„Donbass Devushka“Ex-Marine-Soldatin soll hinter den US-Leaks stecken

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USA, Washington: Das Pentagon ist von der Air Force One aus zu sehen.

Blick auf das Pentagon. Eine prorussische Ex-Navy-Mitarbeiterin soll hinter der Weitergabe geheimer US-Dokumente stehen. (Symbolbild)

Hat Sarah Bils für eine prorussische Propagandaplattform gearbeitet? Das FBI hatte zunächst einen anderen Verdächtigen festgenommen.

Die 37-jährige amerikanische Flugzeugtechnikerin Sarah Bils soll hinter der prorussischen Propagandaplattform stehen, die geheime US-Dokumente verbreitete. Offenbar wurden die Papiere zuungunsten der Ukraine manipuliert.  

Monatelang schlummerten das hochbrisante Material unbeachtet in einem Chatroom, wo ein amerikanischer Nationalgardist die streng geheimen Militärdokumente zum Ukraine-Krieg mit seinen Freunden teilte. Doch erst, nachdem der Kreml-freundliche Telegram-Account einer „Donbass Devushka“ (Donbass-Mädchen) vor zwei Wochen einige Papiere weiterverbreitete, wurden Öffentlichkeit und Behörden auf das Datenleck aufmerksam.

Nun kommt heraus: Hinter „Donbass Devushka“ steckt keineswegs eine Putin-freundliche Russin, sondern eine Ex-Marine-Soldatin aus dem US-Bundesstaat Washington.

Mit der Enttarnung der 37-jährigen Flugzeugtechnikerin Sarah Bils, die bis zum November des vorigen Jahres bei der Navy diente und eine hohe Sicherheitsstufe haben soll, rückt nun eine zweite amerikanische Militärangehörige ins Zentrum der Spionage-Affäre. Am Donnerstag war der 21-jährige Jack Teixeira festgenommen worden. Der Gefreite soll hunderte Geheimdokumente teils abgeschrieben, teils fotografiert und dann mit einer Gruppe von Kriegsspiel-Kameraden geteilt haben.

Washington Post: Bils hatte Schlüsselrolle bei Verbreitung der Dokumente

Nach amerikanischen Medienberichten gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass Bils während ihrer Militärzeit ebenfalls vertrauliche Unterlagen entwendet hat. Die Ex-Unteroffizierin  bestreitet das auch. „Ich bin mir der Ernsthaftigkeit von strenggeheimem Material bewusst“, sagte sie dem „Wall Street Journal“.

Das Wirtschaftsblatt veröffentlichte am Montag Zitate aus einem Interview mit der Frau, die zuvor auf mehreren Online-Seiten enttarnt worden war. Nach Erkenntnissen der Zeitung spielte Bils aber „eine Schlüsselrolle bei der Verbreitung“ der von Teixeira durchgestochenen Geheimdienstinformationen.

Bils offenbar treibende Kraft hinter Kreml-freundlichem Netzwerk

Tatsächlich scheint Bils die treibende Kraft hinter einem Kreml-freundlichen Netzwerk zu sein. Auf Accounts mit dem Avatar von „Donbass Devushka“ bei Twitter, Telegram, Youtube und Spotify werden Fotos und Falschmeldungen zum Ukraine-Krieg verbreitet, Lob für die paramilitärische Wagner-Truppe gepostet und der Tod ukrainischer Soldaten gefeiert. Ein Podcast, den Bils ebenfalls unter dem Namen „Donbass Devushka“ betreibt, interviewt Putin-nahe Gesprächspartner. Außerdem werden nach Informationen des „Wall Street Journal“ auch Spenden für russische Truppen gesammelt, was in den USA illegal ist.

Am 5. April wurden auf dem Telegram-Account von „Donbass Devushka“, der mehr als 65.000 Follower hat, „einige sehr interessante Geheimdienstinformationen“ angekündigt und vier angebliche Fotos der Unterlagen veröffentlicht, die Teixeira entwendet haben soll. Allerdings wurden die Dokumente zu Ungunsten der Ukraine verfälscht. Bils behauptet, damit nichts zu tun zu haben. Vielmehr habe ein anderer Administrator die Papiere gepostet. Jedenfalls ging die Online-Botschaft bald viral und wurde von mehreren russischen Social-Media-Accounts übernommen. So wurden dann auch die amerikanischen Behörden auf das Datenleck aufmerksam.

Welche Bedeutung „Donbass Devushka“ bei der Verbreitung der manipulierten Geheimdienstunterlagen hatte, wurde am vorigen Donnerstag deutlich: Da behauptete Tucker Carlson, einer der prominentesten Moderatoren beim rechten Sender Fox News: „Für jeden Russen, der im Ukraine-Krieg fällt, werden sieben Ukrainer getötet. Die Ukraine verliert diesen Krieg.“

Der Propagandist berief sich auf die geleakten Pentagon-Dokumente. Tatsächlich scheint er nach amerikanischen Medienberichten aus den Fake-Dokumenten von „Donbass Devushka“ zitiert zu haben, in denen die ukrainischen Verluste überzeichnet wurden.

Über die Motive der Ex-Unteroffizierin Bils ist nichts bekannt. Weder das Pentagon noch das Justizministerium wollten sich auf Anfrage des „Wall Street Journal“ zu dem für das Militär und die Geheimdienste der USA immer peinlicherem Vorgang äußern. „Donbass Devushka“ sperrte inzwischen ihren Twitter-Account.

Bei Telegram bedankte sie sich am Montag für die Unterstützung in „turbulenten Zeiten“. Die Frau, die nach eigenen Angaben einen „Informationskrieg russischer Art“ betreibt, versicherte: „Wir werden nicht aufgeben!“ (rnd)

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