Nach gewalttätigen DemosCorona-Proteste gegen „Querdenker“ nehmen zu

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Teilnehmer einer „Querdenker“-Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen  in Bad Homburg

Auch am Neujahrswochenende gingen bundesweit Gegner der Corona-Maßnahmen auf die Straße. Nicht alle Kundgebungen blieben friedlich. Bei einer Demonstration mit 400 Teilnehmern im ostthüringischen Greiz kam es nach Polizeiangaben zu mehreren tätlichen Angriffen auf Beamtinnen und Beamte, die daraufhin Pfefferspray und Schlagstöcke einsetzten. Sechs Versammlungsteilnehmer sowie vier Polizistinnen und Polizisten wurden verletzt.

Am Montag werden wieder in Dutzenden Orten unangemeldete „Spaziergänge“ erwartet, zu denen in verschiedenen Regionen auch die AfD mobilisiert. In Sachsen kündigt die rechtsextreme Bewegung der „Freien Sachsen“ zudem an, den Protest zu verstetigen. Auf Telegram werden Interessenten gesucht, die in unterschiedlichen Gemeinden bei den 2022 anstehenden Bürgermeisterwahlen antreten wollen.

Besonders in Ostdeutschland wächst jetzt aber auch die Zahl der Kundgebungen von Befürwortern der Corona-Politik - oder schlicht solcher Bürgerinnen und Bürger, die ein Zeichen gegen die Instrumentalisierung ihrer Städte durch rechtsextreme und verschwörungstheoretische Akteure setzen wollen. In Cottbus, einer Hochburg der dort von Akteuren AfD und dem rechtsextremen Verein „Zukunft Heimat“ unterstützen Proteste, ist für Sonntagabend ein stilles Gedenken mit Kerzen auf dem Altmarkt für die 250 Corona-Toten der Stadt geplant.

Aufgerufen hat der Verein „Unteilbar Südbrandenburg“ unter dem Hashtag #CottbusCares. Beachtung der dann geltenden Vorschriften, um 18 Uhr auf dem Altmarkt zusammenkommen.

In der Universitätsstadt Greifswald in Vorpommern ruft das Bündnis „Greifswald für alle“ für Montagabend zu einer Kundgebung mit dem Titel „Impfen – Verantwortung und Solidarität!“ auf. Man wolle „zeigen, dass die Mehrheit der Bevölkerung die geltenden Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie für nötig hält“.

Gewalttätige Auseinandersetzungen

Als Rednerinnen und Redner sind unter anderem der Oberbürgermeister, der Theaterintendant und die Psychologieprofessorin Eva-Lotta Brakemeier angekündigt. Im sächsischen Bautzen, wo es vergangene Woche gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen teils rechtsextremen Demonstrierenden und der Polizei gab, haben inzwischen fast 44.000 Menschen die „Erklärung- Bautzen gemeinsam“ unterschrieben, darunter auch die Mitglieder der Bautzener Band „SIlbermond“ und der Vorsitzende der Domowina, der Vertretung der sorbischen Bevölkerungsgruppe. In der Erklärung heißt es: „Wir wollen Verantwortung für unsere Stadt übernehmen, wir schließen uns zusammen, denn wir sind die Mitte dieser Gesellschaft. Die Corona-Protestler nutzen die Pandemie als Vorwand, um Krawall zu stiften, die Demokratie zu gefährden und die Gesellschaft zu spalten.“

Der neue Ostbeauftragte der Bundesregierung, der Thüringer Carsten Schneider (SPD), kündigte Gesprächsrunden nach dem Vorbild der „Runden Tische“ der Wendezeit 1989/90 an: „Die Runden Tische sind eine im Osten erarbeitete Tradition ohne hohe Eintrittsbarrieren wie bei einer Partei“, sagte er dem „Tagesspiegel“. Er werde „viel übers Land fahren und überparteiliche und niedrigschwellige Diskussionsangebote machen“, sagte Schneider. Die Konjunktur für die aktuellen Proteste führt Schneider auf einen Überdruss an Veränderung zurück: „Viele Ostdeutsche sind einfach erschöpft.“

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