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Ideen gegen die LeereSo gehen Wirte im Rhein-Sieg-Kreis mit Corona um

Lesezeit 4 Minuten

Wegen der Corona-Krise herrscht in Gastro-Betrieben gähnende Leere.

  1. Gastronomische Betriebe dürfen wegen der Corona-Krise immer noch nicht öffnen.
  2. Wie gehen die Wirte mit dieser Situation um?
  3. Ein Blick in die Gasthäuser der Region.

Rhein-Sieg-Kreis – Klein’s Eck, Hennef

Dem Wirt von „Klein’s Eck“ stehen Dankbarkeit und Freude ins Gesicht geschrieben. „Das ist eine super Aktion“, sagt Eugen Podgorski. „Alle Stammgäste und Freunde waren schon da.“ Sie kommen ans Eckfenster der Hennefer Gaststätte, um den „Deckel für Eugen“ zu erwerben. Den Betrag bestimmt jeder Käufer selbst. Wenn die Gastronomen ihre Lokale wieder öffnen dürfen, kann der Gutschein in Form eines Bierdeckels mit dem Konterfei des 60-Jährigen eingelöst werden. Gültig ist er bis Ende 2021.

Am Eckfenster verkauft Eugen Podgorski seinen Gästen Deckel fürs Klein’s Eck.

Die Idee, auf diese Weise während der Zeit der Schließung für Umsatz zu sorgen, hatten Gäste. Harald Kettenbach, Clemens Wirtz, Klaus Leven, Christian Gaida und Jochen Richarz haben den „Deckel für Eugen“ ins Leben gerufen und den Slogan „Zosammestonn – Hennefer für ihre Veedelskneipe“ geprägt.

Freitags von 18 bis 20 Uhr öffnet sich das Eckfenster von „Klein’s Eck“, aus dem Podgorski mit dem gebotenen Abstand den Deckel nebst Kassenbon herausreicht. Über Facebook läuft ein weiterer Vertriebsweg. „Mein Team und ich haben die tollsten Gäste“, sagt der Wirt. „Was jetzt von Freunden hier zurückkommt, hat mich überwältigt. So viele haben uns Mut zugesprochen.“ (kh)

Böck dich, Eitorf

Die beiden neuen Pächter des Eitorfer Traditionslokals „Böck dich“ trifft die Krise besonders hart. Marc Seidel (38) und Guido Baumann (41) haben trotz 90-prozentigen Umsatzausfalls keinen Anspruch auf die staatliche Soforthilfe für kleine Betriebe.

Guido Baumann (links) und Marc Seidel vom „Böck dich“.

„De facto werden Neugründer von der Landesregierung an die Wand gefahren“, ärgert sich Seidel über die in Nordrhein-Westfalen geltende Stichtagsregelung. Zuschussberechtigt ist demnach nur, wer schon Ende 2019 am Markt war. Weil Baumann und Seidel erst Anfang März eröffnet haben, fällt das „Böck dich“ durchs Raster. „Bayern und Baden-Württemberg haben keinen Stichtag“, beklagt Seidel, das sei eine „massive Ungerechtigkeit“.

Die Pächter versuchen, sich mit einem Bestell- und Abholservice über Wasser zu halten. Zu allem Überfluss hatten sie einige Tage schließen müssen, weil der Herd defekt war. Außerdem setzen sie privates Geld ein, denn angebotene Kredite und Stundungen helfen nicht weiter, so Seidel, „dann können wir in einem Jahr zumachen“.

Noch kämpfen er und sein Partner ums „Böck dich“, haben sogar bereits NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart ihre Situation geschildert, in der Hoffnung, dass der Gründungsstichtag für den Sofortzuschuss wegfällt. „Vielleicht sind wir der Präzedenzfall, dass es so nicht geht.“ (kh)

Gasthaus Scheiderhöhe, Lohmar

Zwei junge Leute, das erste eigene Lokal, das bombig anlief. Und dann, nur rund vier Wochen nach Eröffnung des Gasthauses Scheiderhöhe, der Corona-Stopp.

Daniel Lengsfeld, preisgekrönter Sterne-Koch aus Berlin, und seine Lebensgefährtin Stephanie Schulze, stemmen derzeit zu zweit den Betrieb: An drei Tagen pro Woche holen sich treue Kunden die vakuumierten Speisen an dem Fachwerkbau im Höhendorf ab.

Daniel Lengsfeld und Stephanie Schulze aus Scheiderhöhe.

Der Lieferdienst, den sie anfangs anboten, sei nicht durchzuhalten gewesen, berichtet der 36-jährige Küchenchef. Die fünf Angestellten, zwei Köche und drei Service-Kräfte, sind schon lange in Kurzarbeit.

Die wöchentlich wechselnde Karte erhalten die Kunden auf der Homepage, über E-Mail-Verteiler und die sozialen Netzwerke, wo die Gasthaus-Fans die Neuigkeiten gern teilen.

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75 Essen, bestellt bis spätestens Mittwoch, gehen so donnerstags, freitags und samstags über die Schwelle. Den Betrieb zu retten sei nur machbar durch das Entgegenkommen der Familie Blum, die den damals völlig maroden Bau kauften, renovierten und den schmucken Saal anbauten.

Bevor Lengsfeld und Schulze einstiegen, hatte das Traditionshaus nach dem Tod des Vorpächters ein Jahr leergestanden. Die Inhaberfamilie ist so froh über den geglückten Start, dass sie während der Krise auf die Pacht verzichtet. Das Wirtspaar ist zuversichtlich, dass es weitergeht in ein paar Wochen: „Wir freuen uns schon, unsere Terrasse bewirtschaften zu können.“ (coh)

Sankt Severin, Ruppichteroth

„Wenn es so weitergeht, haben wir die Chance, das mit einem blauen Auge zu überstehen.“ Christian Eggert und seine Frau Katja haben am 19. März ihr Wirtshaus an Sankt Severin im historischen Ruppichterother Ortskern auf einen Hol- und Bring-Service umgestellt. „Alles war besser als eine Null“, meint der Gastronom.

Katja und Christian Eggert haben ihr Wirtshaus an Sankt Severin auf Hol- und Lieferservice umgestellt.

Die Hoffnung, dass er in diesem Jahr noch einmal seinen 200 Menschen fassenden Saal vermieten kann, hat er nahezu abgeschrieben. Wenn die Gaststätte wieder geöffnet werde, müssten womöglich vier Personen sitzen, wo sonst zwölf Platz finden, mutmaßt er. An der Theke rechnet er so schnell nicht wieder mit Gästen. „Es geht da ja auch um den Schutz der Mitarbeiter dahinter“, da sei manchmal der Abstand von einem Meter nicht einzuhalten. (sp)

Sion im S-Carré, Siegburg

Bei Augustin Bagaric, der das Sion im S-Carré in Siegburg betreibt, hat die Coronakrise alles verändert. Statt einige Hundert Essen in der eigenen Gaststätte zu servieren, nehmen er und seine Mitarbeiter nun Bestellungen am Telefon entgegen. Mitarbeiter aus umliegenden Büros holen sich vereinzelt warme Mahlzeiten. Viele Kunden von Bagaric sind aber auch im Homeoffice.

Augustin Bagaric vom Sion im S-Carré will „im Spiel bleiben“.

„Andere haben sich in diesem Geschäftsfeld längst etabliert“, erklärt der Wirt. „Die Hauptsache ist aber, dass wir im Spiel bleiben.“ (sp)