Vier Flügel und ein CembaloAusnahmepianist spielt auf Beethovenfest in Siegburg

Lesezeit 3 Minuten
Neuer Inhalt

Zwischen vier Flügeln von Pleyel, Walter, Graf und Steinway (von links) sitzt Alexander Melnikov am Cembalo.

Siegburg – Wie Nobelkarossen standen sie auf der Bühne des Rhein-Sieg-Forums aufgereiht: die vier Edelklaviere und das museale Cembalo, die sich in Relation zum Normalverbraucher-Flügel preislich in vergleichbaren Dimensionen bewegen wie die PS-Träume. Die Macher des Beethovenfestes hatten mit Alexander Melnikov die Pianisten-Topliga bemüht für das Konzert „Many Pianos“.

Der gebürtige Russe, der seine Ausnahmestellung spätestens mit dem Klassik-Echo (2010), dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik und einer Grammy-Nominierung attestiert bekommen hatte, wusste freilich umzugehen mit der Herausforderung.

Melnikov spielte sieben Werke 

Die bestand darin, sieben Werke aus 300 Jahren Musikschaffen auf fünf zeitgenössischen Instrumenten zu spielen. Der 49-Jährige kennt freilich die Intentionen der Komponisten ebenso wie die Besonderheiten der Tasteninstrumente. So wusste er um die Komplexität von Johann Sebastian Bachs eröffnender „Chromatische Fantasie und Fuge d-Moll“ BWV 903.

Und um die Tatsache, dass sich beim Cembalo die Dynamik mehr durch die Artikulation und weniger durch harten Tastenanschlag, schon gar nicht durch Pedale beeinflussen lässt. Vielmehr hat das obertönige Klangbild seinen Reiz in der filigranen Eleganz. Das in den ersten Takten fast nüchterne Werk entfaltete schnell seine barocke Schönheit und Farbigkeit.

Bald waren Virtuosität und technische Perfektion gefragt hinsichtlich des Tempos, das Bach seiner Fantasie verlieh. Diese Anforderungen erfüllte der Pianist ohne Dünkel und ausufernde Gestik, sondern mit elegantem und geschmeidigem Spiel, das ihm auch in der Folge viele Sympathien brachte.

Neuer Inhalt

Pianist der Topliga: Alexander Melnikov (49).

Bachs zweitem Sohn Carl Philipp Emanuel widmete Melnikov das nächste Stück, hatte hierfür an einem Hammerklavier der österreichischen Firma Walter Platz genommen. Der Pianist setzte die Intention des Urhebers um, der seine „Fantasia fis-Moll“ von klaren Strukturen („Tacteinteilung“) löste und „freie Fantasie“ walten ließ „welche in allerhand Figuren und Zergliederungen ausgeführet werden können.“

Im Saldo standen heitere Züge mit verspielten Trillern, volksliedhaften und tanzbaren Zügen. Wie bei den nächsten fünf Stücken sorgten seine brillanten, gleichwohl federleichten Läufe für bewundernde Gesten im Auditorium.

Ein Steinway fehlte nicht

Das Flair der großen Konzertbühnen brachten auch die beiden romantischen Fantasien von Mozart (c-Moll KV 475) und Mendelssohn-Bartholdy (fis-Moll op. 28) in die Halle. Den Mozart brachte Melnikov ebenfalls am Walter-Instrument zu Gehör, vielleicht als Hommage an den Salzburger, der die letzten neun Jahre seines Schaffens auf einem ebensolchen Klavier spielte.

An einem Graf-Hammerklavier präsentierte er das Mendelssohn-Werk, vermutlich wissend, dass der Romantiker die Instrumente aus Wien bewunderte. Möglicherweise wegen ihres kristallklaren und gegenständlichen, nicht zu voluminösen Klangbildes.

Für jeden Komponisten das passende Klavier

Sehr viel Applaus gab es für Chopins Fantasie f-Moll op. 49, bei der Melnikov den feierlich-majestätischen Auftakt ebenso herausarbeitete wie in der Folge die rauschenden Kaskaden von Trillern und Läufen – gewaltig. Auch hier: Der russische Virtuose saß an einem Pleyel-Klavier, das auch Favorit des polnischen Pianisten und Komponisten war.

Das könnte Sie auch interessieren:

Ein Steinway durfte nicht fehlen und flutete mit Alexander Skrjabins h-Moll Fantasie op. 28 das Forum nachhaltig. Neutönend mit Referenzen an György Ligeti erklang Alfred Schnittkes Improvisation und Fuge op. 38. Sie komplettierte einen Abend mit tiefen Einblicken in Klavier- und Musikgeschichte, die angesichts der Weltklasse mehr Besucher verdient hätte.

KStA abonnieren