Tödlicher MangelIn 130 armen Ländern der Welt noch kein einziger Bewohner geimpft

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Impfen Januar

Auch in Deutschland haben die Impfungen gegen das Coronavirus begonnen. (Symbolbild)

128 Millionen Impfdosen wurden bisher weltweit gegen Covid-19 verabreicht. Mehr als drei Viertel davon teilen sich zehn Staaten wie Deutschland, Luxemburg, Österreich, Schweiz und die USA untereinander auf. Demgegenüber stehen laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) fast 130 arme Länder in Lateinamerika, Afrika und Asien, in denen insgesamt 2,5 Milliarden Menschen leben. Dort erhielt bisher noch kein einziger Bewohner ein Vakzin. Die Welt erlaube sich eine unheilvolle Strategie gegen die Corona-Pandemie, „die Leben und Existenzen kosten wird“, kritisiert WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus.

Das internationale Impfprogramm Covax will jetzt gegensteuern. Ziel von Covax ist es, die Impfstoffe gegen Covid-19 weltweit gerecht zu verteilen, sodass jeder Mensch Zugang zu einem Vakzin erhält. Bis Ende des Jahres will Covax mindestens zwei Milliarden Impfdosen bereitstellen. Den Großteil davon reserviert das Programm für arme Länder – sie sollen die Dosen kostenlos erhalten. „Wir werden bald mit der globalen Lieferung lebensrettender Impfstoffe starten, nur so haben wir eine Chance, die Pandemie zu besiegen“, gelobt Seth Berkley. Der US-Amerikaner leitet die Beschaffung und Verteilung für das 2020 gegründete Covax, hinter dem die globale Impfstoffallianz Gavi, die

Weltgesundheitsorganisation und andere Partner stehen. Doch ob Berkley, der gleichzeitig Chef von Gavi ist, das Versprechen einlösen kann, ist fraglich. Es mangelt an Geld – und an Impfstoffen. Bis Juni will Covax in einer ersten Runde nur rund 340 Millionen Impfdosen an meist einkommensschwache Länder verteilen. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller prognostiziert, dass dieses Jahr „maximal 20 Prozent der Bevölkerung in 92 Entwicklungs- und Schwellenländern geimpft werden können“.

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Immerhin legen die Covax-Strategen konkrete Lieferzahlen für Dutzende Staaten auf mehreren Kontinenten fest. So soll Afghanistan rund drei Millionen Impfdosen erhalten, Angola und Kolumbien jeweils mehr als 2,5 Millionen. Covax musste lange drängen, bis internationale Geber die zunächst benötigten mehr als 6 Milliarden US-Dollar für 2021 beisteuerten – Deutschland und die EU gehören zu den größten Spendern. Jetzt braucht Covax zusätzliche 2,8 Milliarden US-Dollar für das laufende Jahr. „800 Millionen US-Dollar für Forschung und Entwicklung und mindestens 2 Milliarden US-Dollar für Vakzine in armen Ländern“, heißt es auf Anfrage.

Doch Covax fehlen vor allem Impfstoffe. Beispiel Astrazeneca: Nach den Planungen erhält Covax 336 Millionen Dosen des britisch-schwedischen Konzern für die erste Runde der Impfkampagne. Ein Teil der Produktion, 96 Millionen Dosen, stammt direkt von Astrazeneca, den anderen Teil, 240 Millionen Dosen, stellt die indische Firma Serum Institute in Lizenz her. Covax hatte jedoch direkt bei Astrazeneca 153 Millionen Dosen geordert. Berkley erklärt das Vakuum mit Verspätungen bei der WHO für eine Notfallzulassung. Beispiel Biontech-Pfizer: In der zweiten Januarhälfte kündigte Covax die Bestellung von 40 Millionen Dosen des Vakzins der deutschen Firma Biontech und ihres US-Partners Pfizer an. Der Vertrag wurde mit Pfizer abgeschlossen. Anfang Februar konnte Covax nur 1,2 Millionen Einheiten des Biontech-Pfizer-Wirkstoffes in seine Planungen einbauen. Wann die restlichen fast 39 Millionen Einheiten verfügbar sein werden, erläutert Covax nicht.

Unicef als wichtigster Covax-Partner

Hoffnungen setzen die Covax-Verantwortlichen jetzt auf den indischen Konzern Serum Institute. Die Inder sollen 1,1 Milliarden Vakzin-Dosen an das Kinderhilfswerk Unicef und andere Organisationen liefern. Unicef ist einer der wichtigsten Covax-Partner und spielt beim Impfstofftransport in arme Regionen eine Schlüsselrolle. Die Verteilung des Vakzins durch Serum Institute in 100 Ländern soll sich über mehrere Jahre erstrecken. Für viele Menschen dürfte das zu spät sein.

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