Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Kommentar zur KlinikreformKarl Lauterbachs verpasste Chance

2 min
st josef krankenhaus

St. Josef Krankenhaus in Karl Lauterbachs Wahlkreis in Leverkusen.

Der Gesundheitsminister verlässt den Corona-Krisenmodus und kümmert sich um die dringend nötige Klinikreform. Doch diese will er nur von Wissenschaftlern vorbereiten lassen. Wenn allerdings die nicht eingebunden werden, die Reformideen am Ende umsetzen müssen, droht die Innovation zum Rohrkrepierer zu werden.

Dabei sind sich im notorisch zerstrittenen Gesundheitswesen  praktisch alle Beteiligten einig: Eine Reform im Kliniksektor ist überfällig. Trotz der sehr üppigen Unterstützung der Krankenhäuser in der Corona-Pandemie schreibt die Mehrzahl der Kliniken rote Zahlen.

Das Personal ist so knapp, dass sich Kliniken Ärzte und Pflegekräfte gegenseitig abjagen oder sogar Behandlungskapazitäten heruntergefahren werden müssen, weil Mitarbeiter fehlen. Es gibt keine bundesweite Krankenhausplanung, sodass es gleichzeitig Regionen mit einer medizinischen Über- und andere Gebiete mit einer Unterversorgung gibt. Als Lehre aus der Pandemie ist es zudem dringend nötig, auch das bloße Vorhalten von Intensivmedizin besser zu honorieren.

Insofern ist es völlig richtig, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach nun endlich den Corona-Krisenmodus verlässt, um sich um diese Baustellen zu kümmern. Komplett falsch ist allerdings der Ansatz des SPD-Politikers, die im Koalitionsvertrag vorgesehene Reformkommission ausschließlich mit Wissenschaftlern zu besetzen.

Sicher, bei vielen Entscheidungen im Gesundheitswesen muss es Standard sein, streng nach wissenschaftlichen Erkenntnissen vorzugehen, zum Beispiel bei der Bewertung des Nutzens von Arzneimitteln. Doch gerade im überaus komplexen Kliniksektor wäre es wichtig, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen. Das sind nicht nur die Krankenhausbetreiber, Ärzte und Krankenkassen, sondern auch die Länder und Kommunen.

Das macht eine Reform sicherlich nicht einfacher. Doch wenn eine Neuordnung bei denen, die sie am Ende umsetzen müssen, keine Unterstützung findet, kann sie nur scheitern. Lauterbach verpasst die bisher nie dagewesene Chance, die grundsätzliche Einigkeit in der Branche geschickt zu nutzen, um die stationäre Versorgung in Deutschland endlich zukunftssicher aufzustellen. (RND)