1. FC Köln und HerthaEin Geisterspiel-Schrecken ohne Ende

Lesezeit 6 Minuten
Neuer Inhalt

Zwei Trainer unter Druck: Herthas Bruno Labbadia (l.) und FC-Coach Markus Gisdol

Köln/Berlin – Nicht nur der 1. FC Köln hat in diesen Tagen erhebliche fußballerische Probleme. Auch der kommende Gegner gerät immer tiefer in die Krise. Hertha BSC, der mit den Millionen von Investor Lars Windhorst ausgestattete, selbst ernannte „Big City Club“, kann mit den eigenen hohen Erwartungen  nicht schritthalten. Durch die 0:1-Niederlage bei Aufsteiger Bielefeld verloren die Berliner nicht nur weiter den Anschluss ans Mittelfeld, sondern geraten in den Abstiegskampf. Auch für den FC hatte das Ergebnis Folgen, er rutschte hinter Arminia auf Platz 16, den Relegationsrang. Begünstigt hatten dies die Kölner allerdings durch ihr eigenes Versagen beim 0:5 in Freiburg.

Wie beim FC war es aber auch bei Hertha nicht der Trainer, der die erschreckend schwache Leistung mit den richtigen Worten einordnete. Am deutlichsten wurden die Spieler. Das ist kurios, denn es klang fast so, als ob sie nicht beteiligt gewesen wären. „Wir müssen mit unserer Qualität einfach insgesamt mehr auf den Platz bekommen. Für so einen Auftritt gibt es bei unseren Ansprüchen keine Ausreden, das ist schwer zu erklären“, sagte Herthas Maximilian Mittelstädt. Und Nationalspieler Niklas Stark monierte: „Wenn wir Gegenwehr bekommen, müssen wir besser mit ihr umgehen. Daraus müssen wir dringend lernen und die entsprechenden Schlüsse ziehen.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Herthas Trainer Bruno Labbadia wollte  seine Mannschaft – ähnlich wie FC-Coach Markus Gisdol einen Tag zuvor – nicht öffentlich kritisieren. Mit dem Abstiegskampf wollte sich der Kölner Ex-Profi nach dem erneuten Rückschlag erst gar nicht beschäftigen. Auf die Frage, ob dieser  begonnen habe, antwortete Labbadia jedenfalls: „Wir haben vor allem die große Möglichkeit verpasst, den Anschluss nach vorne herzustellen.“ Wegen der verlorenen Zweikämpfe in den entscheidenden Momenten könne man sich zwar in den Allerwertesten beißen, dennoch wollte der Coach nur nach vorne blicken: „Wir haben bewusst den Ansatz gewählt, dass wir die Lust aufs Gewinnen entwickeln müssen und weniger Angst vorm Verlieren haben dürfen.“

Der Druck auf Gisdol und Labbadia nimmt zu

Aber was Labbadia und Gisdol auch sagen: Sie müssen damit klarkommen, dass der Druck auf sie zunimmt. Die Faktenlage spricht nicht unbedingt für sie. Gisdol ist aktuell der amtierende Trainer mit der schlechtesten Punktausbeute in der Saison (0,73 Punkte im Schnitt), Labbadias Bilanz (1,07 Zähler) ist nicht viel besser. Seit dem Neustart der Bundesliga mit Geisterspielen hat Gisdol mit dem FC sogar nur 0,625 Punkte oder 15 Zähler in 24 Bundesligaspielen geholt. Labbadia kommt in diesem Zeitraum auf einen Wert von 1,21 Punkten im Schnitt (29 Zähler).

Windhorsts große Investitionen in Hertha

Bisher haben sich die Investitionen der Berliner kaum rentiert, die der    Unternehmer Lars Windhorst der Hertha im großen Stil ermöglicht. Laut Medienberichten soll Windhorst bereits 274 Millionen Euro in den Klub gesteckt haben. Alleine seit der Transferperiode im vergangenen Winter zahlte der Hauptstadt-Klub Ablösen in Höhe von insgesamt rund 110 Millionen Euro.

Von diesen Summen kann der FC  zwar nur träumen.  Doch während er im vergangenen Winter lediglich ablösefreie Spieler holte, gab er in dieser Saison immerhin rund 17 Millionen Euro für Neuzugänge aus. Das ist das siebtgrößte Budget aller Bundesliga-Klubs. Möglich wurde dies vor allem, weil die Kölner rund 15 Millionen Euro Ablöse aus Berlin  für Jhon Córdoba kassierten.

Dessen Vertrag beim FC lief ursprünglich nur noch neun weitere Monate bis zum 30. Juni 2021. Zwar ein gutes Geschäft für den FC, doch die Torgefahr und die Wucht des Stürmers fehlen dem Team deutlich. Der Kolumbianer fiel bei seinem neuen Klub zwar noch nicht sonderlich auf und fiel zwischen dem achten und 13. Spieltag aufgrund einer Bänderverletzung aus, doch mit vier Toren in neun Partien deutete Córdoba sein Potenzial zumindest an. Da der FC zudem  Simon Terodde zum Hamburger SV ziehen ließ, müssen es in dieser Saison im Angriff Sebastian Andersson, Anthony Modeste oder notfalls Ondrej Duda als „falsche Neun“ richten.

Doch das funktioniert derzeit nicht. Modeste ist in der aktuellen Verfassung keine große Hilfe. Seit seiner Rückkehr aus China hat der  32-Jährige zehn Tore in 43 Ligaspielen erzielt, davon sechs in der Zweiten Liga. Seit dem 7. Juni (beim 1:1 in Augsburg) wartet der von Verletzungen geplagte Franzose auf einen Treffer in der Bundesliga. Und Andersson entwickelt sich immer mehr zum Torjäger der traurigen Gestalt. Nach ordentlichem Saisonbeginn mit zwei Toren und einer Vorlage geht seit Mitte Oktober beim Schweden nichts mehr.

Eine Rückkehr von Andersson ist nicht in Sicht

Der Angreifer fällt im Prinzip seit einem kleinen Eingriff am Knie  in der Länderspielpause aus. Und eine baldige Rückkehr  ist nicht in Sicht,  sagte Sportchef Horst Heldt: „Bei Sebastian geht es in der ersten Phase um Ruhe, damit sich das Knie regeneriert. Es ist für ihn schwierig, Ruhe in den Körper zu bekommen und sich gleichzeitig fit zu halten. Es werden viele Maßnahmen ergriffen, um in der Pause nicht ganz so viel Fitness zu verlieren.“ Mit Andersson ist  also vorerst nicht zu rechnen.

Seine Mannschaft wartet derweil seit 395 Minuten auf einen Treffer in der Bundesliga. Auf der anderen Seite fielen sie gleichwohl reichlich: 0:10 lautet die Kölner Tordifferenz aus den letzten vier Spielen im Oberhaus. Sportchef Heldt ist eigentlich gezwungen, noch mal auf dem Transfermarkt tätig zu werden. Doch zum einen hat der FC  mit 30 Spielern ohnehin schon genug Profis im Kader, zum anderen verfügt er nicht über die finanziellen Mittel für eine Verpflichtungsoffensive.

Dennoch verfällt der Manager nicht in den Winterschlaf. Die Frage nach Verstärkungen sei  berechtigt, sagt Heldt: „Dabei gilt es immer zu eruieren, was unsere eigenen Möglichkeiten sind und was sich anbietet. Wir haben sowieso zu viele Spieler auf dem Platz und zu viel Quantität im Kader.“ Diese Qualität konnte Gisdol aber entweder zuletzt nicht aus den Spielern herauskitzeln. Oder sie ist vielmehr gar nicht in dem Maß vorhanden.

DEVK bleibt dem FC treu

Der 1. FC Köln hat den Vertrag mit Trikotärmel-Sponsor DEVK bis 2025 verlängert. Bereits  seit 2017 besteht eine Partnerschaft mit dem in Köln ansässigen Versicherer. „Wir teilen dieselben Werte, was man auch daran sieht, wie die DEVK die Arbeit unserer Stiftung unterstützt. Auch beim Diversity-Spieltag Samstag gegen Hertha zeigt die DEVK wieder mit uns Flagge“, sagt FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle.  DEVK-Chef Gottfried Rüßmann: „Wir unterstützen mit dem Sponsoring einen Verein, in dem dasselbe Herzblut steckt, das gleiche Heimatgefühl. Auch in Zukunft möchten wir ein verlässlicher Partner sein.“ Die DEVK zahlt dem FC bisher rund 2,1 Millionen Euro pro Saison. (ksta)

KStA abonnieren