Bis 2029 will der Landesverband NRW des Bundes für Umwelt und Naturschutz mindestens 500 Hektar in der Bergischen Heideterrasse wiedervernässen.
Projekt des BUNDWie in Lohmar das Moor wieder nassgemacht wird

Der BUND baut im Rahmen eines Projekts Sperren in Entwässerungsgräben, um Moore in der Lohmarer Teichlandschaft wieder zu verrnässen.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
Im prachtvoll-farbigen Gewand präsentiert sich dieser Tage der Wald zwischen Lohmar und Siegburg. „Lohmarer Teichlandschaft“ hat sich in den vergangenen Jahren als Ortsbezeichnung durchgesetzt. Denn hier wird schon seit dem Mittelalter großflächig Teichwirtschaft betrieben. Seit 1906 ist die Familie Pilgram in fünfter Generation nach wie vor damit unterwegs. Von den ursprünglich 140 Teichen sind immer noch 40 in Betrieb.
Doch es gibt eine Reihe weiterer Landschaftsformen, einer davon will der Landesverband Nordrhein-Westfalen des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) wieder zu mehr Bedeutung verhelfen: Mit Ehrenamtlern werden Moore in der Landschaft wieder vernässt. Allein in Lohmar sollen das rund 130 Hektar werden. Auf der Bergischen Heideterrasse von der Ruhr bis zur Sieg sind es gar etwa 500 Hektar.

Holger Sticht zeigt eine der Holzsperren in einem Entwässerungsgraben, die in der Vergangenheit schon gebaut wurde.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
Das Projekt heißt „Renaturierung von Moorlebensräumen auf der Bergischen Heideterrasse“. Seit Beginn im Jahr 2023 haben sich schon mehr als 500 Menschen beteiligt. Sie haben etwa 300 Sperren eingebaut, 120 Hektar sind wiedervernässt worden. Der Lohmarer Teil ist im Rahmen der Regionale 2025 entwickelt worden und bekommt Fördermittel aus dem von der Europäischen Union mitfinanzierten EFRE (Europäischen Fonds für regionale Entwicklung)-Topf, wie der Landesvorsitzende Holger Sticht berichtet.
„Hier in Lohmar haben wir seit letztem Herbst bereits um die 150 Sperren gebaut“, sagt Projektkoordinator Dr. Martin Grund bei einem Vor-Ort-Termin. Besonders im 19. Jahrhundert nämlich wurden vor allem aus forstwirtschaftlichen Gründen zahllose Entwässerungsgräben angelegt, die das Wasser aus der Landschaft noch heute ableiten. Die Moore trockneten aus, Fichten und Kiefern wurden gesetzt.
Die Moorlandschaft trocknet wegen der Entwässerungsgräben aus
Der Wald ist durchzogen von solchen Kanälen, viele führen derzeit kein Wasser. Regnet es, sieht das anders aus. Doch Moore können nicht mehr entstehen, weil das Wasser sofort wieder abfließt. Der Plan ist, diesen Prozess umzukehren. Dafür hat der BUND ein eigenes Verfahren entwickelt.
Sticht erklärt es, während Ehrenamtler die Bretter in den Boden schlagen. Diese werden in einem Rahmen aus zwei Brettern in der Führung gehalten, während sie mit Hämmern bearbeitet und tief im Grund versenkt werden. Anschließend werden sie mit langen Bohlen an den Gräbenrändern eingebuddelt.

Ehrenamtler und Förster bedecken die neuen Holzsperren mit Erde, Holz und Pfeifengras.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
Im nächsten Schritt werden sie mit Pfeifengras, Bodensoden und dicken Ästen aus der direkten Umgebung überdeckt, damit das Holz möglichst langsam verwittert. Die so entstandenen Sperren sind im Gelände kaum auszumachen, wirken aber sofort. „Bei Niederschlag staute sich das während der Arbeit hoch“, berichtet Sticht von einem Arbeitseinsatz.
Er zählt die Vorteile nasser Moore auf: „Es sind effektive Kohlenstoffspeicher und Lebensräume für seltene Arten, sie halten Wasser in Dürrezeiten vor, reduzieren Hochwassergefahren und sind die bestmögliche Form der Anpassung an den Klimawandel.“ Schon jetzt sind Torfmoose auf dem Waldboden zu entdecken, „die Architekten des Moores“. Sie verrotten nicht vollständig, Torfschichten entstehen. Anders als in Niedersachsen waren sie in Lohmar aber nur bis zu einem Meter mächtig.
Es sind effektive Kohlenstoffspeicher und Lebensräume für seltene Arten.
Die Arktische Smaragdjungfer findet ebenso wieder einen Lebensraum wie die Kleine Moosjungfer. Der Grasfrosch hüpft über den Boden. Nach einigen Jahren ist das Areal, in dem jetzt die Gräben verschlossen werden, als Moor erkennbar, über die Jahrzehnte werden die Gräben verlanden. „Sie zuzuschütten wäre ein viel größerer Eingriff.“
Alina Schulz, die zweite Projektkoordinatorin, arbeitet mit Marlene Trautmann und Baptiste Trautmann an einer Holzsperre. Trautmann hat im vergangenen Jahr ein Praktikum im Rahmen ihres Studium des Physischen Geographie gemacht, als Ehrenamtlerin ist sie geblieben. Sie hat die Einsätze vor- und nachbereitet und die Standorte kartiert. Denn sie werden in den Folgejahren von den Freiwilligen kontrolliert, um die Nachhaltigkeit des Projekts zu gewährleisten.
„Wir haben zunächst entkusselt, also das Jungholz geschnitten und anschließend die Bauwerke gesetzt“, berichtet sie und schwingt den Hammer, treibt die Bretter mit Nut und Feder in den Grund. Einige Meter weiter sammelt Klaus Lang Holz für die Abdeckung. Er ist Mitglied des Heimatvereins Lohmar und Projektpartner. Jeden Montag gehen er und seine Vereinskollegen in den Wald und bauen nach den Vorgaben des BUND weiter.
Ein anderer Partner ist der Landesbetrieb Wald und Holz, Eigentümer des insgesamt wohl rund 1000 Hektar großen Landschaftsraums. Förster Felix Dönges packt, begleitet von seinem 15 Jahre alten Schülerpraktikanten Sander, kräftig mit an. Der hat Spaß, ist gern draußen im Wald. Es kämen viele Fragen, die er als Förster gut beantworten könne, sagte Dönges: etwa nach Arten Pilzen, Insekten und Bäumen bestimmen oder aber danach, wie es an dieser Stelle in 20 oder 40 Jahren aussehen werde.

Das Pfeifengras verträgt Wasser gut und wurzelt tief.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
Gerade setzt er Pfeifengras oben auf eine Abdeckung. „Das wurzelt tief runter und verträgt sich gut mit Wasser, so wird der Erdwall festgehalten.“ Noch ein Stück weiter trägt Alfred Jakob, einer der Ehrenamtler, Erde zur Sperre und stellt fest: „Ich arbeite hier in meinem Abenteuerspielplatz aus meiner Kindheit.“
Das Projekt basiert auf wissenschaftlicher Grundlage. Auf Schummerungskarten – sie zeigen den Boden ohne Bewuchs und Gebäude – werden die Kanalsysteme gefunden und sinnvolle Stellen für Sperren identifiziert. 1,7 Millionen Euro in sechs Jahren sind vorgesehen, zehn Prozent trägt der BUND. Aber nach Auffassung von Holger Sticht muss es danach weitergehen: „Die Wiedervernässung ist eine der zentralen gesellschaftlichen Aufgaben unserer Zeit.“
