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Jedes Stück ein UnikatWarum die Keramik auf dem Markt in Siegburg so besonders ist

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Großes Interesse hatten die Besucherinnen und Besucher an der ausgestellten Keramik auf dem Marktplatz in Siegburg. Sabine Weissbrich zeigte ihr schönes, mit Echtgold veredeltes Porzellan.

Großes Interesse hatten die Besucherinnen und Besucher an der ausgestellten Keramik auf dem Marktplatz in Siegburg. Sabine Weissbrich zeigte ihr schönes, mit Echtgold veredeltes Porzellan.

90 handverlesene Aussteller zeigten ihre handgefertigten Stücke zwei Tage lang auf dem Siegburger Keramikmarkt.   

Ein Kulturerbe durften die zahllosen Gäste an zwei Tagen auf dem Siegburger Keramikmarkt bewundern. Schließlich wurde am 26. März dieses Jahres das „Töpfer- und Keramikhandwerk in Deutschland“ von der Deutschen UNESCO-Kommission in das bundesweite Verzeichnis aufgenommen. Nicht ohne Stolz verwies Ines Rother, Mitorganisatorin des Marktes und Jurymitglied im Gespräch mit dieser Zeitung auf das begehrte Prädikat.

„Internationalen Ruf“ genieße mittlerweile der jährliche Keramikmarkt, betonte die gebürtige Berlinerin und Wahl-Siegburgerin mit eigenem Atelier in Bahnhofstraße. Sie hatte gerade mit ihren Teamkolleginnen den zweitägigen Markt eröffnet und mit vielen der 90 Aussteller darauf angestoßen. Grund genug hatte sie. Schon vor dem Startschuss am Samstag, 12. Juli, flanierten die ersten Gäste durch die Standreihen. Am Nachmittag wie auch am Sonntag ergossen sich wahre Besucherströme über die Ausstellungsfläche und genossen das facettenreiche Angebot von Kunst- und Gebrauchskeramik.

Gebrauchskeramik macht den größten Teil des Angebots in Siegburg aus

Wobei sich dies nicht genau abgrenzen lasse. „Auch die Gebrauchs- und Geschirrkeramik bewegt sich im Unikatbereich“, sagt Ines Rother. Von „freier und angewandter Keramik“ spricht sie, wobei sie zu letzterer eben die Gebrauchskeramik zählt. Diese stelle die Mehrzahl der Exponate, von „ehrlicher, irdiger Töpferware bis zu künstlerisch höchst aufwändigen Stücken“.

Dass neben Talent viel Aufwand und Durchhaltevermögen erforderlich ist, bis man sich bei einem solch renommierten Markt sich darstellen kann, zeigt die Geschichte von Donnie van Bree. Ihrer dreijährigen Ausbildung zur technischen Keramikerin in Gouda folgten „Meisterschaftsjahre“ im Glasieren, Drehen und Aufbau. „Von A bis Z“ macht die Niederländerin alles. Sie hat feines Porzellan mitgebracht, weiß und blau, quasi als Hommage an das Nordseeland.

Blau wie Meer und Himmel: Donnie van Bree erweist farblich ihren Niederlanden die Reverenz.

Blau wie Meer und Himmel: Donnie van Bree erweist farblich ihren Niederlanden die Reverenz.

Sie dreht für ihre Tassen, Vasen und Kannen zunächst die Modelle und gießt dann auf diese Gips. In die neu entstandenen Arbeitsformen schüttet sie Gießprozellan, gibt in diesem Schritt die Farbe gleich mit, wobei elegante Verläufe entstehen. Zur Frage, die sich - weil die Antwort stets ähnlich war - nach dem vierten oder fünften Stand erübrigte, nämlich, ob die Stücke in die Spülmaschine dürfen, sagte van Bree umgehend: „Natürlich, ich stelle alles in die Maschine. Heute hat jeder Haushalt eine, da muss das Porzellan das aushalten“.

Widerspruch hierzu gab es einen Stand weiter, wo Sabine Weissbrich unter anderem schwarz-weißes Kaffeeporzellan mit Echtgold-Auflage präsentierte. „Das sind edle Sachen“, mahnten die Kunde Frank und Natalia Bergmann: „Die muss man spüren und von Hand spülen, dann hat man Achtung vor dieser Kunst.“

Das Interesse von Keramikkünstlern am Markt in Siegburg ist höher als die Zahl der Standplätze

Zum ersten Mal in Siegburg dabei war das ukrainische und seit drei Jahren in Dormagen lebende Ehepaar Alexander Barabanov und Galina Kaniuk. Die beiden arbeiteten bis zum Krieg in Kiew, machten sich dort in der gehobenen Gastronomie mit Keramikgeschirr einen Namen. Sie hätten nach dem Überfall Russlands alles aufgeben müssen, in Kiew lassen und hier neu anfangen müssen, berichten sie. Ihre kunstvollen Vasen mit gebrochenen Oberflächen erzeugten viel Neugierde. Schöne Symbiosen aus Kunst und Alltagstauglichem stellt auch Jeremy „Keala“ Rupp-Burns her. Wobei man die Prachtstücke wahrscheinlich eher in die Vitrine stellen möchte als auf den Kaffeetisch.

Mitorganisatorin und Keramikkünstlerin Ines Rother (l.) mit dem ukrainischen Ehepaar Alexander Barabanov und Galina Kaniuk.

Mitorganisatorin und Keramikkünstlerin Ines Rother (l.) mit dem ukrainischen Ehepaar Alexander Barabanov und Galina Kaniuk.

Der Zuspruch bei Keramikkünstlerinnen und -künstlern ist mittlerweile weitaus höher als das Angebot an Standfläche, berichtete Rother. Heute werde der gesamte Markt kuratiert: „Die Leute müssen sich bewerben, mit professionellem Nachweis, Fotos und Steuernummer. Es sind alles Profis, es gibt keine Hobbyleute hier.“