Konfuzius-InstituteExtrem heikle Wissenschafts-Kooperation mit China

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Ein Schild mit der Aufschrift „Sekretariat“auf Deutsch und in chinesischen Schriftzeichen: Sekretariat eines Konfuzius-Instituts in NRW (Symbolbild/Archivbild)

Sekretariat eines Konfuzius-Instituts in NRW (Symbolbild/Archivbild)

Während einige europäische Länder die chinesischen Konfuzius-Institute bereits verboten haben, sind sie an deutschsprachigen Universitäten weiterhin angedockt – und erhalten staatliche Zuschüsse.

Erst kürzlich hat die Bundesregierung mit ihrer ersten China-Strategie die Beziehung zur Volksrepublik neu austariert. Auch der Umgang mit den Konfuzius-Instituten (KI) an deutschsprachigen Universitäten soll in den nächsten Wochen und Monaten auf den Prüfstand gestellt werden. Jüngst rief die Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) die Hochschulen dazu auf, ihre Zusammenarbeit mit den Instituten zu beenden – unter anderem mit Hinweis auf chinesische Einflussnahme auf die Wissenschaft in Deutschland.

Konzipiert wurden die KI vor knapp 20 Jahren unter der Ägide des damaligen Präsidenten Hu Jintao und des Premier Wen Jiabao. An die Öffentlichkeit gingen die Institute 2004. Schon damals waren die Einrichtungen ambivalent: Nach außen ging es vor allem um Sprachunterricht und kulturelle Veranstaltungen. Gleichzeitig verkündete Pekings damaliger Propaganda-Chef Li Changchun, die Konfuzius-Institute seien ein „wichtiger Teil der externen Propaganda der kommunistischen Partei Chinas“.

Ein wichtiger Teil der externen Propaganda.
Li Changchun,ehemaliger chinesischer Propaganda-Chef

Wer auf den Webseiten der Konfuzius-Institute stöbert, findet immer wieder den Hinweis, dass man ganz ähnlich wie das deutsche Goethe-Institut, das British Council oder das Institut français fungiere. Doch die Selbstbeschreibung ist irreführend – und das nicht nur aus inhaltlichen Gründen. Im Gegensatz zu den europäischen Kulturvertretungen agiert das Konfuzius-Institut nicht als eigenständiges Haus, sondern dockt stets als Kooperationspartner an bestehenden Universitäten an. Diese stellen die Räumlichkeiten, Peking hingegen entsendet das Lehrpersonal und das notwendige Geld.

Solch ein Geschäftsmodell macht eine Infiltrierung durchaus möglich. Denn für die chronisch unterfinanzierten Universitäten entstehen Abhängigkeiten, die zumindest potenziell das Risiko einer Einflussnahme erhöhen. Und selbst wenn diese Karte nicht ausgespielt wird, lässt sich ein grundsätzliches Problem nicht vermeiden: Allein die Tatsache, dass deutschsprachige Universitäten eine offizielle Vertretung des chinesischen Staates ins eigene Haus lassen, stellt per se eine gewisse Legitimation dar – und nicht zuletzt auch eine Alimentierung durch den deutschen Steuerzahler, denn als eingetragene Vereine werden die KI auch durch öffentliches Geld gefördert.

19 Konfuzius-Institute gibt es noch in Deutschland, die Tendenz zeigt allerdings nach unten. Die meisten Neueröffnungen lancieren die Chinesen mittlerweile im globalen Süden, bevorzugt in nicht demokratischen Staaten.

Meist bewusst unpolitisch: Teeworkshops und Konzerte

Die meisten Veranstaltungen der KI in Europa sind bewusst unpolitisch, sie reichen von Vortragsabenden zu chinesischer Medizin über klassische Konzertaufführungen bis hin zu Teeworkshops.

Tatsächlich haben die Institute bislang zwar nur eine Handvoll politische Skandale produziert, doch diese ließen tief blicken: 2014 zum Beispiel fand im portugiesischen Braga eine akademische Konferenz statt, die in Teilen vom örtlichen Konfuzius-Institut gesponsert wurde. Als die damals weltweite KI-Leiterin Xu Lin für die Konferenz anreiste, fand sie in den gedruckten Programmen mehrere Inhalte, die ihrer Ansicht nach „gegen chinesische Regulierungen verstoßen“ würden – unter anderem die Nennung eines anderen Instituts aus Taiwan, das ebenfalls als Geldgeber fungierte.

Xu ordnete kurzerhand ihre Mitarbeiter an, die Materialien zu konfiszieren, die betroffenen Seiten händisch auszureißen und erst dann wieder zurückzugeben.

In den vergangenen Jahren kam es in Europa immer wieder zu landesweiten Verboten: In Belgien entschied sich die Regierung zu diesem radikalen Schritt, nachdem ein KI-Leiter mutmaßlich versucht hatte, Geheimdienstmitarbeiter zu rekrutieren. Auch in Schweden sind Konfuzius-Institute mittlerweile nicht mehr erlaubt.

In Deutschland ist man davon noch weit entfernt. Dabei gab es vor zwei Jahren ebenfalls einen Erweckungsmoment: Als die Autoren Stefan Aust und Adrian Geiges Lesungen zu ihrer Xi-Jinping-Biografie in den Instituten in Duisburg und Hannover planten, wurden diese kurzfristig abgesagt. Eine KI-Mitarbeiterin hatte das gegenüber Geiges so begründet: „Über Xi Jinping kann man nicht mehr als normalen Menschen reden, er soll jetzt unantastbar sein.“

Der Vorfall hatte bis auf den Imageschaden keine nennenswerten Konsequenzen, die Zusammenarbeit mit den Konfuzius-Instituten bleibt weiter bestehen. Begründet wird die Kooperation mit dem Wunsch nach gegenseitigem Austausch – auch wenn dieser zunehmend durch ein repressives China unter Xi Jinping eingeengt wird.

Wie heikel die wissenschaftliche Kooperation mit einem zunehmend repressiven China ist, belegen zwei aktuelle Beispiele: Wie Recherchen der Deutschen Welle und der Investigativplattform Correctiv vom Frühjahr zeigen, verpflichtet die chinesische Regierung die Studenten ihres Stipendiatenprogramms „Chinese Scholarship Council“ (CSC) mittlerweile per schriftlichem Vertrag dazu, ständigen Kontakt zur chinesischen Botschaft zu unterhalten, stets staatstreu zu sein und nach dem Studium in ihre Heimat zurückzukehren zu müssen. Bei Nichteinhaltung drohen harte Strafen – und zwar auch gegen Dritte in China, die die Stipendiaten in ihren Formularen angegeben haben.

Vor Kurzem nun hat die Universität Erlangen reagiert und ihre Zusammenarbeit mit CSC-Stipendiaten beendet. Man sehe die akademische Freiheit bedroht, heißt es. Zudem besteht auch die konkrete Angst unter chinesischen Auslandsstudenten, dass die Regierungsstipendiaten als Spitzel agieren und interne Berichte für die Botschaft schreiben, in denen kritische Stimmen gemeldet werden. In vielen westlichen Ländern ist dies bereits nachweislich vorgekommen.

Trotz dieses Skandals hat nahezu zeitgleich die Universität Bielefeld eine weltweite Premiere angekündigt: So wird sie als erste Bildungsstätte ohne chinesische Partneruniversität einen Campus auf der tropischen Insel Hainan eröffnen. Die Gelder für den Bau stammen dabei vollständig vom chinesischen Staat, unterstützt wird das Projekt aber auch durch 3,5 Millionen Euro vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD).

Laut der Universität Bielefeld wird ihr bei der Kooperation vollste Freiheit zugesichert, ebenfalls beschränkt man sich auf reine MINT-Fächer, die im Kern apolitisch sind. Doch die Frage bleibt, wie frei man in einem Land arbeiten kann, in dem regelmäßig Professoren verhaftet werden, „Xi Jinping Denken“ verpflichtend unterrichtet wird und Studierende lange Haftstrafen riskieren, wenn sie zum Beispiel zu LGBTQ-Themen mobilisieren oder kritisch über die Zentralregierung debattieren wollen.(RND)

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