Neuer Vorstand gesuchtHennefer Kneipp-Verein droht nach mehr als 100 Jahren die Auflösung

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Mehrere Menschen stehen knöcheltief in einem Becken.

Aus dem Jahr 1931 stammt diese Aufnahme vom Luft- und Lehmbad auf dem Steimelsberg.

Der über 100 Jahre alte Kneipp-Verein Hennef hat Nachwuchsprobleme. Bis zum 8. März müssen sich Freiwillige finden.

Im März 2004, als der Kneipp-Verein Hennef seinen 100. Geburtstag feierte, wünschte sich die damalige Vorsitzende Uta Halft vor allem eines: „Wir hätten gern wieder jüngere Leute dabei. Das wäre wunderschön!“ Mittlerweile bedroht das Nachwuchsproblem den Verein in seiner Existenz. Um die Auflösung abzuwenden, müssen sich in der Mitgliederversammlung am Mittwoch, 8. März, Freiwillige finden, die Verantwortung übernehmen. Ein neuer Vorstand ist nötig.

Wir treffen Karl-Josef und Renate Kneip am Wassertretbecken im Kurpark. Er hat vor 17 Jahren den Vereinsvorsitz übernommen, sie ist Kassiererin. Auch Hilde Litterscheid, die stellvertretende Vorsitzende, ist da. Mit 79, 78 und 81 Jahren zählen die drei keineswegs zu den ältesten Vereinsmitgliedern. Aber für sie ist nach teilweise mehr als 20 Jahren im Vorstand klar, dass sie ihre Ämter abgeben wollen. Gleiches gilt für die Schriftführerin Helma Hegel (75).

Hilfe vom Landverband

„Wir wollen schon seit Jahren aufhören“, sagt Renate Kneip. Doch Nachfolger zu finden, ist schwierig. „Auf den Versammlungen kommt kein Finger hoch“, erzählt Litterscheid. Ein Aufruf im vorigen Jahr blieb erfolglos. Jetzt hilft der Kneipp-Landesverband.

In einer Pressemitteilung wirbt er für einen „Kneipp-Restart“ in Hennef. „Herr Kneip und der bisherige Vorstand haben ihre Sache sehr gut gemacht“, betont die Vorsitzende des Kneipp-Bunds NRW, Madeleine Broichhausen-Piek. „Mit einem neuen Vorstandsteam könnte der Kneipp-Verein in Hennef jetzt komplett neu durchstarten. Neue Kurse anbieten, sich weiter – auch für Jüngere – öffnen und somit viel mehr Menschen in Hennef die ganzheitliche und naturnahe Gesundheitslehre nach Kneipp näherbringen.“

Nur vier bis fünf Stunden Arbeit im Monat nötig

Aber auch an die Alt-Mitglieder wird gedacht. „Viele in den Gymnastikgruppen sind über 80, und wir alle wollen gern weitermachen“, sagt Hilde Litterscheid. „Wir haben über 70 Mitglieder, für die wir Bewegungskurse anbieten. Allein für die wäre es wichtig, dass der Verein weiterbesteht“, ergänzt Karl-Josef Kneip.

Der Vereinsvorsitzende, seine Stellvertreterin Hilde Litterscheid und Kassiererin stehen in einem leeren Becken.

Der Vereinsvorsitzende Karl-Josef Kneip, seine Stellvertreterin Hilde Litterscheid (M.) und Kassiererin Renate Kneip suchen Nachfolger.

Um die fast 120-jährige Kneipp-Tradition in Hennef fortzuführen, sind laut Kneip nur vier bis fünf Stunden Arbeit im Monat nötig. „Typische Aufgaben sind Mitgliederbetreuung und Korrespondenz, Kursplanung und -organisation, Betreuung der Kursleitenden, Finanzen und Öffentlichkeitsarbeit, zum Beispiel, um eine Website für den Verein aufzusetzen“, erläutert Carina Auth von der Geschäftsstelle des Kneipp-Landesverbands.

„Neue Vorstandsmitglieder werden von Herrn Kneip eingearbeitet und langfristig von uns sowie auch unserem Dachverband Kneipp-Bund Deutschland und dem Landessportbund NRW unterstützt“, verspricht Auth. Zudem vermittele man Kurse und Informationen zu Vereinsführung, zu fachlichen und Kneipp-Themen, helfe beim Erwerb von Sportlizenzen und in Sachen Website.

„Gesundheitsförderung steht im Vordergrund“

Beabsichtigt ist, die anfallenden Arbeiten in einem Team-Vorstand auf mehrere Personen zu verteilen. Als neue Ansatzpunkte werden Ernährungsworkshops und Kochkurse, Kräuterspaziergänge, Wandern und Radtouren genannt.

Ein leeres, steinernes Becken

Relikt der Kneipp-Geschichte: das alte Becken im Hennefer Kurpark.

„Hauptsache, die Gesundheitsförderung steht im Vordergrund“, so Broichhausen-Piek. Kneipp sei auch perfekt, um bereits Kindern eine gesundheitsfördernde Lebensweise zu vermitteln: „Wasser, Bewegung und an Pflanzen schnuppern – das alles macht ihnen großen Spaß.“

Nicht vergessen werden darf, dass einige Mitglieder auch die Ärmel hochkrempeln, um das Wassertretbecken im Kurpark in Ordnung zu halten. „Zweimal in der Woche machen wir sauber“, berichtet Renate Kneip.Einmal im Jahr steht ein neuer Anstrich des zwei mal fünf Meter großen Bassins an. Die blaue Farbe stiftet die Stadt.

Wer Interesse daran hat, sich im Hennefer Kneipp-Verein zu engagieren, kann sich unter 0201/24 87 282 oder per Mail bei Carina Auth vom Kneipp-Landesverband NRW melden, sie stellt den Kontakt her.


Geschichte

Hennef hat eine große Kneipp-Vergangenheit. Der Bahnhofsvorsteher Johann Strawe (1852-1938) löste in Hennef ein wahres Kneipp-Fieber aus. Er hatte 1894 Sebastian Kneipp an dessen Wirkungsort Wörishofen in Bayern besucht und scharte danach Anhänger der Wasseranwendungen um sich. Am 25. März 1904 wurde im Saal Wingen der Kneipp-Verein gegründet. 1908 entschied der Kneipp-Bundesverbandstag, in Hennef eine Kneipp-Anstalt zu errichten. 1912 wurde das Kneipp-Kurhaus eröffnet.

Hennef galt als das Bad Wörishofen des Rheinlands. 1960 kürte der Deutsche Bäderverband Henef zum Kneipp-Kurort. 1984 gab die Stadt diesen Titel wegen spezieller Anforderungen an die Infrastruktur auf.

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