Friedrich Merz„Baerbock sind die Schuhe des Amtes der Kanzlerin zu groß“

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Friedrich Merz

  • CDU-Politiker Friedrich Merz über die Lehren aus der Unwetterkatastrophe, Steuersenkungen und die Fehler der Grünen-Chefin Annalena Baerbock.

Herr Merz, Unionskanzlerkandidat Armin Laschet fordert eine Stärkung des Klimaschutzes, CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer will nun die Bahn klimafreundlicher machen. Warum tut das eine Partei, die im Bund seit 16 Jahren regiert, nicht längst? Friedrich Merz: Die Union hat bereits sehr viel getan, andernfalls hätte Deutschland seine Klimaziele seit 1990 nicht erreicht. Wir dürfen auch nicht den Eindruck erwecken, als würde noch mehr Klimaschutz in Deutschland solche dramatischen Ereignisse gänzlich verhindern. Überflutungen wird es immer wieder geben, selbst wenn man sofort die kompletten Vorstellungen von Fridays for Future übernehmen würde. Entscheidend ist, dass wir aus den jetzigen Ereignissen lernen. So bitter die Ereignisse in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sind: Sie bieten eine Chance, dass Ortschaften künftig anders geplant und gebaut und bestehende Fehler korrigiert werden – also weniger Versiegelung, mehr Platz für Überflutung, keine ufernahe Bebauung.

Es gibt Klagen, dass zu wenig oder zu spät gewarnt wurde. Muss der Katastrophenschutz neu aufgestellt werden?

Katastrophenschutz ist keine Einbahnstraße. Es kommt nicht allein auf die Behörden, sondern auch auf die Bürgerinnen und Bürger an. In weiten Teilen der Bevölkerung gibt es zu wenig Risikobewusstsein, das muss sich ändern. Nur wenn wir verdrängen, dass Katastrophen passieren können, werden wir von ihnen überrascht. Es ist Aufgabe jedes Einzelnen, verantwortungsvoller Eltern, jedes Betriebes, den Umgang mit Gefahrensituationen zu üben. Das gilt von der Schule bis zum Altenheim. Es kann jeden Tag etwas passieren. Und ja, das Bundesamt für Katastrophenschutz muss gestärkt und das Warnsystem verbessert werden, bis hin zu einer flächendeckenden Absicherung durch analoge und digitale Warnsysteme. Das ist aus meiner Sicht die zweite Konsequenz aus der Kata strophe: Wir müssen Risiken besser einschätzen lernen.

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Was muss geschehen, um die Ursachen wie den Klimawandel schneller zu bekämpfen? Eine Solardachpflicht oder steuerliche Förderung für Solardächer oder klimabewusstes Verhalten?

Wer Solardächer zur Pflicht machen will, soll bitte gleichzeitig Vorschläge vorlegen, wie das Bauen in Deutschland trotzdem preiswerter wird. Sonst können sich junge Familien ein Eigenheim nämlich gar nicht mehr leisten. Über steuerliche Förderungen kann man zusätzlich nachdenken.

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Will die Union nun eigentlich Steuersenkungen oder nicht?Laschet hat sie einkassiert, die CSU hat widersprochen.

Armin Laschet hat gesagt, was im Wahlprogramm steht: Wir wollen so bald wie möglich die Steuern senken, sehen dafür aber derzeit keinen Spielraum. Was wir auf jeden Fall anstreben, ist eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags für alle. Dieses Versprechen haben mehrere Bundesregierungen gegeben, die SPD in der jetzigen Regierung wollte sich daran nicht mehr halten. Damit wird Vertrauen und Glaubwürdigkeit in der Steuerpolitik verspielt. Wäre der Soli wie zugesagt Ende 2019 abgeschafft worden, könnte man heute zum Beispiel ohne Weiteres eine ebenfalls zeitlich begrenzte Corona-Sonderabgabe einführen.

Was wäre Ihre Lieblingsregierungskoalition?

Ich habe keinen Lieblingskoalitionspartner. Ich schließe nur vollkommen eine Zusammenarbeit mit der AfD und mit der Linkspartei aus. Ich würde auch eine Fortsetzung der Koalition mit der SPD nicht gern sehen. Das wäre im Interesse beider Parteien.

Trauen Sie FDP-Chef Christian Lindner zu, dass er eine Ampelkoalition mit SPD und Grünen eingeht?

Ja. Er wird es sogar machen müssen, insbesondere wenn die SPD vor den Grünen liegt. Das ist eine der Fernwirkungen des Rückzugs der FDP aus den Jamaika-Koalitionsverhandlungen von 2017. Die FDP ist in ihren Handlungsmöglichkeiten dadurch sehr eingeschränkt.

Warum sollte die SPD die Grünen überholen, wenn das Klimathema doch gerade wieder wichtig wird?

Ich gehe davon aus, dass die Grünen weiter absinken und die SPD noch etwas zulegt. Annalena Baer bock hat in den vergangenen Wochen gezeigt, dass ihr die Schuhe des Amtes der Kanzlerin doch ein wenig zu groß sind. Da setzen sich viele Mosaiksteine zusammen. Eine Politikerin, die mehrfach den eigenen Lebenslauf korrigieren muss, weil Angaben unwahr oder übertrieben sind, die sich mit Erfahrung schmückt, die sie nicht hat – da zeigt sich doch ein Muster.

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