Siegburger MundartFrühere Schüler würdigen Heimatforscher und Pädagogen Joseph Römer

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Siegburg – „Wat de Minsch wäet es, weed me iersch jewahr, wann e dut ess“ (Den Wert eines Mensch erkennt man erst nach seinem Tod). Auf den Mann, der viele solcher Weisheiten und rund 5000 Wörter aus dem Siegburger Platt ins Hochdeutsche und umgekehrt übersetzt hat, traf dieser Aphorismus nur bedingt zu.

Denn Joseph Römer, dessen Todestag sich am Donnerstag zum 33. Mal jährte, genoss schon zu Lebzeiten höchste Wertschätzung. Nicht nur als Pädagoge und später als Schulrektor an der Volksschule am Wolsberg und der Volksschule „Innere Stadt“, die unter seiner Ägide zur Humperdinckschule zusammengeführt wurden.

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Joseph Römer an seinem 70. Geburtstag.

Nach seiner Pensionierung 1966 übernahm er die Leitung der Siegburger Volkshochschule und des städtischen Heimatmuseums, wo er mit großer Schaffensfreude, für die er 1964 mit dem Silbernen Ehrenschild der Kreisstadt geehrt worden war, sein Wissen als Heimat- und Mundartforscher in die Arbeit einbrachte.

Lautgerechte Dokumentation

1977 würdigte der Bundespräsident Römers Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande. Erst mit 82 Jahren zog Römer sich aus seiner ehrenamtlichen Mitarbeit im Heimatmuseum zurück.

Als kulturelles Kleinod und bleibendes Zeugnis der Vielfalt der Sprache in der Region hinterließ der gebürtige Kölner das 80-seitige Wörterbuch „Ein ABC der Siegburger Mundart“, dem er den Titel „Von Aachjävve bis Zoostemme“ gab.

Redewendungen

„Saht ör, hat ör och ene Bömmel ahn de Dör?“ – „Sag einmal, habt ihr auch eine Türklingel?“

„De Fischers Diete hät ene Fimmel bes en de Himmel“. – „Dieter Fischer hat ein unbegrenztes Geltungsbedürfnis“.

„Em Öschele un em Jequatsch wor es Kleins Züff janz jrooß“. _ Sophie Klein war im Ärgern und Schwätzen ganz groß“.

„Leve jätt wie nix“. – „Lieber etwas haben als nichts“.

Beim Vokabular wechselte der Verfasser zwischen reinen phonetischen Umschreibungen der Wörter (afhävve – abheben, Jebess – Gebiss) und – vermutlich je nachdem, wie er es für erforderlich hielt – kurzen, tiefergehenden Definitionen (afpipiddele – in Kleinstportionen abnehmen, Knaatschkopp – weinerlicher Mensch).

Wie in dessen Einführung zu lesen ist, ging es Römer mit der Veröffentlichung des Wörterbuches darum, „den heutigen Stand der Siegburger Mundart festzuhalten“. Die lautgerechte Dokumentation lag ihm am Herzen, „denn die genaue Aussprache ist für spätere Zeiten das Wichtigste, . . . sie ist das Wesentlichste der Mundart“.

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Das Mundartlexikon gab Joseph Römer 1980 heraus.

Die Abschlussklasse von 1950 widmete vor drei Jahren ein Klassentreffen ihrem „geliebten Lehrer Joseph Römer“, wie Organisator Karl-Heinz Wiesgen seinerzeit schrieb. Das Pathos war nicht aufgesetzt. Jedenfalls war der Lehrer es seiner Klasse wert, dass sie nochmals einige Exemplare des Wörterbuchs auflegte.

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Und wer den Fundus herrlicher Wortschöpfungen durchforstet hat, dürfte Joseph Römer nicht widersprechen, der ins Heftchen schrieb: „Ich glaube daran, dass man in späteren Zeiten dankbar sein wird, dass der Stand des Jahres 1980 festgestellt (festgehalten) wurde.“

Was frühere Schüler sagen

Dr. Ingbert von Martial (86): „Herr Römer war sehr engagiert und streng, aber das gehört dazu. Er hat handfeste Dinge vorgetragen und ausführlich und sachlich besprochen. Da kann man auch entschuldigen, dass manches dabei war, das man später anders lernte. Zum Beispiel, dass ein Schnupfen schneller weggeht, wenn man weniger trinkt.“

Erich Niessen (85): „Er war manchmal streng, streifte, wenn es nötig war, einem mit dem Siegelring über den Kopf. So etwas war damals normal. Wir haben viel gelernt bei ihm, manchmal sprach er auch Platt. Ich war sehr zufrieden mit ihm.“

Karl-Heinz Wiesgen (86): „Am höchsten rechne ich ihm an, dass er uns als 14-Jährige nicht wie Kinder, sondern wie junge Erwachsene behandelt hat.“ (loi) 

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