Lena Judt ist einer von über 100 ehrenamtlichen Mitarbeitenden, die regelmäßig die Menschen im Altenheim besuchen.
„Haus des Lebens“So verschönern Ehrenamtler in Lohmar das Leben im Altenheim
Ehrenamtlich wollte Lena Judt sich engagieren, die Feuerwehr – ihr Mann ist Löschzugführer in Wahlscheid – kam für sie aber nicht in Frage. Bei ihrer Suche stieß die heute 40-Jährige auf den Besuchsdienst im Evangelischen Altenheim. Heute ist sie eine von mehr als 100 ehrenamtlichen Mitarbeitenden, die sich an den beiden Standorten Lohmar und Wahlscheid für Bewohnerinnen und Bewohner engagieren.
Ein „Haus des Lebens, kein Haus des Sterbens“ sollte es sein. Unter diesem Motto gründeten Reinhard Bartha und seine Frau Jutta Senftleben-Bartha 1982 den Altenheimbesuchskreis in Wahlscheid. Als Vorbild dienten damals die „Grünen Damen“, die in vielen Krankenhäusern Patientinnen und Patienten zur Seite stehen. Mit 18 Freiwilligen ging es in Wahlscheid los. Sie besuchen Menschen in den beiden Altenheimen Wahlscheid und Lohmar, zu denen, so Reinhard Bartha, „niemand kommt und die das brauchen“.
Anfängliche Skepsis vor Besuchen ist oft schnell überwunden
Kennenlerngespräche stehen stets am Beginn einer solchen Beziehung: „Es muss ja auf beiden Seiten passen“, sagt Reinhard Bartha. Da ist Ingeborg Coenen zuversichtlich, die an einem Freitagvormittag besucht wird. „Ich komme an sich mit jedem gut zurecht“, sagt die 87-Jährige. Und auch die Gesprächsthemen dürften, sollten die Besuche irgendwann regelmäßig stattfinden, nicht knapp werden. Als sie „vor drei Jahren und drei Monaten“ nach Lohmar zog, brachte die gebürtige Essenerin vier Obstbäume aus ihrem Godesberger Garten mit, regelmäßig besucht sie eine Englisch-Gruppe in der Villa Friedlinde und liest zwei Tageszeitungen. Und ohne ihr Tablet könne sie nicht mehr leben, sagt sie.
Gründungsmitglied der Gruppe ist Ingried Jeckel, die sich an die anfängliche Skepsis auf beiden Seiten erinnert. „Warum will uns diese Frau besuchen?“, beschreibt sie erste Reaktionen der Besuchten. Vorlesen, Spazierengehen, Zuhören und Einkaufen, aber auch das Anreichen von Essen für Menschen, die dafür besondere Unterstützung und Zeit brauchen, könnten Antworten gewesen sein. „Was wollen Sie eigentlich von mir?“ Das habe sie auch zu hören bekommen, erzählt Ingeborg Schnierle, „aber danach waren wir die besten Freunde“.
Fast zehn Jahre lang hat Ingried Jeckel eine Dame besucht, danach waren die Bekanntschaften weniger lang. „Es ist schwer, wenn man sich an Menschen gewöhnt und Abschied nehmen muss“, räumt sie ein. Und dennoch ist sie dabei geblieben. Ihre Motivation: „Wenn es einem gut geht, sollte man etwas abgeben.“ Aktive im Besuchsdienstes ist seit der ersten Stunde auch Barbara Gebhardt, die das Gefühl hatte, „dass ich etwas ausgleiche“: Die eigenen Eltern lebten in München, nicht oft genug konnte sie die beiden in Bayern besuchen.
In den Jahren seines Bestehens haben sich die Anforderungen an den Besuchsdienst erheblich gewandelt: „Es kommen immer mehr demenziell erkrankte zu uns“, berichtet Pfarrer Bartha. Das anfängliche Verhältnis – nur ein Drittel der Menschen lebte in den Pflegezimmern – habe sich deutlich verschoben. Umso wichtiger sind Angebote wie die „Plauderzeit“, „mehr als nur ein netter Nachmittag“, wie Jutta Senftleben-Bartha betont. Viele Demenzkranke verlören die Sprache, das Zuhören habe durchaus therapeutischen Nutzen.
Bewohner, wie Ehrenamtler litten unter Corona-Maßnahmen
Ein besonderes Erlebnis hatte Doris Wünschl, die seit vielen Jahren mit ihrem Akkordeon die Seniorinnen und Senioren unterhält: Eine alte Dame, die lange kein Wort mehr gesprochen hatte, sang plötzlich mit. Der Besuchsdienst, dessen Einsätze heute Yvonne Giebelen-Daughtrey koordiniert, ermöglichte Ausflüge und jährliche Reisen. Die neueste Aufgabe sind die Ausfahrten mit einer von insgesamt drei Fahrradrikschas.
Dabei hat die Pandemie auch den freiwilligen Einsatz in den Altenheimen ausgebremst. So wurde das Lausch- und Erzählcafé wegen Corona eingestellt, und nicht nur die Bewohnerinnen und Bewohner litten unter den Beschränkungen. „Das hat mir sehr gefehlt“, gibt Ehrenamtlerin Barbara Gebhardt zu.