniert; dort sei ein Anruf aufgezeichnet worden, dass eine deutsche Paragliderin verunglückt sei. Das alles, so die Versicherung, will ein Detektiv vor Ort herausgefunden haben. Warum der Konzern private Ermittlungen anstellen ließ, ob es etwa einen Verdacht gegeben habe, wisse seine Mandantin nicht, sagte Thomas Wolff, der Anwalt der Klägerin, auf Anfrage.

Mutter und Sohn bestritten die Vorhaltungen. In der Tat üben beide den Paragliding-Sport aus. Sie sei während des Urlaubs sogar einmal geflogen, aber nicht am Unglückstag. Hätte sie es getan, so die Klägerin, wäre sie nicht so schwer verletzt worden, denn bei jedem Flug mit dem Gleitschirm trage sie einen Protektor, eine Art Airbag, der Stürze abfedern soll.

Beide Parteien schlossen am Ende des ersten Verhandlungstages einen Vergleich aus. Die 21. Zivilkammer will nun bis Ende des Monats die Beweise sichten und auch darüber entscheiden, ob weitere Zeugen aus Costa Rica per Videoschaltung gehört werden.