FC vor Hinspiel gegen KielVerkehrte Gefühlswelt in der Relegation

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Die FC-Profis Kingsley Ehizibue (v.l.), Sebastian Andersson, Ellyes Skhiri und Sebastiaan Bornauw vor dem Abschlusstraining am Dienstag

Köln – Friedhelm Funkel wirkte auch am Dienstagmittag, nur einen Tag vor dem ersten Relegationsspiel gegen Holstein Kiel (18.30 Uhr/Dazn), wie die Ruhe selbst und strahlte viel Zuversicht aus. „Die Stimmung bei uns ist sehr gut. Wir sind überzeugt, dass wir es schaffen und die Klasse halten. Wenn wir gleich gut ins Spiel kommen, dann wird es schwierig für Kiel“, sagte der Trainer des 1. FC Köln vor der Abfahrt des Teams ins Mannschaftshotel, das wiederum das Schlosshotel in Bensberg ist, das dem Bundesligist bereits als Quarantäne-Quartier gedient hatte. „Das Schloss hat uns Glück gebracht. Alles war perfekt“, schob der erfahrene Trainer hinterher.

Holstein schleppt sich ins Ziel

Vor der Relegation herrscht eine verkehrte Gefühlswelt: Meistens ist es der Bundesligist, der mit Abstiegsangst und Enttäuschungen im Gepäck in die Duelle geht, während der Zweitligist im Aufwind ist und euphorisch auf seine Aufstiegschance lauert. Doch die Entwicklung der letzten beiden Wochen hat die Stimmungslage  gedreht. Der FC, der nach der 0:3-Niederlage im Derby bei Bayer 04 Leverkusen  bereits vier Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz hatte und auch danach am Abgrund stand, hat nach dem 1:0-Sieg im Bundesliga-Finale gegen Schalke 04 plötzlich wieder Oberwasser. Die Kölner sind unisono überzeugt, dass sie den Klassenerhalt schaffen. Und Funkel lebt diese Überzeugung vor.

Die Kieler wiederum scheinen nach dem verspielten Direkt-Aufstieg mit zwei Niederlagen zum Abschluss und angesichts eines harten Programms im vergangenen Monat mental wie körperlich in den Seilen zu hängen. Der Substanzverlust bei den „Störchen“, die bis vor kurzem eine beeindruckende Runde gespielt hatten und nach dem Coup gegen den FC Bayern erst im Halbfinale des DFB-Pokals vom anschließenden Gewinner  Dortmund gestoppt wurden, macht sich zunehmend bemerkbar.

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Doch Funkel warnte seine Mannschaft davor, auch nur einen Deut nachzulassen. „Natürlich haben die Kieler jetzt zweimal die Chance zum Aufstieg nicht nutzen können. Aber wir dürfen trotzdem nicht damit rechnen, dass sie niedergeschlagen sind. Wir bereiten uns auf eine „Jetzt erst recht!“-Stimmung bei Kiel vor. Wir dürfen es deshalb nicht zulassen, dass sie gut ins Spiel kommen.“

Özcan kennt die Kieler bestens

Diese Herangehensweise hat Salih Özcan bereits verinnerlicht. „Wir müssen dominant auftreten, das Spiel bestimmen – so wie gegen Schalke. Dann haben wir eine sehr gute Chance“, sagte der Kölner Mittelfeldspieler, der die Mannschaft der Schleswig-Holsteiner am besten kennt. In der vergangenen Saison, die erst im Juni endete, war der 23-Jährige an die Kieler ausgeliehen („Eine schöne, erfolgreiche Zeit, die ich nicht missen möchte“), arbeitete dort mit Trainer Ole Werner und etlichen Spielern zusammen. „Die Kieler haben eine spielerisch sehr gute Mannschaft, die ihrer Philosophie gegen jeden Gegner treu bleibt. Kiel versucht alles spielerisch zu lösen. Trainer Ole Werner hat eine klare Spielidee, die er der Mannschaft gut vermitteln kann und die er auch durchzieht. Natürlich haben die Kieler vor allem wegen ihrer Quarantäne-Zeit eine anstrengende und schwere Saison hinter sich. Wir sind sicher Favorit, aber wir sicher nicht den Fehler begehen, Holstein zu unterschätzen“, sagte Özcan, der nach seinem ordentlichen Auftritt gegen Schalke erneut in der Startelf erwartet wird.

Obwohl dem Gast mit  Alexander Mühling und Jonas Meffert zwei wichtige Spieler fehlen würden, weiß Özcan um die Qualitäten des Zweitligisten, insbesondere in der Offensive. „Die Kieler haben noch genügend andere, auf die wir richtig aufpassen müssen. Ich denke da vor allem an Janni Serra und Fin Bartels, über die im Angriffsspiel fast alles läuft“, erklärte der U-21-Nationalspieler, der wie Teamkollege Ismail Jakobs am 30. Mai zur DFB-Auswahl nach Ungarn nachreist, die einen Tag später im EM-Viertelfinale auf Dänemark trifft.

Funkels Karriere endet am Samstag

Zukunftsmusik. Am Mittwoch wird es noch weitere Wiedersehen geben. Kölns Abwehrchef Rafael Czichos absolvierte zwischen 2015 und 2018 111 Pflichtspiele für Kiel, Dominick Drexler zwischen 2016 und 2018 71.   Und seit Saisonbeginn trägt Niklas Hauptmann das Trikot der Kieler, der FC hat den 24-jährigen Mittelfeldspieler bis Saisonende an Holstein ausgeliehen. Hauptmann dürfte für den gesperrten Mühling auch in die Startelf des Zweitligisten zurückkehren.

Funkel wird sicher über den einen oder anderen Hinweis seiner FC-Profis mit Kieler Vergangenheit dankbar sein, aber der 67-jährige Trainer mit der Erfahrung aus einem halben Jahrhundert Bundesliga weiß selbst genau, wie er seine Mannschaft taktisch und mental vorbereiten muss. Schafft er es, die Kölner nach dann insgesamt acht Spielen in der Bundesliga zu halten, hätte er sich am Geißbockheim ein kleines Denkmal verdient und den bestmöglichen, würdigen Abschluss seiner Trainerkarriere. Sicher ist, dass er unabhängig des Ausgangs ab Sonntag wieder in den Ruhestand zurückkehren und Anfang Juni mit seiner ganzen Familie zu einem lange geplanten Tripp in die Berge aufbrechen wird. Doch bevor Funkel Höhenflug schnuppert, will er ganz bodenständig seine zweite Mission in Köln zu Ende bringen.

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