„Trump auf Stöckelschuhen“Wie Radikale die Republikaner aufheizen

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Marjorie Taylor Greene

Marjorie Taylor Greene

Washington – Die Frau behauptet, dass satanische Demokraten und Hollywoodgrößen einen Kindesmissbrauchsring betreiben. Sie unterstützte einen Aufruf zur Exekution von Parlamentssprecherin Nancy Pelosi. Das Schulmassaker in Portland wurde nach ihren Angaben von Waffengegnern inszeniert, und die Waldbrände in Kalifornien, so behauptete sie, seien von einer jüdischen Bankiersfamilie mit einem Laser aus dem Weltall entzündet worden. Doch als Marjorie Taylor Greene am Mittwochabend in der Fraktion der Republikaner das Wort ergriff, wurde sie nach Teilnehmerangaben mit kräftigem Applaus begrüßt.

Erst vor einem Monat ist die 46-jährige Verschwörungsideologin ins Repräsentantenhaus eingezogen. Moderate Republikaner halten sie für „total durchgeknallt“. Doch für den rechtsextremen Flügel der Partei hat die einstige Fitnessstudiobetreiberin schon jetzt Kultstatus.

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Während Mitch McConnell, der Republikanerführer im Senat, vor „abstrusen Lügen und Verschwörungstheorien“ gewarnt und diese als „Krebsgeschwür“ bezeichnet hatte, war sein Kollege Kevin McCarthy, der Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, tagelang hin- und hergerudert, seit die Demokraten forderten, Greene aus dem Bildungs- und dem Haushaltsausschuss abzuziehen. Am Ende distanzierte er sich zwar von Äußerungen, die „nicht die Werte und Überzeugungen der republikanischen Partei“ widerspiegelten, stellte sich ansonsten aber hinter Green. Die fünfstündige Krisensitzung der Republikaner-Fraktion nahm einen bizarren Verlauf: Zwar relativierte die Parlamentarierin aus Georgia, die von Ex-Präsident Donald Trump im Sommer 2020 als „künftiger republikanischen Star“ gefeiert wurde, ihre Unterstützung der Qanon-Verschwörungssekte. Offen distanzierte sie sich aber nicht. Nach der Sitzung bedankte sie sich bei „America-First-Patrioten“, die ihr mehr als 170 000 Dollar Spenden überwiesen hatten.

Liz Cheney von Parteirechten attackiert

Deutlich unangenehmer verlief die Aussprache für eine andere Abgeordnete: Liz Cheney, die konservative Tochter des einstigen Vizepräsidenten Dick Cheney, hatte es gewagt, gemeinsam mit neun anderen Republikanern für die Impeachment-Anklage gegen Trump zu stimmen. Dafür wird sie seither von Parteirechten attackiert, die ihr den Posten als Nummer drei in der Fraktionsführung abnehmen wollen.

Dutzende Abgeordnete meldeten sich Mittwochabend zu Wort. Die Mehrheit kritisierte Cheney scharf. Beobachter werten den Streit über Greene und Cheney als Stellvertreterkrieg, bei dem es um die Richtung der republikanischen Partei geht. Dabei steht Cheney nicht für einen Linksruck. Die 54-Jährige plädiert für Militäreinsätze im Ausland, Haushaltsdisziplin und konservative Familienwerte. Mit ihrer lesbischen Schwester hat sie sich überworfen. Aber Cheney hat sich von Trumps Wahlbetrugslügen und dessen Aufruf zum Sturm auf das Kapitol distanziert. Greene aber gilt in ihrem Heimatstaat Georgia als „Trump auf Stöckelschuhen“, deren populistische und rassistische Reden der Basis gefallen.

Cheneys Verbündete bereiten Coup vor

Bei der Sitzung am Mittwoch konnte Cheney am Ende zwar einen persönlichen Erfolg verbuchen: In geheimer Abstimmung votierten 145 Abgeordnete für ihren Verbleib in der Fraktionsspitze. 61 Kollegen forderten ihre Ablösung. Ihre Gegner haben aber schon angekündigt, dass sie ihr das Mandat bei den Parlamentswahlen in 18 Monaten mit einem rechtsextremen Herausforderer streitig machen wollen.

Die Verschwörungsideologin Greene dürfte ihre Ausschussmandate zwar trotz republikanischer Unterstützung verlieren. Einen entsprechenden Antrag, der mit einfacher Mehrheit beschlossen werden kann, wollten die Demokraten am Donnerstag im Repräsentantenhaus einbringen. Doch ihre Verbündeten bereiten einen Coup vor: Sie fordern – als „Ausgleich“ für die Sanktionierung der Rassistin – die Entfernung der Muslimin Ilhan Omar aus dem Auswärtigen Ausschuss.

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