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Mordprozess um erdrosselte Ehefrau67-jähriger Angeklagter gibt Gewalttat zu

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gericht

Symbolbild

Bonn/Sankt Augustin – „Ich spreche nicht über den Tod meiner Frau. Das belastet mich zu sehr“, sagte der Angeklagte. Auf die Fragen des Vorsitzenden Richters antwortete er ausweichend, knapp und hörbar verärgert. Die Regeln einer Gerichtsverhandlung schienen dem einstigen Manager des Tüv-Rheinland nicht zu behagen. Mit fast halbstündiger Verspätung wurde der 67-Jährige im Rollstuhl in den Saal gefahren. Die drei Wachtmeister blieben auch während der Verhandlung an seiner Seite.

Am 16. oder 17. Mai 2020 soll der Diplom-Ingenieur seine Ehefrau im gemeinsamen Haus mit einem gelben Nylonseil erdrosselt haben. Der Rentner aus Sankt Augustin muss sich seit gestern wegen Totschlags, Körperverletzung und Beleidigung vor dem Bonner Schwurgericht verantworten. Er gab schließlich zu, dass er seine Frau getötet habe, mit der er 44 Jahre zusammen gewesen war. „Es war eine Verzweiflungstat“, sagte der Angeklagte. Er erklärte, seine Frau habe ihn beleidigt. Er habe sie sehr geliebt und liebe sie immer noch.

Neues Leben geplant

Eine Woche vor der Tat hatte der Angeklagte, der in seiner Freizeit oft mit einer BMW 1100 auf Tour ging, seinen ersten Porsche gekauft, aus purer Lebenslust, wie ein befreundeter Kollege berichtete, der als Zeuge gehört wurde. Wenige Tage später habe den Diabetiker die Panik überfallen, er werde schon bald erblinden.

Daraufhin soll er geplant haben, sein Leben vollkommen neu zu gestalten. Er habe alles verkaufen und an die Côte d’Azur ziehen wollen, berichtete der Kollege. Seine Frau jedoch, die als medizinisch-technische Assistentin in einer Klinik arbeitete, sei gegen diese Pläne gewesen. Sie habe das alles für Spinnerei gehalten, auch die Angst vor dem Erblinden. Denn auch Ärzte hätten seine Befürchtung nicht bestätigt.

„Er hat sich von allen im Stich gelassen gefühlt“, schilderte sein Verteidiger. In einem verzweifelten Streit mit seiner Frau soll wohl ihr Vorschlag, ihm eine junge Pflegekraft aus Polen zu besorgen, der Auslöser für die Gewalttat gewesen sein. In seinem Zorn, so heißt es in der Anklage, habe er ein Seil aus der Garage geholt und sie erdrosselt. Anschließend soll er ihren Leichnam in der Dusche so drapiert haben, dass es aussah, als hätte sie sich erhängt.

Zunächst Suizid vermutet

Da die Ermittler zunächst von einem Suizid ausgingen, wurde er erst zwei Tage nach Entdeckung der Leiche verhaftet, seitdem sitzt er in Untersuchungshaft in einer besonders überwachten Zelle, da er versucht haben soll, sich im Gefängnis das Leben zu nehmen.

Am Morgen nach der Tat hatte der Angeklagte einen befreundeten Kollegen angerufen und ihm seine Not erklärt: „Ich kann meine Frau nicht finden.“ Er habe einen extrem verwirrten und übernächtigten Eindruck gemacht. Dem Zeugen, ebenfalls 67 Jahre alt, kam das seltsam vor: „Da stimmt etwas nicht.“ Er alarmierte den Rettungsdienst, der die tote Frau in der Dusche fand.

Dass der Mann damals „voll durch den Wind war“, bekam auch der Notarzt deutlich zu spüren. Der Angeklagte empfing den Mediziner mit einem Faustschlag gegen den Kopf und das gesamte Helferteam mit wüsten Beschimpfungen.