FestivalGreen-Juice-Veranstalter – „Ich will das machen, bis ich nicht mehr atmen kann“

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Menschenmassen vor einer Festivalbühne.

15.000 Zuschauer kamen zur 14. Auflage des Green Juice Festival in Bonn.

Mit 13 Jahren organisierte Julian Reininger das erste Green Juice mit 200 Besuchern. 15 Jahre später zieht das Bonner Festival Tausende an. 

Das ist mal eine klare Aussage: Trotz der anhaltenden Regenfälle der vergangenen Tage findet das Green Juice Festival auch in diesem Jahr wie geplant statt. Das Gelände sei zwar in Mitleidenschaft gezogen worden – „wir arbeiten aber mit Hochdruck daran, dass der Park bespielbar ist“, so die Veranstalter am Mittwoch. Und das ist nicht alles. Allen Besucherinnen und Besuchern, die nicht mehr zum Wacken Open Air anreisen können, bieten die Organisatoren an, das Green Juice Festival zum halben Preis zu besuchen.

Noch am Dienstagnachmittag sieht das Gelände des Green Juice aber keinesfalls so aus, als würde es dem Namen des Festivals gerecht werden. Vor der Bühne, mitten im Beueler Wohngebiet, dominiert braun statt grün. Der Regen der letzten Tage hat Schlamm, tiefe Furchen und Pfützen hinterlassen. Auch wenn die allgemeine Stimmung „durchwachsen“ ist, gibt sich Veranstalter Julian Reininger gelassen: „Es ist schon traurig zu sehen, dass es hier nach zwei Tagen Bühnenbau aussieht wie auf einem Acker. Aber wir wissen uns zu helfen, ich mache mir keine Sorgen.“

Green Juice: Bonner ist sein halbes Leben lang als Veranstalter tätig

Reiningers Zuversicht gründet auf Erfahrung. Sein halbes Leben lang ist der 29-Jährige schon als Veranstalter tätig. Bei der ersten Ausgabe des Festivals war er erst 13 Jahre alt. Seine „fünfdrei“-Eventagentur, die er gemeinsam mit seinem Bruder Simon aufgebaut hat, ist in Bonn und Umgebung mittlerweile als Institution bekannt. So hatten die Beiden schon bei zahlreichen Konzerten, Messen oder Betriebsfeiern ihre Finger im Spiel. Die Klangwelle, der BonnLive Kulturgarten oder das Rheinimpuls Festival zählen zu ihren Projekten. „Das Green Juice Festival bleibt aber unser Herzensprojekt“, so Reininger.

Ein junger Mann mit Brille steht vor einer Festivalbühne.

Julian Reininger veranstaltet das Green Juice Festival in Bonn-Beuel.

Von heute an bis Samstag treten hier Deutschrapgröße Casper und Bands wie die Donots, Leoniden und Von wegen Lisbeth auf. 7000 Besucherinnen und Besucher werden pro Tag erwartet. Damit sie beim Tanzen nicht versinken, wurde der Schlamm weggebaggert und 560 Tonnen Sand im Park Neu-Vilich verteilt. Noch nie zuvor in der Green-Juice-Geschichte, sah man sich aufgrund des Wetters zu solchen Maßnahmen gezwungen.

Es ist derselbe Ort, an dem vor 15 Jahren die Geburtsstunde des Festivals geschlagen hat. Damals war noch nicht Casper, sondern Basement der Headliner des Festivals. So hieß die Band der Gebrüder Reininger. Dort, wo heute die VIP-Tribüne steht, spielten die Teenager 2008 mit befreundeten Bands auf einem Lkw. „Das war der Grundstein, da hat mein Eventherz angefangen zu schlagen“, sagt Julian Reininger heute.

Green Juice Festival entstand auf Wiese hinter Elternhaus von Reininger

Die Schule sei dann nur noch Nebensache gewesen. Jede Pause habe er genutzt, um Telefonate mit Sponsoren zu führen. Mit seinen 13 Jahren wurde er dabei nicht immer ernst genommen. „Aber wir haben den Leuten gezeigt, dass man auch mit sehr jungen Jahren etwas reißen kann, wenn man mit Leidenschaft dahinter steht“.

Seit dieser Zeit hat sich einiges verändert. Aus den 200 Festival-Besuchenden wurden zuletzt 15.000. Und aus der Band der Reininger-Brüder, die einfach einen Ort zum Auftreten brauchte, wurde eine Eventagentur. Der Ort des Festivals indes blieb: Die Wiese direkt hinter dem Elternhaus der Brüder. „Ich hatte auch schon Meetings in der Küche. Oder es kamen Lieferungen von Riesenpaletten, die dann im Haus gelagert werden mussten“, erinnert sich der 29-Jährige.

Deswegen seien seine Eltern froh, dass die Söhne mittlerweile ein eigenes Büro haben. An der Wand hinter seinem Schreibtisch hängt ein Bild, das die beiden Brüder auf der Bühne des letztjährigen Green Juice zeigt, im Hintergrund ein Menschenmeer. Für sie sei es eine Ehre als Familienbetrieb agieren zu können, so der Veranstalter.

Green Juice Festival: Reininger erwartet mittlerweile das Unerwartete

Dass es bei ihnen familiär zugeht, überträgt sich aufs Festival. „Es kommen junge Familien mit Kindern, die fette Ohrenschützer aufhaben, aber auch vom Altersheim nebenan kommen Menschen vorbei“, sagt Reininger. Es sei ihm wichtig, während des Festivals Präsenz zu zeigen und mit den Besuchern und Helfern ins Gespräch zu kommen. Auch mal gemeinsam anzustoßen – das sei die Identität des Events.

Reininger erwartet nicht, dass das wechselhafte Wetter die Stimmung trüben wird: „Wenn man nicht mit weißen Sneakern, sondern mit wetterfestem Schuhwerk kommt, kann man hier das Green Juice erleben, wie in jedem Jahr.“

Der Veranstalter ist es mittlerweile gewohnt, das Unerwartete zu erwarten. Bei vergangenen Festivals sei der Strom ausgefallen oder das Ordnungsamt habe den Saft abgedreht, weil falsche Genehmigungen vorlagen. „Dieses Jahr ist es halt das Wetter“, sagt Reininger.

Green-Juice-Veranstalter ließ Bands im Kinderzimmer unterschreiben

Für ihn ist das Festival ein wahrgewordener Traum – auch, weil das Line-Up lange Zeit mit seinem eigenen Musikgeschmack verbunden war. Wenn sich Lieblingsbands wie die Donots oder Madsen persönlich bei ihm auf der Bühne bedankten, erfüllte ihn das mit besonders viel Stolz. Wichtig war ihm in jungen Jahren den Künstlern nie als „Fanboy“ zu begegnen, sondern ein Arbeiten auf Augenhöhe zu schaffen.

Trotzdem ließ er sich nicht nehmen, Bands mit in sein Kinderzimmer zu nehmen, damit sie auf den Postern über seinem Bett unterschreiben konnten. „Früher waren die Bands älter als ich, heute bin ich älter als die Bands“, sagt Reininger.

Die Planungen für die 16. Auflage des Green Juice Festivals laufen bereits auf Hochtouren. Und wenn es nach Julian Reininger geht, ist ein Ende des Festivals nicht in Sicht. „Ich würde das gerne machen, bis ich nicht mehr atmen kann“, so der Veranstalter über die Planungen für die Zukunft.

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