Forstamtsleiter aus Rhein-Sieg im Interview„Wild gewöhnt sich an die Störung durch Windräder“

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Ein Windrad dreht sich am Morgen bei trübem Wetter. (Symbolbild)

Die neue Landesregierung möchte das Thema Windenergie voranbringen, wie dies in einem neuen Erlass zum Landesentwicklungsplan deutlich zum Ausdruck kommt.

Laut Forstamtsleiter Stephan Schütte könnte das geplante Windkraft-Projekt auf den Höhen der Nutscheid in vier bis sechs Jahren realisiert werden.

Mit dem Chef des Regionalforstamtes Rhein-Sieg-Erft in Eitorf, Stephan Schütte, sprach Stephan Propach über das geplante Projekt in Windeck und über Windkraftanlagen im Wald.

Wie stehen derzeit die Chancen, im wachsenden Wald Windräder zu bauen?

Stephan Schütte: Aktuell stehen die Chancen sehr gut. Durch die Änderung der Rahmenbedingungen auf Bundes- und Landesebene sind die erneuerbaren Energien als von überragendem öffentlichen Interesse eingestuft worden und dienen der öffentlichen Sicherheit. Damit sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweiligen Schutzgüterabwägungen eingebracht werden.

Insbesondere Kalamitäts- und Nadelwaldflächen sind per Erlass bereits explizit für Windenergieanlagen geöffnet worden. Die weiteren Rahmenbedingungen werden sich im Laufe des Jahres ergeben durch die Umsetzung des Wind-an-Land-Gesetzes auf Landesebene, die Novellierung des Windenergieerlasses, des Landesentwicklungsplanes (LEP) und so weiter.

Was war das Vermarktungsverbot, und ist es tatsächlich vom Tisch?

Dem Landesbetrieb wurde durch die letzte Landesregierung untersagt, Flächen aktiv für die Nutzung durch Windenergie zu vermarkten. Der entsprechende Erlass – Erlasse haben eine Bindungsfrist von fünf Jahren und müssen dann verlängert werden – ist im Dezember 2022 ausgelaufen. Die neue Landesregierung möchte das Thema Windenergie voranbringen, wie dies in einem neuen Erlass zum Landesentwicklungsplan deutlich zum Ausdruck kommt.

Stephan Schütte lächelt in die Kamera.

Stephan Schütte sieht gute Chancen für den Windpark.

Damit ist eine aktive Vermarktung beziehungsweise Bereitstellung von Waldflächen für die Windenergienutzung wieder möglich. Wald und Holz arbeitet aktuell daran, geeignete Flächen im Wald zu identifizieren, und wartet diesbezüglich noch auf eine angekündigte LANUV-Potenzialstudie sowie auf weitere wichtige Rahmenbedingungen aus LEP und Windenergieerlass, zum Beispiel den Abstand zur Wohnbebauung.

Welche Hürden müssen genommen werden, welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden, damit das Projekt realisiert werden kann?

Im Bereich der Nutscheid muss zunächst geklärt werden, welche Flächen genau für die Windenergienutzung geeignet sind. Im Anschluss daran muss dann ein Projektpartner gefunden werden, der die Projektierung übernimmt, so auch die Gutachten zu Schall, Schatten, Wind und Artenschutz, die Planungen von Anlagen, Zuwegung, und Netzanschluss sowie das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren.

Wie schätzen Sie die zeitlichen Dimensionen für das Projekt ein?

Im besten Fall wäre eine Realisierung des Projektes mit immissionsschutzrechtlicher Genehmigung wahrscheinlich innerhalb von vier Jahren möglich. Voraussetzung hierfür ist, dass die geplanten Änderungen hinsichtlich der Beschleunigung der Verfahren zeitnah umgesetzt werden.

Das wäre dann ein Jahr Windmessung, zwei Jahre Artenschutzuntersuchungen und sonstige Planungen, Einreichung des immissionsschutzrechtlichen Antrages, gegebenenfalls Nacharbeiten, öffentliche Beteiligung und Genehmigung. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass in der Regel mindestens sechs Jahre vergehen, bis eine Genehmigung erteilt wird.

Vertragen sich Wald, Wild und Windräder?

Hier gibt es einen recht guten Artikel vom Leiter der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadensverhütung, Dr. Petrak, auf rwj-online.de. Insgesamt kann man sagen, dass sich das Wild nach Abschluss der Bauphase an die Störung durch Windräder gewöhnt. Als Vergleich zieht Petrak Truppenübungsplätze heran, wo sich das Wild auch an den Kampflärm und zum Beispiel ans Schießen mit Leuchtspurmunition, vergleichbar mit Blinklichtern an Windkraftanlagen, gewöhnt hat.

Wichtig ist aber noch der Hinweis, dass sich die Sensortechnik zur Verhinderung von Vogel- und Fledermausschlag immer weiter verbessert. Es gibt schon Techniken, die die Vogelarten unterscheiden können und bei geschützten Vogelarten, die sich nähern, schnell abschalten. Für Fledermäuse gibt es sogenannte BAT-Detektoren, die Fledermäuse mittels Ultraschallsensoren erkennen und dann auch die Anlagen bei Annäherung abschalten können.

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