Hohe SpritkostenDarum fahren Pendler im Rhein-Sieg-Kreis trotzdem mit dem Auto

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Nur Super Plus ist noch teurer als Diesel: Spritpreise  am Mittwoch Vormittag in Troisdorf.

Rhein-Sieg-Kreis – Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine und dem Beginn des anschließenden Krieges sind die Spritpreise auf Rekordniveau gestiegen. Wie gehen Menschen mit den gestiegenen Kosten um, die auf Sprit und Öl angewiesen sind?

Dreifache Fahrtzeit mit der Bahn

Seit 2016 pendelt Monika Vog von Köln-Sürth zur Arbeit beim Caritasverband Rhein-Sieg in Siegburg. 33 Kilometer einfache Strecke legt sie dafür zurück. „Grundsätzlich würde ich lieber mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren“, sagt die Fundraiserin. Allerdings wäre das Ticket wegen der vielen Tarifzonen sehr teuer. Zudem müsste Vog entweder über Köln oder Bonn fahren, und in beiden Fällen kommt sie dann auf eine Fahrzeit von 90 Minuten.

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Fährt langsam, um Benzin zu sparen: Monika Vog aus Köln-Sürth arbeitet beim Caritasverband Rhein-Sieg als Fundraiserin. 

Das ist derzeit keine Alternative für die Kölnerin. „Ich fahre nicht täglich drei Stunden, um dann sechs Stunden zu arbeiten.“ Wenn es gut läuft, ist sie mit dem Auto nur 30 Minuten unterwegs.

Langsam fahren, um Benzin zu sparen

Schon lange fährt sie konsequent höchstens 100 Kilometer pro Stunde auf der Autobahn, „weil es bares Geld spart“, allerdings wird ihre Kalkulation von etwa 150 Euro Spritkosten im Monat gerade mächtig durchgerüttelt.

Für sie gibt es daher in der Tat eine Schmerzgrenze: „Wenn der Preis dauerhaft so hoch bleibt, würde ich mit dem Arbeitgeber über mehr Homeoffice verhandeln.“ Ideen, sie könnte mit dem E-Bike ins Büro kommen, hat sie als nicht praktikabel verworfen. „Mein Traum ist es, irgendwann Photovoltaik auf dem Dach zu haben und ein E-Auto damit zu laden.“

Weniger private Fahrten

„Da trifft einen schon der Schlag“, kommentiert der Troisdorfer Beigeordnete und Kämmerer Horst Wende seine Reaktion an der Tankstelle.

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„Wenn man sieht, dass Diesel teurer ist als Benzin.“ In seinem privaten Tankbuch steht der Tiefstpreis 95,9 Cent vom 2. Mai 2020, noch im Februar bezahlte er rund 1,50 Euro. Für den 53 Kilometer langen Weg vom Wohnort Leichlingen ins Troisdorfer Rathaus müsse er inzwischen nur für Sprit täglich 14 Euro aufwenden.

„Reaktion der Regierung absolut richtig“

Daher sei „jeder Tag, den ich komplett im Homeoffice machen kann, ein guter Tag“. Öffentliche Verkehrsmittel sind für den 62-Jährigen keine Alternative, „mindestens 90 Minuten“ wäre er dann pro Strecke unterwegs. Privat werde er in Zukunft sicher ein bisschen weniger fahren. „Vergnügungsfahrten ins Bergische werden wir deutlich einschränken.“

Aber das sei „das Mindeste, was wir tun können“, betont Wende. „Es ist völlig klar, dass das Handeln der Bundesregierung wirtschaftliche Folgen hat.“ Dennoch halte er die Reaktionen für absolut richtig.

Ärger über die Konzerne

Wenn sie an die Tankstelle fährt, dann ärgert sich Ulrike Hanke. Doch nicht über die hohen Kraftstoffpreise, wie die Leiterin des Sozial- und Wohnungsamts in Troisdorf erzählt. „Ich gehöre zu den Personen, die ganz gut verdienen.“ Andere hätten da viel mehr zu knabbern.

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Ulrike Hanke ist Leiterin des Sozial- und Wohnungsamts der Stadt Troisdorf

Ärgerlich aber findet sie, „dass der Sprit, der aktuell verkauft wird, noch zu günstigen Preisen eingekauft wurde“. Dass die Konzerne hier ihren Reibach witterten, findet sie „nicht in Ordnung“.

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Letzten Endes bleibe ihr aber nichts übrig, als weiterhin mit dem Auto von Burscheid nach Troisdorf zu pendeln. Die kürzeste ÖPNV-Verbindung bringt sie nach mehrmaligem Umsteigen innerhalb von 90 Minuten ans Ziel – falls alle Anschlüsse klappen. Sonst ist sie schnell bei zweieinhalb Stunden für den einfachen Weg.

Elektroauto ist keine Lösung

Auf ein Elektroauto umzusteigen ist für Hanke keine Lösung: „Teuer und umweltschädlich“ seien Gewinnung und Import des benötigten Lithiums aus Südamerika, „völlig ungeklärt“ die Entsorgung der Akkus nach ihrer Lebenszeit. Und brennende E-Autos seien kaum zu löschen. „Zu unausgegoren“ sei die Technik, sagt Ulrike Hanke.

Verständnis für Sanktionen

41 Kilometer legt Kira Haasbach auf dem Weg zur Arbeit zurück, die Mitarbeiterin der Pressestelle der Kreisstadt Siegburg wohnt in Kürten im benachbarten Rheinisch-Bergischen Kreis. „Mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren macht keinen Sinn“, erläutert sie. Denn dann würde sie für nur eine Strecke eineinhalb Stunden brauchen – das ist für sie zu viel.

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Kira Haasbach arbeitet bei der Stadtverwaltung Siegburg

Zwar könne sie im Homeoffice arbeiten, bei der Arbeit in der Pressestelle sei es aber praktischer, vor Ort zu sein. 2,21 Euro habe sie unlängst an der Tankstelle für den Liter Super E1 bezahlt. Eine persönliche Schmerzgrenze für den Spritpreis festlegen könne sie nicht, „weil es keine Alternative gibt“. Mit den Sanktionen ist sie durchaus einverstanden. „Es ist schon gut, dass verschiedene Druckmittel verwendet werden, um Russland in die Enge zu treiben.“

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