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Ehemalige belgische Siedlung in TroisdorfAnwohner fühlen sich getäuscht – Neubauten auf Grünfläche geplant

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Troisdorf – Seit 20 Jahren wohnt Ralf Winckler an der Lohmarer Straße, seine Mutter Waltraud noch zehn Jahre länger. Vor fünf Jahren hat Winckler, der beim Zoll arbeitet, das Haus gekauft, in dem er mit seiner Familie lebt.

Ein Haus mit Garten in der ehemaligen belgischen Siedlung, mit Blick ins Grüne: 8400 Quadratmeter Grün- und Freifläche zwischen Taubengasse und Lohmarer Straße. Doch genau dieses Grün wird nun wohl verschwinden: Nachbarn haben ihren Besitz verkauft. Stimmt am Dienstagabend der Stadtrat dem Bebauungsplan zu, dann entstehen hier Doppelhaushälften und zwei Mehrfamilienhäuser mit je sechs Wohneinheiten.

„Getäuscht“ fühlt sich Ralf Winckler. Als er das Haus von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) erwarb, habe die unter anderem mit dem Blick in die Natur geworben, wo sich, so die Anwohner, Fuchs und Hase gute Nacht sagen. „Wenn da ein solcher Bunker vorgesetzt wird, ist hier die Lebensqualität beim Teufel“, klagt sein Nachbar Axel Pütz, dessen Familie seit Generationen an der Taubengasse wohnt. Vor allem die Mehrfamilienhäuser, die mit elf Metern Höhe die bestehende Bebauung um mehr als zwei Meter überragen werden, sind ihm ein Dorn im Auge. „Erstaunt“ ist er zudem, „dass das ohne Ausgleich erfolgen soll.“

Und noch ein Thema macht Pütz Sorgen: Weil bei einer Verwirklichung der Pläne sein Grundstück auch von der Rückseite her zugänglich ist, wird er für die Erschließung wohl auch zur Kasse gebeten. „Ich hab’s nicht schriftlich“, berichtet er von Anfragen bei der Kreissparkasse, die das Vorhaben vermarktet. Doch rechnet er mit bis zu 50 000 Euro Erschließungskosten – für ein Vorhaben, das er ablehnt. Verkaufen wollte er dennoch nicht: „Ich kann nur ein Kotelett essen.“

Vor zwei Jahren fiel der Startschuss für die Aufstellung eines Bebauungsplanes; nicht zuletzt archäologische Untersuchungen auf dem Areal des alten Burghofs haben das Projekt verzögert. Ursprünglich waren 16 Doppelhaushälften geplant. Nun sollen dort zwölf Doppelhaushälften und zwei Mehrfamilienhäuser mit je sechs Wohnungen möglich sein.

„Es kommt zu einer Verdichtung“, räumt Co-Dezernent Claus Chrispeels ein. Das wolle er nicht beschönigen. In der Ausschussberatung vor einem Jahr sei denn auch die Aufnahme von Mehrfamilienhäusern kontrovers diskutiert worden, mit 13 zu acht Stimmen war sie dennoch in den Plan genommen worden. „Städtebaulich vertretbar“ sei die Planung, betont Chrispeels. Und das erst recht vor dem Hintergrund, dass Land und Bund einen geringeren Verbrauch von Flächen für die Besiedlung anstreben. Bis zum Jahr 2020 soll der tägliche Verbrauch in Deutschland von derzeit etwa 55 Hektar auf 30 gesenkt werden.

„Es kann nicht sein, dass die Interessen der Anwohner mit Füßen getreten werden“, klagt Günther Gieb, nur drei Meter Abstand hielten die zukünftigen Mehrfamilienhäuser von der Grundstücksgrenze. Er selbst habe vor Jahren eine gewünschte Erweiterung nicht genehmigt bekommen – unter Hinweis auf die dann schrumpfenden Abstände zum Nachbarhaus. Den Vorwurf, dass dem Investor erlaubt werde, was den bisherigen Anwohnern nicht gestattet sei, will Claus Chrispeels aber nicht gelten lassen. „Da stehen schon mehrgeschossige Häuser“, außerdem seien auch für bestehende Immobilien die Baugrenzen erweitert worden.

Wirklich? „Einer Erweiterung der Baugrenzen wird weiterhin nicht zugestimmt“, heißt es im Beschlussentwurf zu einer entsprechenden Stellungnahme der BIMA. Und weiter: „Jedoch besteht die Möglichkeit, dass Balkone oder Erker als untergeordnete Gebäudeteile die Baugrenze in geringfügigem Ausmaß überschreiten.“