Sperrungen über ein JahrPilotprojekt gegen Elterntaxis startet an Kölner Grundschule

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Zwei Kinder fahren mit dem Fahrrad über die Straße, die mit einer Bake für den Autoverkehr gesperrt ist.

Auf der Lindenbornstraße sollen Kinder jetzt sicherer zum Unterricht kommen – möglichst ohne Elterntaxi.

An einer Grundschule in Köln-Ehrenfeld wird zu Schulbeginn und -schluss nun die Straße für den Autoverkehr gesperrt – auch für Anwohner.

Lange haben Eltern und Kinder gegen das Chaos durch Elterntaxis gekämpft, jetzt ist die geforderte Schulstraße an der Vincenz-Statz-Grundschule und der benachbarten Lindenborn-Grundschule in Köln-Ehrenfeld da. „Ich freue mich, dass wir dieses Pilotprojekt nach langen Voraktivitäten starten können“, sagt Ascan Egerer, Kölner Verkehrsdezernent.

Schon 2021 wurde das Konzept an der Schule in Form einer Aktionswoche getestet. Das soll nun ein Jahr lang geschehen. Damit gehört das Projekt bundesweit zu den Ausnahmen, denn längerfristige Schulstraßen gibt es in Deutschland kaum.

Am Montagmorgen wurde die Lindenbornstraße zwischen der Fröbelstraße und Sömmeringstraße um 7.45 Uhr zum ersten Mal für den Autoverkehr gesperrt. Dies wird nun immer an Schultagen zu Schulbeginn bis 8.30 Uhr und zu Schulschluss von 14.45 Uhr bis 15.15 Uhr geschehen. Eine Woche später, am 6. März, soll die Umsetzung für die Maria-Montessori-Grundschule in Ossendorf folgen. Ist das Projekt erfolgreich, könnte es Vorbild für weitere Schulen in Köln werden. 

Patric Stieler, Karin Leusner und Ascan Egerer stehen neben der Bake, die die Straße absperrt. Im Hintergrund steht ein Mann auf einer Leiter neben einem Schild, das die Zufahrt verbietet.

Patric Stieler, Karin Leusner und Ascan Egerer (von links nach rechts).

Ziel ist es, den Schulweg für Kinder sicherer zu machen. „Wir wollen die Sicherheit vor der Schule verbessern und außerdem nachhaltige und umweltfreundliche Mobilität fördern“, so Egerer. Dadurch, dass die Grundschülerinnen und -schüler zumindest einen Teil ihres Weges alleine oder in Gruppen mit anderen Kindern zurücklegen, sollen sie Selbstständigkeit lernen. Bei allem Verständnis, das er für Eltern habe, die ihre Kinder sicher zur Schule bringen wollen, müsse der Kreislauf der Elterntaxis durchbrochen werden. Denn: Mehr Elterntaxis bedeuten durch ein hohes Verkehrsaufkommen und Chaos auf der Straße eine erhöhte Gefahr für die Kinder – das widerum führt dazu, dass Eltern sie nicht alleine auf den Schulweg schicken wollen.

Schulstraßen-Projekt soll Sicherheit und Vorteile für Kinder bringen

Mit dem temporären Durchfahrtsverbot soll das nun gelöst werden. Die Karin Leusner, Schulleiterin der Vincenz-Statz-Grundschule, betont, dass es sich bei dem Projekt nicht um eine Aktion der Schule handelt, sondern um eine Initiative der Eltern, hinter der auch die Lehrer stehen: „Wir haben immer die Sorge, dass etwas passiert. Wir sind froh, dass es endlich möglich ist zu gucken, ob die Schulstraße da Sinn ergibt“, sagt Leusner. Sie ist optimistisch: „Ich bin überzeugt, dass das eine gute Sache ist.“ Die Schulkinder lernten so nicht nur, sich im Straßenverkehr zurechtzufinden, sie bewegen sich auch mehr an der frischen Luft, so Leusner. „Das ist gut fürs Hirn. Die Kinder kommen ganz anders an.“

Ein weiterer positiver Nebeneffekt laut der Schulleiterin: Die Kinder haben die Erfahrung gemacht, dass sich Demonstrieren und für das Einzustehen, was ihnen wichtig ist, lohnt. Sie scheinen sich jedenfalls zu freuen: Mit Kreide haben sie am Montagmorgen „Endlich Schulstraße“ auf den Asphalt vor dem Schuleingang gemalt und spielen, tanzen und hüpfen über die freie Straße. 

Kölner Grundschule: Eltern helfen bei Straßensperrungen

Neue Schilder verweisen auf das Verbot, zusätzlich sollen Baken Autofahrer aufhalten. Diese müssen jeden Morgen und jeden Nachmittag auf die Straße und wieder zurückgestellt werden. Das sollen in Arbeitsteilung die Eltern übernehmen. Als Dauerlösung ist das wenig praktikabel. „Das ist sicherlich ein Thema, das es zu evaluieren gilt“, sagt Patric Stieler, Leiter des Amts für Verkehrsmanagement. Dafür ist der auf ein Jahr ausgelegte Versuch da: Erfahrungen, Meinungen und Verbesserungsvorschläge sammeln. Dazu hat die E-Mail-Adresse schulstrasse@stadt-koeln.de eingerichtet.

Ein Verkehrsschild zeigt die Zeiten, zu denen die Zufahrt verboten ist.

In bestimmten Zeiten ist die Zufahrt für Autos zur Lindenbornstraße verboten.

Die Sperrung gilt in den entsprechenden Zeiten auch für Anwohner, die zwar aus der Straße raus-, aber nicht reinfahren dürfen. Das gefällt nicht allen. Sebastian H. wohnt in einer Seitenstraße und ist damit zwar nicht unmittelbar betroffen. Weil er aber keinen eigenen Stellplatz für sein Auto hat, ist er auch auf die Parkplätze vor der Schule angewiesen. „Das beeinflusst meinen Alltag“, sagt H.. Ihn ärgert es, dass Anwohner zu den betroffenen Uhrzeiten nicht zu den Parkplätzen gelangen können. „Nachhaltige Stadtentwicklung sieht für mich anders aus.“ 

Er befürchtet etwa, durch die Sperrung länger nach einem Parkplatz suchen zu müssen und dadurch mehr Sprit zu verfahren. Eine Sondererlaubnis für Anwohner wäre für ihn eine Lösung.  Schulleiterin Leusner meint, dass auch Anwohner von der Regelung profitieren, da die Lindenbornstraße oft als Durchgangsstraße genutzt werde. „Elterntaxis sind nicht das einzige Problem. Es ist der gesamte Verkehr“, sagt sie und hofft, dass sich das allgemeine Durcheinander durch die Sperrung lichtet.

Durch eine Straßensperrung lösen sich die Elterntaxis nicht in Luft auf.
Holger Küster, Geschäftsführer Automobil-Club Verkehr

Kritik kommt auch vom Automobil-Club Verkehr (ACV). Zwar begrüße man die Initiative grundsätzlich, heißt es in einer Pressemitteilung. Aber gleichzeitig bemängelt der ACV die Vorbereitung des Versuchs. Es habe offenbar niemand geprüft, welche Verkehrsmittel die Kinder tatsächlich bevorzugt nutzen, an welchen Straßenabschnitten unübersichtliche Situationen entstehen und wo Eltern ihre Kinder sicher absetzen können. „Durch eine Straßensperrung lösen sich die Elterntaxis nicht in Luft auf. Das Projekt verfehlt sein Ziel, wenn Eltern ihre Kinder künftig bis zur Absperrung vorfahren und dann dort für gefährliche Verkehrsbehinderungen sorgen“, so ACV-Geschäftsführer Holger Küster. Nach den Verkehrsversuchen auf der Venloer Straße und der Deutzer Freiheit könne sich die Stadt Köln keinen weiteren Test erlauben – noch dazu mit Kindern als Versuchspersonen.

Die Stadt Köln steht hinter dem Projekt. Sprecher Robert Baumanns fasst das Credo des Pilotprojekts zusammen: „Wenn man nie etwas probiert, dann ändert sich auch nie etwas.“


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