JahresbilanzArbeitsmarkt im Rhein-Sieg-Kreis hat das Krisenjahr 2022 stabil überstanden

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Ein Techniker mit Gehörschutz und Schutzbrille bei der Arbeit.

Der Fachkräftemangel macht den Unternehmen im Rhein-Sieg-Kreis weiterhin schwer zu schaffen. (Symbolbild)

Die Wirtschaft im Rhein-Sieg-Kreis kommt „schneller aus der Pandemie“ als viele andere Regionen in NRW. Schwer zu schaffen macht den Unternehmen der Fachkräftemangel.

Der Arbeitsmarkt in der Region Bonn/Rhein-Sieg hat das Krisenjahr 2022 stabil überstanden. Die Arbeitslosigkeit sei nach 24 Monaten der Pandemie deutlich gesunken, auf jetzt 28.547 Menschen ohne Job, berichtete am Dienstag Stefan Krause, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Bonn. Das sei ein Rückgang um rund 10 Prozent.

Der fällt aber unterschiedlich aus. Im Rhein-Sieg-Kreis lag er bei 11,2 Prozent, weil der Kreis mit seiner stark industriell und gewerblich geprägten Wirtschaft „schneller aus der Pandemie“ herausgekommen sei als die Dienstleistungsstadt Bonn, in der ein Minus von 9,1 Prozent registriert wurde. Der Blick auf ganz Nordrhein-Westfalen unterstreicht die Wirtschaftskraft der Region: NRW-weit sank die Arbeitslosigkeit um 6,9 Prozent.

Im Rhein-Sieg-Kreis sind mehr als 2000 junge Leute arbeitslos

2177 junge Leute zwischen 15 und 25 Jahren sind aktuell arbeitslos gemeldet; eine Mehrheit (1290) erhält Grundsicherung. Das heißt im Umkehrschluss: Jugendliche, die in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, bekommen schneller einen Job als ihre Altersgenossen, die von Hartz IV leben. „Der Markt saugt die jungen Fachkräfte sofort auf“, sagte Krause.

Diese Tendenz bestätigt ein Blick in die Qualifizierung der 28.547 Arbeitslosen: 17.379 (61 Prozent) haben keine Berufsausbildung, für sie sind aber nur 1157 Stellen als Helfer frei. Elf Prozent (3096) sind Akademiker, 28 Prozent (8069) weisen eine schulische oder berufliche Ausbildung vor. Insgesamt gibt es knapp 7000 freie Stellen, gesucht werden vor allem Fachkräfte und Spezialisten.

Offene Stellen in Rhein-Sieg: Hoher Personalbedarf im Verkauf

Ungelernte Menschen haben es deshalb schwer, selbst für ihr Auskommen zu sorgen. Es sei denn, sie bilden sich weiter. 3525 Weiterbildungsmaßnahmen hat die Agentur im vergangenen Jahr angeboten und dafür 17,3 Millionen Euro an Fördermitteln gezahlt. Stefan Krause: „Jeder Euro davon ist gut investiert.“    

Die Agentur bezahlt unter anderem Zuschüsse für Kinder oder gibt Unternehmen Beihilfen, wenn ein Beschäftigter während seiner Arbeitszeit seinem Job nicht nachgehen kann, weil er an einer Fortbildung teilnimmt. Der Vorstandsvorsitzende appellierte gestern an die Firmenchefs, solche Förderzuschüsse zu beantragen: „Wir würden gern noch mehr Geld dafür in die Hand nehmen.“

19.155 offene Stellen wurden im vergangenen Jahr gemeldet, ein Plus von 3,4 Prozent gegenüber 2021. Der meiste Bedarf bestand bei der Unternehmensorganisation und im Verkauf.

Fachkräftemangel gefährdet Zukunftsfähigkeit der Unternehmen

Den größten Anteil an der Gesamtzahl der Beschäftigten von 350.000 (plus 2,8 Prozent) hat der Dienstleistungssektor; hier ragt das Gesundheitswesen mit 34.200 Stellen heraus. Dann folgt die öffentliche Verwaltung mit 33.316 Stellen; 1450 Verträge wurden dort in 2022 neu unterschrieben. Erst auf Platz 9 der Top 10 unter den Wirtschaftsabteilungen folgt das Baugewerbe mit 13.532 Stellen.

Große Sorge bereitet nicht nur der Arbeitsagentur der Fachkräftemangel, über den auch die Industrie- und Handelskammer und die Kreishandwerkerschaft klagen. Ein Indiz dafür ist laut Krause die längere Vakanzzeit von 140 Tagen, die es dauert, eine freie Stelle wieder zu besetzen. In den Vorjahren waren es 115 Tage.

Der Fachkräftemangel, so Stefan Krause, sei „ein negativer Faktor“ in der Jahresbilanz und gefährde die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen. „Mitarbeiterbindung“ sei deshalb für Firmen von großer Bedeutung.

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