Auf Schritt und TrittNeue Stolpersteine erinnern an das Schicksal von Siegburger Juden

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Verlegung von Stolpersteinen an der Mühlenstraße, Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismu.

In Vertretung des Künstlers verlegte ein Mitarbeiter des städtischen Bauhofs die neuen Stolpersteine.

Mittlerweile erinnern 90 Stolpersteine in Siegburg an die Verbrechen der Nazionalsozialisten.

Auf Schritt und Tritt erinnern Stolpersteine in der Kreisstadt an die Verbrechen der Nationalsozialisten an Siegburgern. Jetzt wurde die Zahl 90 erreicht, durch neue Exemplare an der Mühlenstraße und in der Holzgasse. Anders als bei früheren Gelegenheiten kam dazu nicht Künstler Günter Demnig nach Siegburg, er war verhindert. Mitarbeiter des städtischen Bauhofs übernahmen die Arbeit. Kurz und knapp, aber doch vielsagend zeigen die Messingkappen Daten zu den gewürdigten Schicksalen:

An der Holzgasse wird an die 1876 geborene Henriette Linz erinnert, der 1940 die Flucht in die USA gelang, ebenso wie der 1920 geboren Anneliese Linz. Den Enkeln nichts erzählt Ernst Baum, geboren 1899, wurde im Konzentrationslager 1938 das zuteil, was die Nazis zynisch „Schutzhaft“ nannten, nach der Flucht nach Belgien wurde er in Mechelen interniert und nach Auschwitz verschleppt, wo er 1942 ermordet wurde. Anna Remmel (1899 bis 1981), deren Stein an der Mühlenstraße zu sehen ist, überlebte mit viel Glück das KZ Theresienstadt.

Siegburger Verleger erzählt von seiner Großmutter

Anlässlich der Verlegung erzählte der Siegburger Verleger Paul Remmel von seiner Großmutter. „Sie hat gar nicht über Thesenstadt gesprochen“, sie sei eine lebensmutige, frohe und hilfsbereite Frau gewesen, die die Enkel Paul und Andreas wohl nicht habe belasten wollen. Jüdischen Glaubens, trat sie zum katholischen Bekenntnis ihres Mannes über, was sie indes nicht vor dem Rassenwahn der Nazis schützen sollte. Zunächst wurde sie 1944 in Müngersdorf interniert, dann nach Theresienstadt deportiert, wo sie 1944 befreit und aller Wahrscheinlichkeit nach Augenzeugin von Massenmorden wurde.

Paul Remmel mit dem Stolperstein für seine Großmutter.

Paul Remmel mit dem Stolperstein für seine Großmutter.

„Sie hat das mit ins Grab genommen“, sagt Remmel. Umso wichtiger sei, dass jetzt der Stolperstein an sie erinnere. Kommenden Generationen müssten sich der Vergangenheit stellen, damit sich die Verbrechen der Nazis nicht wiederholen könnten. Der Großvater habe sich damals das Leben genommen, „er sah keine Perspektive mehr “, erzählt Paul Remmel. „Was muss in einem Menschen vorgehen, wenn er diesen Schritt tut?“

„Sie hat das mit ins Grab genommen“
Verleger Paul Remmel

Anna Remmels Sohn Fritz (86), der 1970 die Wilhelmapotheke an der Wilhelmstraße gründete und ein Onkel von Paul Remmel ist, erinnerte sich an den Beginn der Auschwitz-Prozesse 1963: „Warum erst jetzt?“, habe seine Mutter damals gefragt. Bei der Verlegung waren auch die Kreisarchivarin Claudia Maria Arndt und die Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker für die Gedenkstätte Juden an der Sieg anwesend.

Der Förderverein der Gedenkstätte übernahm 2014 die Organisation der Verlegung und die Recherche zu den Opfern. Auch ehemalige Abiturienten des Anno-Gymnasiums kamen dazu. Sie hatten vor zwei Jahren die Gedenkstätte Buchenwald besucht und sich auch mit dem Kunstprojekt Demnigs beschäftigt.

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