RekonstruktionHistorische Küche in der Drachenburg in Königswinter eingerichtet

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann steht in einem Raum mit gefliesten Wänden. In der Küche stehen ein alter Herd und ein alter Küchenschrank,

Nach historischen Vorlagen rekonstuiert: Joachim Odenthal, Geschäftsführer der Betreibergesellschaft von Schloss Drachenburg, in der Küche, die jetzt Teil der Ausstellung ist.

Nach historischen Vorbild wurde in Schloss Drachenburg eine Küche eingerichtet. Nach einem alten Herd hat man lange gesucht.

Gleich neben der Eingangstür hängt ein altes Holztelefon mit Hör- und Sprechmuschel. Die geringelten Telefondrähte verlaufen über dem Putz in Richtung Zimmerdecke.

Blickfang im Raum ist ein alter Herd, wie er Anfang der 1900er Jahre in großen Küchen mit Kohle oder Holz betrieben worden sein mag. In zwei Pfannen scheinen Spiegeleier zu brutzeln, auf dem Tisch links vom Herd liegen Zwiebeln und Baguettebrote, darunter stehen Zwiebackdosen.

Essen für die „Herrschaften“ in der Etage oben drüber zubereitet

Ein dreibeiniger Hackklotz zeigt ebenso wie die Arbeitstische deutliche Gebrauchsspuren. Es wirkt ein bisschen, als wäre hier von Bediensteten gerade noch das Essen für die „Herrschaften“ in der Etage oben drüber zubereitet worden.

Dabei sei es gar nicht so einfach gewesen, „lebende Möbel zu finden“, sagt Joachim Odenthal, als er in der rekonstruierten Küche von Schloss Drachenburg steht, die seit Kurzem quasi neu in der Wirtschaftsebene des historischen Gemäuers entstanden ist.

Silberne und kupferne Töpfe, eine alte Bratpfanne mit unechten Spiegeleiern und ein Kessel stehen auf einem alten Herd.

Nur ein Imitat: Die Spiegeleier in der Pfanne auf dem alten Herd.

Den Küchenschränken etwa, die man in Österreich entdeckt habe, sollte man durchaus ansehen, dass sie die letzten 100 Jahre in Betrieb waren, betont der Geschäftsführer der Betreibergesellschaft von Schloss Drachenburg.

Die gemeinnützige Gesellschaft und deren Kunsthistorikerin Tanja Bleutgen-Wagner haben also bewusst nicht alte Möbel gesucht, die fein säuberlich abgebeizt und akkurat auf neu geschliffen und lackiert wurden.

Das „Schlossmuseum“ zieht in die Wagenhalle auf der Nordseite

Den Herd habe man über ein Jahr lang gesucht und dann auf Ebay-Kleinanzeigen entdeckt. „Stein für Stein“ sei er in der Lüneburger Heide abgebaut und in der einstigen Küche der Drachenburg wieder aufgebaut worden, berichtet Joachim Odenthal.

Im Falle des ziemlich wuchtigen Kochgerätes hatte man eine fundierte Quelle was das Aussehen angeht. Auf einem historischen Foto, das großformatig im Flur vor der „neuen“ Küche hängt, sind Frauen bei der Arbeit und ein Herd zu sehen. Die Aufnahme entstand wohl um 1905/06.

Schloss Drachenburg zeigt sich als „begehbares Museum der Rheinromantik“

Schloss Drachenburg, das sich Baron Stephan von Sarter von 1882 bis 1884 am Drachenfels errichten ließ, will als „begehbares Museum der Rheinromantik“ heute auch zeigen, wie ein großbürgerlicher Haushalt seinerzeit funktionierte.

Und dazu gehören beispielsweise die Arbeitsplätze der Bediensteten in einer Küche ebenso wie ein Anrichtezimmer in der Etage oben drüber, die durch einen Speiseaufzug und eine Dienstbotentreppe verbunden sind. Den Aufzugsschacht gibt es bis heute.

Ein altes Telefon aus Holz hängt an der Wand.

Aus vergangenen Zeiten: Ein historisches Telefon gleich neben der Eingangstür.

Beide Räume – Anrichtezimmer und Küche – dienten zuletzt lange als Stuhllager, bevor sie jetzt nach und nach Ausstellungsräume des Gründerzeitmuseums Drachenburg wurden.  Und der Bereich mit der Rekonstruktion der einstigen Hauswirtschaft soll laut Odenthal noch ausgeweitet werden.

Das „Schlossmuseum“, derzeit auf der Wirtschaftsebene untergebracht, soll in die Wagenhalle an der Nordseite der Drachenburg umziehen, wo zurzeit noch die Ausstellung der Stiftung Naturschutzgeschichte zu sehen ist.

„Gesinderaum“ und „Wäscherei“ werden auch noch inszeniert

In den so frei werdenden Räumen nahe der Küche soll unter anderem ein „Gesinderaum“ eingerichtet und eine „Wäscherei“ inszeniert werden. Ein großer Wäscheschrank, der wie die Küchenmöbel deutliche Gebrauchsspuren aufweist und der laut Odenthal in Düsseldorf entdeckt wurde, steht schon an Ort und Stelle. Eine Wäschemangel und eine Waschmaschine habe man auch schon gefunden.

Übrigens: Die anfangs erwähnten Spiegeleier und Zwiebeln sowie das Baguette drohen nicht zu verfaulen. Es sind ziemlich realistisch aussehende Lebensmittelimitate. Eines der Brote wurde laut Joachim Odenthal sogar schon gestohlen.


Buntglasfenster im Speisezimmer

Rund 150 000 Euro haben die NRW-Stiftung, ein Einzelspender und die Schloss Drachenburg gGmbH aufgebracht, um dem Speisezimmer des historischen Gebäudes wieder zu seinen Buntglasfenstern zu verhelfen. Zu sehen sind darauf Tiere wie Hase oder Eichhörnchen sowie in den drei Oberfenstern figürliche Darstellungen mit Bezug zur Jagd (Armbrust, Speer und Angel). Als Vorlage für die historische Rekonstruktion konnte man unter anderem auf Fotos zurückgreifen. Laut Joachim Odenthal war die Mayer'sche Hofkunstanstalt, die seinerzeit schon für die Originalausstattung der Drachenburg zuständig war, noch im Besitz der entsprechenden Entwürfe. Nach Odenthals Einschätzung bekommt das Speisezimmer nun durch das diffuse Licht wieder seine ganz eigene Atmosphäre zurück. (csc)

KStA abonnieren