Kommentar zum Corona-„Wirtschaftsgipfel“Es ist eine Beruhigungspille, mehr nicht

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Peter Altmaier

Berlin – Wenn Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier an diesem Dienstag Vertreter von 40 Unternehmensverbänden zum virtuellen Gespräch trifft, wird dabei kaum etwas Zählbares herauskommen. Wie auch? Wenn jeder eingeladene Verband nur ein dreiminütiges Statement loswerden wollte, wäre die angesetzte Konferenzzeit schon überschritten. Um weitreichende Entscheidungen zu treffen, fehlen außerdem Finanzminister Olaf Scholz und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die vollmundig als „Wirtschaftsgipfel“ angekündigten Schalte ist vor allem eine Geste der Regierung an die Unternehmen. Seht her, wir lassen Euch mit Euren Sorgen nicht im Stich. Es ist eine Beruhigungspille, mehr nicht. 

Dass diese Geste trotz der milliardenschweren Stützungsprogramme nötig geworden ist, zeigt, wie viel in den zurückliegenden Wochen und Monaten schiefgelaufen ist. Die Politik hat großspurig schnelle und unbürokratische Hilfe angekündigt – und dann nicht geliefert. „Es wurde eine Bazooka versprochen, aber aktuell ist es noch eine Steinschleuder ohne Stein“, soll Bayerns Ministerpräsident Markus Söder jüngst gepoltert haben. Viele in der Wirtschaft empfinden das genauso.

Bei der Suche nach Verantwortlichen spielt die Politik das Schwarze-Peter-Spiel. Der Finanzminister zeigt auf den Wirtschaftsminister, der Wirtschaftsminister auf seinen Finanzkollegen sowie auf die Länder, die Länder zeigen auf den Wirtschaftsminister zurück. Und jeder hat auf seine Art ein bisschen Recht.

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Durch die Jahrhundertkrise

Die Länder waren froh, sich anders als im vergangenen Frühjahr die Antragsstellung sparen zu können und damit auch die hässlichen Schlagzeilen, wenn Hilfsgelder an kriminelle Clans und andere Betrüger ausgezahlt werden. Der Wirtschaftsminister hat unterschätzt, wie kleinteilig und kompliziert es ist, einen solchen Prozess aufzusetzen – vor allem, wenn man gar kein Personal dafür hat. Und auf das Konto des Finanzministers geht die mehrfach geänderte Fördersystematik, die sich erst an Betriebskosten, dann an Umsatzausfällen und nun wieder an Betriebskosten orientiert.

Nun gibt es für vieles Gründe: Eine bundesweit einheitliche Antragsstellung ist sinnvoll. Auch für die besonders großzügigen Hilfspakete zu Beginn des zweiten Lockdowns kann man die Regierung kaum kritisieren – zumindest nicht aus Sicht der Wirtschaft. Und es ist ja zweifellos ein kompliziertes Unterfangen, binnen kürzester Zeit Milliarden an Hunderttausende Unternehmen auszuzahlen. Und niemand kann derzeit seriös vorhersagen, wie sich die Corona-Mutationen auf das Infektionsgeschehen auswirken werden.

Es geht nicht um föderale oder parteipolitische Geländegewinne, es geht darum, das Land und seine Wirtschaft durch eine Jahrhundertkrise zu bringen. Dabei helfen keine Schuldzuweisungen, dabei helfen nur Ernsthaftigkeit und Teamspiel. Das darf man von den gewählten Volksvertretern erwarten.

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