Nummer Fünf in DeutschlandAleviten weihen Gräberfeld auf Sieglarer Parkfriedhof ein

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Mehrere Personen stehen an einer Stele.

Der alevitische Geistliche Metin Erdogan gab den Gästen Erklärungen zum neuen Gräberfeld und den Gedenksteinen.

Etwa 5000 Familien alevitischen Glaubens leben im Rhein-Sieg-Kreis. In Sieglar werden Angehörige in Zukunft ihre letzte Ruhe finden.

Vier Tafeln aus Granit stehen um ein ewiges Licht. Auf dem Areal rund um diese Anordnung auf dem Parkfriedhof in Sieglar werden in Zukunft Angehörige des alevitischen Glaubens ihre letzte Ruhe finden. „Unsere Vorfahren kamen als Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland. Wir wollen nun in unserer neuen Heimat auch beerdigt werden“, sagte Hasan Kaya von der alevitischen Gemeinde in Troisdorf. Es handelt sich um das fünfte Gräberfeld der Glaubensgemeinschaft in Deutschland.

Etwa 5000 Familien alevitischen Glaubens leben im Rhein-Sieg-Kreis, davon gut 500 in Troisdorf. Die meisten von ihnen gehören der 2004 gegründeten alevitischen Gemeinde an, die ein umfangreiches Kultur- und Bildungsprogramm anbietet. Derzeit bereitet sie den Umzug von der Roncallistraße in die neue Räume an der Wilhelmstraße vor. „Dort haben wir viel mehr Platz, darunter Besprechungsräume und einen eigenen Saal“, erklärt Sprecher Metin Bozkurt.

Vorstellung von Himmel oder Hölle existiert im alevitischen Glauben nicht

Der Wunsch nach einem eigenen Gräberfeld existierte schon lange, vor etwa einem Jahr stimmte der Stadtrat zu. Auf dem Parkfriedhof Sieglar gibt es seit Sommer 2017 die Möglichkeit für alternative Beisetzungsformen. Das alevitische Gräberfeld ist zunächst auf etwa 150 Beisetzungen ausgelegt, es kann aber erweitert werden. Metin Erdogan, der eigens aus Unna angereiste „Dede“, wie die Geistlichen im alevitischen Glauben genannt werden, erklärte bei der Feierstunde in der Trauerhalle, welche Rolle der Tod in seinem Glauben spielt.

Mehrere Menschen stehen vor einem Tisch mit Kerzen.

Bei der alevitischen Lichter-Zeremonie waren auch Bürgermeister Alexander Biber und die Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker (links) dabei.

Die Vorstellung von Himmel oder Hölle existiere nicht, vielmehr sei es das Bestreben der Gläubigen, eine reife Seele zu entwickeln, die sich so dem göttlichen Kern annähere, der einem jeden innewohne. „Für die Angehörigen bedeutet der Tod Leid, weil sie für immer von einem geliebten und vertrauten Menschen Abschied nehmen müssen“, sagte Erdogan. „Für den Verstorbenen ist es ein weiteres Kapitel seiner Reise.“

Schlüsselwerte sind die Familie und die Verehrung der Mutter

Denn auf dem Weg zur Vervollkommnung müsse jedes Individuum vier Tore und 40 Pforten mit besonderen ethischen Herausforderungen durchschreiten. Dafür stünden die vier Steinplatten, auf denen in deutscher und türkischer Sprache die 40 Pforten aufgelistet sind. Ein Umgehen oder Überspringen der einzelnen Tore sei nicht möglich, so Erdogan.

Zu den Schlüsselwerten des vielfach verfolgten alevitischen Glaubens gehört die Familie. Frauen sind im religiösen Leben und im Alltag nicht nur gleichberechtigt, sie werden als Mütter besonderes verehrt. Für die Gläubigen bedeutet das neue Gräberfeld eine spirituelle Aufwertung und eine große Erleichterung, erklärte der „Dede“ Erdogan.

„Ich musste meinen toten Vater zur Beerdigung noch fünf Tage lang durch das tief verschneite Ostanatolien zum Friedhof schaffen.“ Im Anschluss an die feierliche Eröffnung stiegen Luftballons auf in Erinnerung an die Kinder, die bei dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien ums Leben kamen.

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