Kommentar zum ImpeachmentTrumps Verbannung wird amerikanische Demokratie nicht retten

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Trump zeigt

Donald Trump, Präsident der USA, hält während einer Kundgebung seiner Unterstützer eine Rede vor dem Weißen Haus. Nach der Rede stürmten Anhänger das Kapitol.

Der Mann ist ein Lügner, ein geistiger Brandstifter und ein Volksverhetzer. Sein Verständnis von Recht und Gesetz gleicht dem eines Mafia-Paten. Seit langem ist Donald Trump psychisch instabil, und sein traumatischer Absturz bei der Wahl hat die mentalen Probleme des Narzissten beängstigend vergrößert. Keine Frage: Der Möchtegern-Diktator ist des Amtes nicht gewachsen. Er gleicht einer tickenden Zeitbombe. Sein Finger muss schleunigst vom Atomknopf entfernt werden.

Das sieht inzwischen auch eine Mehrheit der Amerikaner so, die nach dem blutigen Sturm auf das Kapitol für die Amtsenthebung des Präsidenten noch vor dem offiziellen Ende seiner Regierungszeit in neun Tagen plädieren. Dass Trump seine Tiraden neuerdings nicht mehr beim Kurznachrichtendienst Twitter abfeuern darf, doch weiter die Codes besitzt, um mit Nuklearwaffen die ganze Welt in Schutt und Asche zu legen, ist tatsächlich ein aberwitziges Missverhältnis.

Sehr begrenzte Möglichkeiten Trump „zu feuern“

Leider sind aber die Möglichkeiten, den mächtigsten Mann der Welt aus dem Oval Office zu vertreiben, sehr begrenzt. Freiwillig wird Trump kaum gehen. Die eigentlich angezeigte Erklärung der Amtsunfähigkeit durch den Vizepräsidenten und das Kabinett scheitert an der Feigheit der Trump-Lakaien. Also bleibt nur ein erneutes Impeachment-Verfahren, das die Demokraten nun unter dem Druck ihres linken Parteiflügels anstreben.

Kapitol Protest

Anhänger von Donald Trump beim Sturm des Kapitols

Der Vorstoß ist absolut legitim. Doch darf man sich über seine Wirkung spätestens seit dem ersten Versuch in der Ukraine-Affäre keine Illusionen mehr machen. Damals wurde die Impeachment-Anklage vom demokratisch kontrollierten Repräsentantenhaus beschlossen, doch die Verurteilung scheiterte im Senat. Am Ende peitschte das Verfahren Trumps Anhänger wahrscheinlich stärker auf, als es ihm politisch schadete. 

Ähnlich droht es auch dieses Mal zu laufen: Weil sie bis zum 20. Januar keine Mehrheit im Senat haben, können die Demokraten nicht einmal eine Sondersitzung der Kammer erzwingen. Die nächste reguläre Zusammenkunft ist einen Tag vor Joe Bidens Vereidigung. Dass Trump dann im Turbo-Tempo der Prozess gemacht wird und 17 Republikaner mit ihren Stimmen die zur Absetzung erforderliche Zwei-Dittel-Mehrheit liefern, erscheint extrem unwahrscheinlich. Also wird sich das Verfahren über das Ende der Amtszeit hinausziehen – mit ungewissem Ausgang und weitgehend symbolischem Charakter.

Das Impeachment hilft nicht gegen Trump

Gegen die akute Gefahr eines enthemmten Despoten hilft das Impeachment also nichts. Da sind die Bemühungen von Parlamentssprecherin Nancy Pelosi, das Militär und das direkte Umfeld des Präsidenten zur stillschweigenden Aufweichung seiner Anordnungen zu bewegen, wesentlich wichtiger. Wenn gleichzeitig im Kongress eine Resolution zur Abstimmung gestellt würde, die Trumps aufrührerisches Handeln unmissverständlich verurteilt, könnte der halbwegs vernünftige Teil der Republikaner kaum dagegenstimmen.

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In anderthalb Wochen wird Trump das Weiße Haus so oder so verlassen. Seine zahllosen Rechtsbrüche und Verbrechen müssen danach juristisch aufgearbeitet und geahndet werden. Aber seine Geister sind damit keineswegs besiegt. Die Politik sollte ihre Kraft deshalb darauf verwenden, den gefährlichen rechtspopulistischen Emotionen, die den narzisstischen Demagogen nach Washington gespült haben, das Wasser abzugraben.

Ja, es stimmt: Bei einer Impeachment-Verurteilung wäre Trump daran gehindert, 2024 erneut für das Präsidentenamt zu kandidieren. Na und? Sein fanatischer Sohn Donald junior oder ein skrupelloser Opportunist wie Ted Cruz wären sicher nicht besser. Wer ernsthaft glaubt, die Existenzkrise der amerikanischen Demokratie durch die Verbannung eines einzelnen Mannes lösen zu können, der hat die Größe des Problems nicht verstanden. (Karl Doemens/RND)

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