Weihnachten in der JVA SiegburgWenn draußen die Lichter angehen, schließt sich die Zellentür

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann steht m Flur eines Gefängnisses neben einem Christbaum. Er trägt eine rote Trainingsjacke und eine schwarze Hose. Rechts reihen sich Zellentüren aneinander.

Kevin verbringt auch in diesem Jahr Weihnachten in Haft: Seit 2018 sitzt der heute 34-Jährige in Siegburg eine Haftstrafe ab.

Gegen 15.30 Uhr schließen sich in der JVA Siegburg die Zellentüren. Rund 480 Häftlinge verbringen dort die Feiertage hinter Gittern.

Genau 322 Häftlinge profitierten in diesem Jahr in Nordrhein-Westfalen von der Weihnachtsamnestie des Justizministeriums: Damit sie die Festtage mit ihren Familien verbringen können, wurde ihre eigentlich im Januar endende Haft vorzeitig beendet. Kevin, wie wir ihn hier nennen wollen, ist nicht darunter.

Es ist bei weitem nicht das erste Weihnachtsfest, das der 34-Jährige hinter Gittern verbringt. „Ich bin das dritte Mal in Haft“, erzählt er. Seit 2018 ist er jetzt in der JVA Siegburg inhaftiert, die Entlassung ist für 2026 geplant. Warum er in Haft ist, möchte er nicht öffentlich machen. 

An Heiligabend gibt es in der JVA Siegburg Kartoffelauflauf mit Würstchen

„Im Normalvollzug ist man einsamer“, sagt er. „Hier oben ist Weihnachten ein bisschen familiärer, da wird man eher aufgefangen.“ Kevin verbüßt seine Haft im „Wohngruppenvollzug“ im Hafthaus 2 der Siegburger JVA. An Werktagen öffnen sich die Zellentüren zwischen 5.50 und 20 Uhr. Dort arbeiten die Beamtinnen und Beamten in Zivil, es gibt feste Ansprechpartner für die Inhaftierten.

Gemeinsam arbeiteten die Beschäftigten in der Sozialtherapie mit den Inhaftierten am „Vollzugsziel“, berichtet Stefan Päfgen, der Leiter des Allgemeinen Vollzugsdienstes in der Siegburger JVA. Nach ihrer Haftentlassung sollen die Teilnehmer zurückfinden in ein Leben ohne erneut straffällig zu werden.

„Man kocht zusammen, man sitzt zusammen“, erzählt Päfgen von den Tagen rund um Weihnachten, halbe Hähnchen mit Pommes haben sich die Inhaftierten für den diesjährigen Kochabend mit dem Sozialdienst gewünscht. Heiligabend steht ein Kartoffelauflauf mit Würstchen auf dem Speiseplan, am ersten Weihnachtstag gibt es Braten mit Pommes.

Mit welchen Gefühlen erlebt der Duisburger Kevin die Weihnachtstage? „Das sind eigentlich die Tage, an denen man besonders merkt, dass man von der Familie weg ist“ – vom Vater und den fünf Geschwistern, die in Duisburg leben. Die fehlen ihm am meisten, sagt der Mann mit den kräftigen Händen und dem kurz rasierten Haar. 

Während der Feiertage sind Besuche im Gefängnis nicht möglich

Während der Feiertage sind Besuche nicht möglich, die reduzierte Wochenend- und Feiertagsbesetzung der Beamten erlaubt das nicht. Im November hatte Kevin Besuch von zuhause, „die sind für mich da, dabei habe ich denen schon genug zugemutet“. Und abgesehen von der Entfernung seien die Treffen ja auch für die Geschwister oder den kranken Vater belastend: „Die wissen, sie gehen raus und müssen mich hierlassen.“

Kurz sind die Festtage in der JVA. Bereits um 15.30 Uhr werden die Inhaftierten „unter Verschluss gesetzt“, dann schließen sich die bis dahin offenen Zellentüren wieder. Das Angebot des Gottesdienstbesuchs ist nichts für den Duisburger. Leider, sagt er; „ich habe das einmal versucht, ist halt nicht meins.“

Und dann, so Kevin, „ist man halt für sich.“ Er werde sich hinlegen, einen Film anschauen, schreiben, vielleicht in den Ausbildungsunterlagen lesen. „Ich bin nicht so der Büchertyp,“ aber die Ausbildung nimmt er ernst. Maler ist sein Berufsziel, eine frühere Lehrstelle hat er „aufgrund meines Verhaltens“ verloren.

Das erste Weihnachten nach der Entlassung 2026 will Kevin mit seiner Familie verbringen

Jetzt ist er im zweiten Lehrjahr. „Irgendwann muss man sich hinsetzen und sagen, willst Du Dein Leben wegwerfen?“, sagt der Duisburger. Neben der Ablenkung schätzt er an Weihnachten auch die Ruhe und Zeit für sich. „Ich denke dann schon mal über das Jahr nach und über die Fortschritte, die ich gemacht habe.“

Und wie stellt er sich das erste Weihnachten nach der Entlassung vor? „Auf jeden Fall mit der Familie“; auch ein Spaziergang werde unbedingt auf dem Plan stehen, sagt der Mann in der roten Trainingsjacke. „Einfach mal laufen, nur geradeaus gehen – das reicht.“

KStA abonnieren