Nach dem Sieg von Heike Jüngling (CDU) bei der Bürgermeisterstichwahl in Königswinter rüsten sich die Parteien für Sondierungsgespräche. Für viel Ärger hat ein „Faktencheck“ gesorgt.
Heike Jüngling gewähltWie es nach der Stichwahl ums Bürgermeisteramt in Königswinter weitergeht

Im Großformat: Eines der Wahlplakate, mit denen Heike Jüngling bei der Bürgermeisterwahl für sich warb.
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Die anfangs noch ganz entspannte Atmosphäre in der leeren, vorübergehend zur Wahlkampfzentrale umfunktionierten Wohnung in Uthweiler wich nach und nach einer Stimmung zwischen Frust und Galgenhumor. „Wir holen auf!“, scherzte einer der Unterstützer von Bürgermeister Lutz Wagner, als ein Wahlbezirk bei der Stichwahl am Sonntag mal zugunsten des Amtsinhabers ausfiel.
Tatsächlich aber lag von Beginn der Auszählung an seine Herausforderin Heike Jüngling (CDU) vorne und hielt die Position – mal klarer, mal knapper – bis zum Schluss. Mit 52,1 Prozent (9234 Stimmen) gewann die Dezernentin der Stadt Königswinter am Ende die Stichwahl ums Bürgermeisteramt. Lutz Wagner (Königswinterer Wählerinitiative) kam auf 47,9 Prozent (8504 Stimmen) und muss seinen Chefsessel als Stadtoberhaupt nach fünf Jahren wieder räumen. In acht von 20 Wahlbezirken lag Wagner, zum Teil nur knapp, vorne.
Lutz Wagner will sich weiter politisch in Königswinter engagieren
Während in Uthweiler die Stimmung mit fortdauernder Auszählung immer gedrückter wurde und Stephan Bergmann, der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Königswinterer Wählerinitiative, Lutz Wagner irgendwann aufmunternd auf die Schulter klopfte, war die Lage im Vereinsheim des TuS Eudenbach eine ganz andere. Bis auf den Parkplatz war der Jubel und der Applaus zu hören, als Heike Jüngling kurz vor 20 Uhr als Wahlsiegerin feststand.
Sie dankte als Erstes ihrem Team für die Unterstützung während des Wahlkampfes. „Es ist Euer Ergebnis!“, rief die künftige Bürgermeisterin. Sie ist die erste Frau an der Spitze der Drachenfelsstadt.

Jubel: Heike Jüngling mit ihren Unterstützern.
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Auch am Tag danach verwies der unterlegene Amtsinhaber im Gespräch mit der Redaktion dieser Zeitung auf die strittigen Themen, die ihm wichtig gewesen seien, die aber am Ende zu seiner Niederlage geführt haben dürften. Die Rheinallee in der Altstadt, die möglichen Windkraftanlagen bei Stieldorf und die geplante Photovoltaikanlage in XL-Format bei Thomasberg.
Und auch die vielen Baustellen im Rahmen des Glasfaserausbaus hätten eine Rolle gespielt. Da habe man ihm beziehungsweise seiner Verwaltung „den Schwarzen Peter zugespielt“, dabei habe die Stadt einfach nicht das Personal, alle laufenden Baustellen zu kontrollieren. Trotz der Niederlage sprach Wagner von einem „guten Ergebnis“ und einer „wahnsinnig knappen Entscheidung“.
Um 739 Stimmen lag Heike Jüngling am Ende vorne. 33.070 Bürgerinnen und Bürger waren wahlberechtigt, 17.892 gingen zur Wahl (Wahlbeteiligung: 54,1 Prozent). Angesichts vieler Zustimmung und der sehr positiven Erfahrung mit den Unterstützern der Koalition in den vergangenen Jahren könne er sich vorstellen, sich weiter für die Stadt Königswinter zu engagieren. In welcher Form sei noch offen. Aber einen Ausstieg aus der Kommunalpolitik will der 61-Jährige offenbar nicht vollziehen. Dafür sei er viel zu sehr „ein politischer Mensch“, so Lutz Wagner.
Das „starke Team“, das Fokussieren auf eigene Themen und der Umstand, dass die CDU früh angefangen habe, als Partei präsent zu sein und sich um die Belange der Menschen zu kümmern – das zählt die Wahlsiegerin als Faktoren für ihren Erfolg auf. Aber auch, dass die Menschen ihren persönlichen Einsatz würdigten, ihre Kompetenz anerkennen und ihr vertrauten, so die neue Bürgermeisterin.
Wechselnde Mehrheiten statt fester Koalition im Gespräch
Als „sehr gutes Signal“ wertet der Vorsitzende der CDU Königswinter, Christian Steiner, den Ausgang sowohl der Stadtrats- als auch der Bürgermeisterwahl. In den nächsten Wochen werde es Sondierungsgespräche mit den Grünen und der SPD (beide Parteien unterstützten auch die Kandidatur von Lutz Wagner) sowie der Königswinterer Wählerinitiative geben, um mögliche Koalitionen auszuloten.
Mit 21 Sitzen ist die CDU im neuen, 50-köpfigen Rat die mit Abstand stärkste Fraktion. Mehrheiten kann sie mit den Grünen (sechs Sitze), der SPD (sieben Sitze) oder den KöWis (acht Sitze) bilden. Eine Zusammenarbeit mit der AfD (fünf Sitze) schloss Steiner am Tag nach der Bürgermeisterstichwahl einmal mehr aus. Sein Fraktionschef Stephan Unkelbach hatte schon zuvor betont, die CDU werde auch „alles dafür tun, damit die AfD im Stadtrat nicht zum Zünglein an der Waage wird“.

Enttäuscht: Bürgermeister Lutz Wagner verfolgt die Auszählung der Stimmen.
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„Mehr erhofft“ hatte sich bei der Stichwahl die SPD, wie ihr wiedergewählter Fraktionschef Dirk Lindemann auf Anfrage betont. Im Stadtrat müsse man nun überlegen, ob erneut eine feste Koalition gebildet und ob künftig von Fall zu Fall mit wechselnden Mehrheiten gearbeitet werden sollte. Er persönlich fände es „sehr reizvoll“, das (in Bad Honnef die letzten Jahre erfolgreich praktizierte) Von-Fall-zu-Fall-Modell mal auszuprobieren.
Sibylle Dickmann, Vorsitzende der Königswinterer Wählerinitiative, wollte sich noch gestern Abend (29. September) bei einer Mitgliederversammlung ein Votum für das weitere Vorgehen abholen. Möglich seien aus KöWi-Sicht die Opposition, eine Koalition oder wechselnde Mehrheiten, zählte Dickmann auf.
Für ziemlich viel Ärger hatte zwischen den beiden Wahlterminen ein Flyer der Koalition gesorgt, der als „Faktencheck“ an alle Haushalte ging und in dem der Herausforderin Heike Jüngling viele Vorwürfe gemacht wurden. So habe sie „kaum Vorschläge“ zum kommunalen Klimaschutz gemacht. Seit zwölf Jahren sei sie für den Feuerschutz zuständig, „doch Feuerwehrstandorte wurden vernachlässigt“. Sie habe als Dezernentin seit Jahren keine Vorschläge für ein modernes Verwaltungsmanagement gemacht, das in ihrem Wahlkampf jedoch eine wichtige Rolle spielte.
Eigentlich wollte Christian Steiner den „Faktencheck“ am Montag auf Anfrage nicht mehr kommentieren und den Blick lieber nach vorne richten. Dann bezeichnete er die persönlichen Angriffe auf Heike Jüngling aber doch als „unprofessionell“. Bei den Sondierungsgesprächen werde es nun nicht nur darum gehen, dass die Partner inhaltlich zueinanderpassen, sondern auch menschlich, betont der Christdemokrat.
Amtsinhaber Lutz Wagner kritisiert Wahlkampf der CDU
„Nicht nur“, sagte KöWi-Chefin Sibylle Dickmann auf die Frage, ob das Flugblatt eine Retourkutsche dafür war, dass die CDU den Gesundheitszustand von Lutz Wagner im Wahlkampf zum Thema gemacht hatte. Das sei jedoch, betonte Christian Steiner, nur einmal in einem Podcast von Stephan Unkelbach passiert, der sich dafür sofort entschuldigt habe. Auch Dirk Lindemann kritisierte das Verhalten, sprach aber von „Schnee von gestern“.
Lutz Wagner machte in diesem Punkt der Union jedoch Vorwürfe: „Die CDU hat nicht sauber gespielt und keinen fairen Wahlkampf geführt.“ Heike Jüngling betonte dagegen, dass sie persönlich nie ein schlechtes Wort über den Amtsinhaber verloren habe. Ob sie auf den „Faktencheck“ , der teils sachlich und inhaltlich falsch sei, mit rechtlichen Mitteln reagieren werde, sei noch offen. Sie wolle erst ein angebotenes Gespräch abwarten, so Heike Jüngling.