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Arbeitsmarkt2023 waren wieder deutlich mehr Menschen im Rhein-Sieg-Kreis ohne Job

Lesezeit 3 Minuten
Ein Hinweisschild an einem Mast zeigt den Weg zur Arbeitsagentur.

2023 ist im Rhein-Sieg-Kreis die Zahl der arbeitslose gemeldeten Männer und Frauen deutlich gestiegen.

Nach der Corona-Erholung 2022 ist die Arbeitslosigkeit wieder gestiegen. Die Entwicklung zwischen Bonn und Rhein-Sieg klafft deutlich auseinander.

Der Arbeitsmarkt im Rhein-Sieg-Kreis hat im vergangenen Jahr deutlich auf die wirtschaftlichen Unsicherheiten und Probleme reagiert. Das geht aus der am Mittwoch veröffentlichten Bilanz der Arbeitsagentur Bonn/Rhein-Sieg für 2023 hervor. Demnach erhöhte sich im Jahresverlauf 2023 die durchschnittliche Zahl der arbeitslos gemeldeten Männer und Frau im gesamten Zuständigkeitsbereich der Agentur gegenüber 2022 um 5,2 Prozent auf 30.046.

Allerdings klafft die Entwicklung zwischen Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis deutlich auseinander: Während die Zahl der offiziell arbeitslos Gemeldeten in Bonn mit einem Anstieg von nur 0,2 Prozent nahezu stagnierte, erhöhte sich ihre Zahl in den 19 Städten und Gemeinden des Rhein-Sieg-Kreises mehr als deutlich um neun Prozent.

Rhein-Sieg-Wirtschaft ist anfälliger für konjunkturelle Schwankungen

„Da erkennen wir einen alten Bekannten“, erläuterte Stefan Krause, der Vorsitzende der Geschäftsführung bei der Bilanzpressekonferenz der Arbeitsagentur. „Im Rhein-Sieg-Kreis prägt das verarbeitende Gewerbe den Wirtschaftsraum, das deutlich anfälliger für konjunkturelle Schwankungen ist.“ Die Wirtschaft der Bundesstadt Bonn werde dagegen vom sogenannten tertiären Sektor geprägt, der Dienstleistungsbranche. Die aber reagiere weniger empfindlich auf das Auf und Ab der Gesamtwirtschaft.

Nach Auffassung der Experten der Arbeitsagentur sendete der Arbeitsmarkt in der Region Bonn/Rhein-Sieg 2023 widersprüchliche Signale. Auf der einen Seite sei die Arbeitslosigkeit nach der Pandemie-Erholung wieder gestiegen. Gleichzeitig suchten viele Unternehmen händeringend nach Fachkräften. Eine Erklärung für diesen Widerspruch ist das Qualifikationsniveau der bei der Arbeitsagentur gemeldeten Menschen. Mehr als 60 Prozent von ihnen verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung.

Für diesen Bewerberkreis gebe es aber keine ausreichenden Beschäftigungsmöglichkeiten. Nur rund 17 Prozent der bei der Agentur gemeldeten freien Stellen sei für Personen ohne reguläre Qualifikation geeignet. Für etwa 57 Prozent der offenen Stellen würden dagegen Fachkräfte gesucht, für weitere rund 26 Prozent Bewerber mit Meisterbrief oder akademischer Ausbildung.

Geflüchtete tragen deutlich zur Linderung des Fachkräftemangels bei

Deutlich angestiegen ist im Verlauf des vergangenen Jahres die Jugendarbeitslosigkeit. Demnach waren 2023 im Durchschnitt 2383 Menschen unter 25 Jahren arbeitslos gemeldet – weniger als während der Pandemie, aber 9,5 Prozent mehr als 2022.

„Ein Teil davon ist die sogenannte Such-Arbeitslosigkeit“, erläutert Agenturchef Krause. Das seien junge Männer und Frauen, deren Ausbildung im Frühjahr ende, die dann aber von ihren Arbeitgebern nicht in ein reguläres Arbeitsverhältnis übernommen würden. „Diese Bewerberinnen und Bewerber finden dann in der Regel aber nach einige Wochen Suche einen Arbeitsplatz“, so Krause. Dieses Phänomen verwundere angesichts der Klagen vieler Arbeitgeber, keine Fachkräfte zu finden.

Einen Beitrag zur Linderung des Fachkräftemangels leisten auch im Wirtschaftsraum Bonn/Rhein-Sieg Geflüchtete. So verdoppelte sich allein die Zahl der in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vermittelten Ukrainerinnen und Ukrainer binnen Jahresfrist auf mehr als 1300.

Auch die Beschäftigung von Geflüchteten aus anderen Ländern sei deutlich gestiegen. So konnten allein mehr als 7000 Menschen in Arbeit vermittelt werden, die aus den acht stärksten Asylherkunftsländern Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien stammen.

„Ohne diese Menschen wäre der Fachkräftemangel in der Region noch deutlicher spürbar“, ist Krause überzeugt. Er wünscht sich für diesen Personenkreis allerdings einen „Job-Turbo“. Noch immer müssten viele arbeitswillige Asylsuchende zunächst nacheinander Sprach- und Integrationskurse absolvieren und in einem längeren Verfahren ihre Qualifikationen anerkennen lassen, bevor sie eine Beschäftigung aufnehmen könnten. „Dabei kann auch in vielen Fällen eine Beschäftigung gewissermaßen auch als Sprachkurs dienen.“