Geschichte in TroisdorfMit Heimatforscher Herrmann Müller durch die Historie von Kriegsdorf
Troisdorf – Kriegsdorf, damit werden die meisten Troisdorfer vor allem eine der beliebtesten Wohnlagen im Stadtgebiet verbinden, in jüngster Zeit auch im Neubaugebiet Schonsfeld. Der Heimatforscher Hermann W. Müller (76) eröffnete den Teilnehmern einer historischen Führung jetzt einen tiefer gehenden Blick: Bei einem ausgedehnten Spaziergang ließ er das Leben im alten Dorf, das sich früher in Klein-Kriegsdorf im Süden und Groß-Kriegsdorf im Norden teilte, wieder lebendig werden – die harte Arbeit auf den Feldern, die aufwendige Trockenlegung des Landes, das Leiden in Kriegszeiten.
Lange Geschichte des Dorfnamens
Ihnen verdankt der Ort allerdings nicht seinen Namen: Der Stadtverwaltung zufolge verweist der Name auf einen Hof zu Criekesdorf, der 1143 erstmals erwähnt wurde, in einer Besitzurkunde für das Kloster auf der Insel Nonnenwerth. Das keltische Wort Criek steht für ein zeitweise trockenes Fluss- oder Bachbett. Veranstalter der Führung war der Ortsausschuss des katholischen Pfarrgemeinderates Kriegsdorf.
„Früher musste man alles in Sieglar erledigen“, berichtet Müller. Doch die Kriegsdorfer zeigten Eigen- und Gemeinsinn. 1868 bauten sie eine eigene Schule. Auch der Wunsch nach einer eigenen Kirche wurde in der laut Müller „verschworenen Gemeinschaft“ gegenüber Sieglar und Eschmar laut. „Pastor, Dechant, Generalvikariat, alle sagten, Ihr kriegt kein eigenes Gotteshaus“, sagt Müller. Doch dem Engagement eines Kirchenbauvereins war es zu verdanken, dass 1908 die Kapelle St. Antonius im neoromanischen Stil eröffnet werden konnte. „Nach nur acht Wochen Bauzeit“, wie Müller betonte.
Kapelle von Kriegsdorf drohte einzustürzen
Wie an vielen Stellen im Dorf wurde der schlammige Boden indes auch für den Backsteinbau zum Problem. „Die Kapelle drohte auseinanderzubrechen“, sagt Müller. Mit eisernen Klammern habe man aber eine Katastrophe verhindern können. Das Gebäude wurde als Schenkung der Gemeinde Sieglar vermacht, erst seit 1947 ist sie in Kirchenbesitz. Das auffällige Mosaik in der Apsis ist Müller zufolge eine Provokation gewesen: In der benachbarten Schule wurde zur NS-Zeit ein Bild Adolf Hitlers anstelle des Kreuzes aufgehängt – der Heilsbringer in der Kirche sollte herrschaftlicher ausfallen.
Dramatische Folgen des Zweiten Weltkriegs
Die Folgen des Zweiten Weltkriegs bekamen die Groß-Kriegsdorfer früh zu spüren. Am 14. Oktober 1941 detonierte eine britische Luftmine, Müller zufolge ein Sprengkörper von 1350 Kilogramm Gewicht, ein sogenannter „Wohnblockknacker“.Noch in Spich seien Fensterscheiben zu Bruch gegangen. Zwei Mädchen, die in einem nahe gelegenen Haus aus dem Fenster schauten, wurden durch die Druckwelle getötet, insgesamt starben acht Menschen. Mehrere Wohngebäude und Bauernhöfe wurden zerstört, doch durch Neubauten ersetzt. So konnte auch die Existenzgrundlage der Schmiede gesichert werden, die für die Landwirtschaft – und somit für die Lebensmittelversorgung von Köln – eine wichtige Rolle spielte. Müller hält es für möglich, dass das eigentliche Ziel ein in der Nähe des Antoniuskreuzes gelegener Scheinflughafen mit Flugzeugen aus Pappmaché war.
Schon vor 1000 Jahren Landwirtschaft auf dem Kerpenhof
Nicht viel hätte gefehlt, und es hätte den Kerpenhof getroffen, der früher der größte der Siegburger Abtshöfe war. Schon vor 1000 Jahren gab es Müller zufolge dort Landwirtschaft. Das heutige Erscheinungsbild des Hofs geht auf einen großen Backsteinbau mit repräsentativem Herrenhaus aus dem Jahr 1849 zurück. Pächter Wilhelm Kerp konnte den Hof 1832 kaufen. 2008 wurde die Anlage unter Denkmalschutz gestellt. Die heute leerstehenden Wirtschaftsgebäude könnten aber schon bald als Wohnungen oder für Büros genutzt werden.
Im Sand von Kriegsdorf lauerten Krokodile
Müller, der aus Beuel stammt und 1975 nach Kriegsdorf zog, weiß, in welchen Kuhlen sich die Kriegsdorfer mit Sand und Lehm versorgten, und dass sie im „Kriegsdorfer Wald“ unterhalb der Heide Brennholz und Streu holen konnten. Kinder sollten die Sandkuhle, die heute inmitten eines naturbelassenen Wäldchens liegt, meiden: Den Pänz wurde erzählt, es gebe dort Krokodile.
Vor Feinden war das Dorf durch Sümpfe, Eichenwälder und einen Zaun recht gut geschützt, zudem passte ein Nachtwächter auf. Ein Ärgernis seien über Jahrhunderte hinweg die durchfeuchteten Wege rund um Kriegsdorf gewesen, vor allem nach Wolkenbrüchen über dem Altenforst. Folge war der Spitzname „Lehmträtscher“, den sich die Kriegsdorfer einhandelten. Der Lehm an den Schuhen fiel auf, wenn sie etwa zur Sonntagsmesse nach Sieglar oder in die Schule kamen. Erst 1961 wurden die Straßen asphaltiert.