„Mafiöses Konstrukt“Niederkassler Bauunternehmer muss auch nach Berufung in Haft

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Landgericht_Bonn

Das Landgericht in Bonn. 

Bonn/Niederkassel – Die Aufklärung in diesem millionenschweren Wirtschaftskrimi ist aufwändig – vor allem langwierig. Dreieinhalb Jahre nach der ersten Verurteilung eines Bauunternehmers aus Niederkassel am 31. Januar 2019 zu vier Jahren und drei Monaten Haft hat ihn eine weitere große Wirtschaftskammer des Bonner Landgerichts erneut verurteilt, zunächst „nur“ wegen Steuerhinterziehung in 20 Fällen zu drei Jahren Haft.

Aber damit ist der Millionen-Prozess bei weitem nicht zu Ende. Denn diesmal wurden die Strafvorwürfe wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Sozialabgaben sowie gewerbsmäßigen Betrugs abgetrennt. Um diese Fälle minuziös aufzuklären, müsse noch das Ergebnis eines Rechtshilfeersuchens in der Türkei abgewartet werden, teilt Gerichtssprecherin Patricia Meyer mit. Entsprechend muss der Familienvater mit einem weiteren Prozess rechnen.

Die angeklagten Fälle reichen in die Jahre 2007 bis 2013 zurück. Der hocherfolgreiche Geschäftsmann, dessen Familie aus der Türkei stammt, hatte – so der zentrale Vorwurf – für seine deutschen Bauprojekte die Bauarbeiter allesamt aus der Türkei einfliegen lassen, führte aber für die Crews keine Sozialabgaben ab. Damit habe er für Steuerbehörden und Sozialkassen laut Anklage einen Schaden von 11,5 Millionen Euro verursacht.

 Ein „mafiöses Konstrukt“, so der Ankläger  im Prozess

Der studierte Bauingenieur glaubte sich damit im Recht, er hatte sich auf das deutsch-türkische Sozialabkommen berufen, das 2002 auf seine eigene Initiative zustande gekommen war. Die Bedingung des Vertragswerks jedoch: Nur wenn der Hauptsitz des Unternehmens sich in der Türkei befindet, können die Bauarbeiter nach Deutschland entsendet werden. Das hatte er versucht vorzutäuschen, mit Hilfe seines Bruders, der in der Türkei lebt. Ein „mafiöses Konstrukt“, so hatte es der Ankläger bezeichnet, der im ersten Prozess sieben Jahre Haft gefordert hatte.

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Aber das erste Urteil, für das über 27 Tage verhandelt worden war, sollte nicht gänzlich halten: Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hatte zwar den Schuldspruch rechtskräftig werden lassen, bemängelte aber verschiedene Aspekte, dass beispielsweise die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge nicht richtig berechnet worden sei oder durch Änderung in der Rechtsprechung Strafvorwürfe verjährt seien. Auch sei nicht ausreichend geklärt worden, inwieweit die Behörden getäuscht wurden. Das höchste Gericht verwies den Fall zur Neuverhandlung an die 7. Große Strafkammer nach Bonn.

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