Von Elmau nach MadridWas beim Nato-Gipfel ansteht

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan schüttelt NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg die Hand.

Wenn sich die Spitzen der 30 Nato-Staaten am Mittwoch in der spanischen Hauptstadt Madrid treffen, dann sind dabei viele Augen auf einen gerichtet: Kanzler Olaf Scholz als Vertreter des zentralen Nato-Staates Deutschland. Dabei geht es um mehrere Themen – wichtige und weniger wichtige.

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Bundeskanzler Olaf Scholz trifft auf dem Luftwaffenstützpunkt Torreon in Madrid ein.

Zunächst will Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg mehr Geld von den Mitgliedstaaten, etwa für die Hauptquartiere. Aktuell bekommt der Norweger 2,5 Milliarden Euro pro Jahr. Er möchte diese Summe verdoppeln. Das würde für Deutschland mit seinem Anteil von 16,5 Prozent am Gesamtetat für die kommenden acht Jahre eine Milliarde Euro zusätzlich bedeuten. Das seien „keine Peanuts, aber auch nichts, was uns überfordert“, heißt es dazu in Regierungskreisen.

Stoltenberg will Nato Response Force aufstocken

Stärker ins Gewicht fallen die konkreten militärischen Konsequenzen des russischen Angriffs auf die Ukraine. Stoltenberg möchte die Nato Response Force (NRF) von jetzt 40.000 Soldatinnen und Soldaten auf über 300.000 aufstocken; die Einheiten sollen robust und im Notfall rasch einsatzfähig sein – sprich: schnell verlegt werden können. Die Bundeswehr stellt dafür von 2022 bis 2024 rund 16.000 Frauen und Männer. In Litauen ist Deutschland bereits lead nation.

Der ehemalige Generalsinspekteur der Bundeswehr und Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, Harald Kujat, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Man kann nicht 300.000 Mann auf ein gleiches militärisches Niveau bringen und in ständiger Einsatzbereitschaft halten.“ Dennoch sei die NRF das richtige Instrument. Entscheidend sei, dass sich Deutschland langfristig an seine militärischen Verpflichtungen halte – über das Sondervermögen für die Bundeswehr von 100 Milliarden Euro hinaus.

„Deutschland einen entscheidenden Beitrag leisten“

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul, sagte dem RND: „Die Nato wird bedroht wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Deshalb muss das ein Gipfel der Stärke werden. Dazu sollte Deutschland einen entscheidenden Beitrag leisten. Militärisch, indem wir die stärkste konventionelle Kraft des Bündnisses werden, und politisch, indem wir zusammenführen.“

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Ein drittes Thema wird der Umgang mit China. Denn während Russland spätestens seit Beginn des Angriffs am 24. Februar als Gegner gilt, wollen etwa Deutschland und Frankreich China so nicht sehen – auch wenn die Führung in Peking jene in Moskau unterstützt. Man betrachte China „nicht als Bedrohung“, sagen sie in der Bundesregierung.

Verhältnis der Nato zu China

Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, warnt ebenfalls. „Der Nato-Gipfel muss aufpassen, dass sich die Nato nicht verzettelt“, sagte er dem RND. „Gerade die Drohung aus Russland zeigt ja, dass die Nato im Kern ein System der Bündnisverteidigung im Nordatlantischen Raum ist. Gerade weil südostasiatische Staaten zum Nato-Gipfel eingeladen sind, gilt es, das Verhältnis der Nato zu China dabei realistisch zu gestalten - als Wettbewerber, systemischer Rivale wie Partner.“

Kujat stellte fest: „Es ist eine neue Weltordnung der rivalisierenden großen Mächte entstanden aus den USA, China, Russland und mit einigem Abstand der Europäischen Union. Die Vereinigten Staaten versuchen dabei, sich die Nato im Konflikt mit China an die Seite zu stellen. Ich sehe das kritisch. Wir müssen uns als Europäer selbst behaupten.“

Fast unumstritten ist die Aufnahme Finnlands und Schwedens in das Bündnis – zumindest bei den Deutschen. Kanzler Scholz hat sie von Anfang an unterstützt. Nur einer blockt: Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan. Wie die Sache ausgeht, ist offen – und wird in Madrid wohl eher nicht entschieden.

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