Frost führte zu VerzögerungDie regionale Spargelernte beginnt jetzt erst so richtig

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Thomas Nordhorn zieht weißen und grünen Spargel an der Burg Niederpleis.

Sankt Augustin – In diesem Jahr ist (fast) alles anders auf den Feldern der Burg Niederpleis. Wo sonst acht Saisonarbeiter die weißen Stangen aus den satten, braunen Erdwällen ziehen, herrscht Winterschlaf. Zugedeckt unter schwarzen Planen erwachen die zarten Spargelpflanzen erst jetzt und bilden die geraden, weißen Stangen, die im Frühjahr so begehrt sind. Kälte und Frost haben die Ernte in diesem Jahr erheblich verzögert.

„Spargel braucht eine Bodentemperatur von zwölf Grad, um zu wachsen; erst seit Sonntag haben wir die normalen Erntemengen“, erläutert Thomas Nordhorn. Beginnt die Spargelsaison normalerweise am 2. April, hatte der Frühling und damit das Wachstum des empfindlichen Gemüses Verspätung: „Wir haben erst nach Ostern mit dem Verkauf anfangen können“, ergänzt seine Frau Daria. 21 Euro kostete das Kilo, „wir mussten ja jede Stange suchen“, sagt Thomas Nordhorn.

Spargel als Experiment

Im Jahr 1985 wagte Toni Nordhorn ein Experiment: Er baute zusätzlich zum Bullenmastbetrieb Spargel an. Das Experiment gelang so gut, dass er fünf Jahre später das Vieh abschaffte. Auf 4,5 Hektar wird rund um die Burg Niederpleis erntereifer Spargel angebaut, auf 2,5 Hektar Neupflanzen. Drei Jahre dauert es, bis eine Spargelpflanze erntereif ist. Die Saison dauert in der Regel bis zum 24. Juni. Danach wird die Folie abgedeckt, die Spargelpflanze darf Triebe und Laub bilden, die sie zur Photosynthese braucht. Im Herbst werden die Pflanzen gehäckselt und als Dünger in den Boden eingearbeitet.

Die Nordhorns setzen auf weißen Spargel, der grüne macht nur etwa zehn Prozent des Anbaus aus. Neun bis zehn Jahre lang könne man von denselben Pflanzen ernten, erklärt Thomas Nordhorn. Dann braucht das Feld fünf bis zehn Jahre Ruhe. Für Daria Nordhorn praktisch: Die Felder werden zur Weide für ihre Pferde. (seb)

Jetzt freut er sich, dass in der schwarzen Folie immer mehr Beulen zu sehen sind: neugierige Spargelköpfe, die sich aus der Erde schieben. Mit zwei Erntehelfern lüftet der Spargelbauer die Folie, die wie ein Treibhaus wirkt. In deutlichem Abstand stehen weiße Stangen in der Erde, die so locker ist, dass Nordhorn sie mit den Fingern beiseite schieben und mit dem Spargelmesser die Stange in der Tiefe abschneiden kann. Noch eine zweite, dann ist schon Schluss auf diesem Abschnitt. Die weiße Spitze, die er noch in der Erde findet, deckt er behutsam wieder zu: „Die muss noch wachsen.“

Spargelernte ist eine mühsame Angelegenheit. Nur wenige Stangen sind gleichzeitig reif, der Rest muss wieder abgedeckt werden. „Die Folie ist schwer, die Seiten rechts und links sind mit Sand gefüllt, damit sie nicht wegweht“, erläutert Daria Nordhorn. Daher sind die hochbeinigen Wagen, die über die Dämme fahren und die Folie vorn anheben und hinten wieder auflegen, ein Muss. „Wir müssen alles tun, um unseren Erntehelfern die Arbeit zu erleichtern“, sagt sie. Zumal durch Corona deutlich weniger Arbeiter im Einsatz sind.

Für das Spargelstechen ist Fingerspitzengefühl gefragt

Seit zehn Jahren kämen immer die gleichen zehn Saisonarbeiter aus Polen zur Ernte nach Sankt Augustin, berichtet ihr Mann. „In diesem Jahr kamen nur zwei.“ Alle Hebel habe er in Bewegung setzen müssen, um wenigstens drei weitere Kräfte anheuern zu können – mit Erfahrung.

Spargelstechen sei nicht so einfach: Fingerspitzengefühl sei gefragt, damit die zarten Stangen nicht beim Ausstechen abbrechen, Erfahrung brauche man, damit die kleinen Triebe in der Erde nicht verletzt würden.

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Ständiges Bücken, das Anheben der schweren Folie, das Füllen und Tragen der Körbe acht Stunden am Tag – das hielten viele nicht durch, weiß das Ehepaar. „Vergangenes Jahr, als durch Corona auch Saisonarbeiter nicht kamen, hatten wir jede Menge Bewerber“, erzählt Daria Nordhorn. „Aber von sechs Leuten kamen dann doch nur zwei, und die haben nach einer Woche Anlernen abgebrochen, weil es ihnen zu anstrengend war.“

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Die geernteten Stangen verkauft Verena Nordhorn im Hofladen, dazu Erdbeeren, Eier und andere Produkte. 

Deshalb sei Spargel auch so ein teures Produkt, erklärt Thomas Nordhorn: „Die Ernte ist aufwendig.“ Dazu gab es witterungsbedingt 30 bis 40 Prozent weniger Ertrag in diesem Jahr.

Hofladen

Der Hofladen ist bis 24. Juni montags bis freitags 10 bis 18 Uhr, samstags, sonntags sowie an Feiertagen von 9 bis 17 Uhr geöffnet. Spargel wird bis 30 Minuten vor Feierabend kostenfrei geschält. (seb)

Selbst jetzt, wo der Spargel endlich sprießt, sei er noch teurer als sonst um die Zeit, sagt seine Schwester Verena Nordhorn, die die feldfrischen Stangen im Hofladen an der Burg Niederpleis verkauft. Zwischen 11,90 und 14,90 Euro kostet das Kilo weißer Spargel. Gekauft werde dennoch: „Man kann nicht ins Restaurant, kann keine Reisen machen. Also gönnen sich die Leute was. Regionale Produkte sind ihnen wichtiger geworden. Und sie haben Muße zum Kochen.“ 

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