Vor der WahlWas passiert, wenn ein US-Präsident krankheitsbedingt ausfällt?

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US-Präsident Donald Trump (l.) und sein Vize Mike Pence.

Washington, D.C. – US-Präsident Donald Trump ist mit dem Coronavirus infiziert. Da er am Dienstagabend amerikanischer Zeit in einem TV-Duell auf seinen Herausforderer Joe Biden traf, ist nicht auszuschließen, dass auch er sich dabei angesteckt haben könnte. Was passiert, wenn ein Präsident stirbt oder krankheitsbedingt ausfällt? Und was passiert, wenn einer oder gar beide Kandidaten ihren Wahlkampf abbrechen oder ihre Kandidatur zurückziehen müssen, weil sie krank sind – oder, im allerschlimmsten Fall, sterben?

Zuerst bedeutet Trumps Corona-Infektion, dass er seinen Wahlkampf auf unbestimmte Zeit nicht in der gewohnten Form wird weiterführen können, selbst, wenn er keine Symptome zeigt. Auftritte vor großem Publikum, direkte Gespräche mit potentiellen Wählern, Reisen durch das ganze Land – all das wird vorerst nicht möglich sein, wenn sich der Hauptakteur in Quarantäne begeben muss.

Briefwahl macht Kandidatenwechsel nahezu unmöglich

Richard Pildes und Joshua Tucker, ein Verfassungs- und Wahlrechtler und ein Politologe von der New York University, haben sich dieser Frage in einem Interview mit der „Washington Post“ genähert. Sie sagen: Die Verantwortung läge dann beim nationalen Organisationsgremium der jeweiligen Partei, der Demokraten beziehungsweise der Republikaner. Dieses Gremium ist für die Wahlkampforganisation der Partei zuständig.

Bei den Demokraten wäre das Vorgehen klar geregelt: Alle 447 Mitglieder des „Democratic National Committee” würden einen neuen Kandidaten nominieren. Der Vorsitzende dieses Gremiums, Tom Perez, müsste sich mit den führenden Demokraten im Kongress, also unter anderem mit Nancy Pelosi, und den demokratischen Gouverneuren besprechen, bevor der DNC dann letztendlich die Wahl trifft.

Bei den Republikanern ist das Verfahren ähnlich. Das nationale Organisationsgremium hat bei ihnen 168 Mitglieder. Von denen dürfen drei pro Staat so viele Stimmen für einen neuen Kandidaten abgeben, wie dem Staat auch auf dem Parteitag zugestanden hätten.

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Aber: Die Bundesstaaten haben unterschiedliche Fristen, bis wann die Kandidaten für den Wahlschein feststehen müssen. In manchen Staaten war diese Deadline bereits im August oder September.

Wenn es in einem Staat kein Gesetz gibt, das eine Änderung nach dem Stichtag erlauben würde, müssten Gerichte diesen Fall verhandeln. Laut Richard Pildes sei es höchst unwahrscheinlich, dass die Gerichte den Parteien nicht erlauben würden, ihren ausgefallenen Kandidaten zu ersetzen, wenn dieser in einem ordentlichen Verfahren gewählt wurde.

Der größte Knackpunkt in diesem Szenario dürfte die Briefwahl werden. Viele Stimmen wurden bereits per Post abgegeben. Der ganze Wahlprozess müsste also wieder von vorn beginnen, doch dafür ist bis zum 3. November zu wenig Zeit. Der Kongress könnte in diesem Fall die Wahl verschieben.

Falls Trump ausfällt, übernimmt Pence

Ein mögliches Szenario wäre aber auch, dass die Wahl wie geplant mit dem Namen des ausgeschiedenen oder verstorbenen Kandidaten auf dem Wahlzettel stattfindet – und dieser Kandidat die Abstimmung womöglich sogar gewinnt. Laut Richard Hasen, Professor für Recht und Politikwissenschaften an der University of California, würde das zu einigermaßen großem Chaos führen – denn jetzt kommen die Wahlmänner ins Spiel, die ja dann letztendlich den Präsidenten wählen.

Ihnen müsste in so einem Fall erlaubt sein, für einen anderen Kandidaten als den auf dem Wahlzettel abzustimmen. Das ist nicht für alle Bundesstaaten erlaubt.

Oder die Gerichte würden den Wahlmännern direkt vorschreiben, für wen sie im Electoral College stimmen sollen. Das wäre problematisch, wenn die Rechtsprechung in einem Bundesstaat in eine andere politische Richtung tendiert als das Wahlergebnis.

Was passiert, wenn Donald Trump so krank ist, dass er das Amt des US-Präsidenten nicht mehr ausüben kann oder gar stirbt? In diesem Fall würde sein Vize Mike Pence die Geschäfte übernehmen.

Er würde offiziell als Präsident eingeschworen und dürfte einen eigenen Stellvertreter bestimmen. Da er in diesem Fall das Amt später als zwei Jahre vor der nächsten Wahl übernommen hätte, könnte er auch für zwei Amtszeiten wiedergewählt werden.

Nach dem Vizepräsidenten würde zunächst die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, das Amt übernehmen. Nächster in der Reihenfolge wäre der „Präsident pro tempore” des Senats, Chuck Grassley, gefolgt von den Mitgliedern des Kabinetts.

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