Kölns Thomas Kessler„Eintracht Frankfurts Entwicklung hat Vorbildcharakter“

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Thomas Kessler dirigiert in der Saison 2011/12 im Tor von Eintracht Frankfurt im Zweitliga-Spiel gegen den FC St. Pauli die Mitspieler.

Thomas Kessler in der Saison 2011/12 im Tor von Eintracht Frankfurt im Zweitliga-Spiel gegen den FC St. Pauli

Der kommende FC-Gegner Frankfurt spielte 2012 in der 2. Bundesliga und noch 2016 in der Relegation. Kölns Lizenzspielerleiter Thomas Kessler spricht über seine Zeit im Eintracht-Tor und die rasante Entwicklung der Hessen.

Thomas Kessler verbindet man ausnahmslos mit Köln und dem FC. Zumindest gefühlt. Schließlich ist der 37-Jährige seit insgesamt 21 Jahren im Verein: Aus dem in Köln geborenen Jugendspieler wurde der Profi-Torhüter, aus dem Profi nach dem Karriereende schließlich der Manager, der heute die Lizenzspielerabteilung leitet. Man könnte retrospektiv fast vergessen, dass Kessler auch mal fremdgegangen ist: auf der Reeperbahn, denn in der Saison 2010/11 war der Keeper an den FC St. Pauli ausgeliehen. Und ein Jahr später dann an Eintracht Frankfurt, den kommenden Gegner des 1. FC Köln am Sonntag (17.30 Uhr, Dazn).

Der hat eine beeindruckende Entwicklung hinter sich. Die Hessen zählen mittlerweile zu den Top-Teams der Liga, feierten 2018 den Gewinn des DFB-Pokals und 2022 nach epischen Spielen und sagenhafter Fan-Unterstützung den der Europa League. Eintracht Frankfurt 2023, das ist ein erfolgreicher Traditionsverein mit einer hervorragenden Perspektive.

Doch als Kessler 2011/12 bei der SGE unter Vertrag stand, schien dieser steile Aufstieg weit entfernt. Die Realität hieß Abstieg aus dem Fußball-Oberhaus. Die „Schockstarre“, so erinnert sich Kessler, sei damals im Umfeld der Eintracht groß gewesen. Denn in der Saison zuvor war nach einer starken Hinrunde mit 26 Punkten und Platz sieben ein beispielloser Absturz gefolgt. Eintracht holte in 17 Partien acht Punkte und stieg als Vorletzter ab.

Alles zum Thema Steffen Baumgart

„Keiner in Frankfurt hatte damit gerechnet, sich mit der 2. Bundesliga auseinandersetzen zu müssen. Das spürte man dann auch in der Vorbereitung und zu Beginn der Saison. Doch am Ende hat die Mannschaft den Aufstieg relativ souverän geschafft. Dass das kein Selbstläufer ist, sieht man ja an den Beispielen anderer Traditionsclubs“, weiß Kessler auch aus Kölner Erfahrung. 2015/16 musste Eintracht noch einmal in die Relegation und überstand diese, doch ab 2016, als erst Trainer Niko Kovac anheuerte, dann Fredi Bobic Vorstand Sport und Ben Manga Chefscout wurden, ging es rasant aufwärts.

Kessler: „Eintracht hat seitdem Geschichte geschrieben. Es ist beeindruckend, was die Frankfurter in den letzten zehn Jahren erreicht haben. Absehbar war das zu meiner Zeit bei der Eintracht nicht. Doch der Klub hat es mit Kontinuität und Stabilität in der Führungsebene, den richtigen Personalentscheidungen und einem guten Umfeld geschafft, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln. Das verdient großen Respekt und hat Vorbildcharakter. Von außen beurteilt, machen die Verantwortlichen dort einen sehr guten Job“, lobt Kessler den Kontrahenten, der auch zum Vorbild für den 1. FC Köln taugen dürfte, schließlich sind die Vereine aus den Großstädten aufgrund ihrer Tradition, Anhängerschaft, ihres Umfelds und auch ihres Werdegangs durchaus miteinander vergleichbar.

Weltmeister Götze blüht wieder auf

Vor der aktuellen Saison, so Kessler, habe Eintracht den Kader noch einmal deutlich verstärkt. Stürmer Randal Kolo Muani (24), ablösefrei aus Nantes gekommen, wurde zum Volltreffer, Winter-Leihgabe Philipp Max (29) scheint die ideale Lösung für die linke Seite zu sein, und Weltmeister Mario Götze (30) blüht im Trikot der SGE auf. „Mario ist nach seiner Rückkehr nach Deutschland wieder auf dem Leistungsstand, den er zu seiner besten Zeit hatte. Es spricht für die Eintracht, dass sie in der Lage ist, einen Spieler mit dieser herausragenden Qualität zu verpflichten und für den Trainer, ihn wieder dahin zu bringen, die alte Leistungsstärke abzurufen“, schätzt Kessler auch Adler-Coach Oliver Glasner.

Sein Kölner Pendant Steffen Baumgart war am Dienstag im Frankfurter Stadion, als Eintracht im Pokal-Achtelfinale gegen Darmstadt gewann (4:2) und Kolo Muani und Götze wirbelten. „Es macht Spaß, beiden beim Fußballspielen zu sehen. Wenn man sie lässt, sind solche Spieler zu besonderen Leistungen fähig. Man kann sie nicht stoppen“, befand Baumgart, der das mit seiner Truppe im Kollektiv dennoch probieren wird. Und zwar im gewohnten Attacke-Modus: „Wir werden unseren Vollgas-Fußball spielen.“ Auch Baumgart zeigte sich angetan von der Entwicklung der Hessen. „Frankfurt ist ein Beispiel für kontinuierliche Arbeit. Daran arbeiten auch wir intensiv, wir sollten dabei aber unseren eigenen Weg gehen. Was sich Frankfurt aufgebaut hat, ist aber schon beachtlich. Beide Klubs haben so um die 125000 Mitglieder. Es ist schön, dass es noch Traditionsvereine gibt, die sich positiv entwickeln.“

Denn auch der FC hat in der Ära Baumgart einen Sprung nach vorne gemacht, favorisiert sind allerdings die Gäste. Während Glasner personell aus dem Vollen schöpfen kann und der zuletzt angeschlagene Jesper Lindström einsatzfähig ist, muss Baumgart auf zwei weitere Spieler verzichten. Davie Selke bleibt das Verletzungspech treu, die Nachwirkungen seiner Knie-Blessur lassen noch keinen Einsatz zu. Zudem fällt auch Dejan Ljubicic aus, dessen Mandelentzündung mit einem Antibiotikum behandelt wird. Die Ausfälle ändern nichts an Baumgarts Vorfreude auf ein „hoch emotionales Spiel. Geiler als am Sonntag kann Fußball eigentlich nicht werden.“

Voraussichtliche Aufstellungen:

1. FC Köln: Schwäbe - Schmitz, Hübers, Chabot, Hector - Martel, Skhiri - Maina, Huseinbasic, Kainz - S. Tigges.- Eintracht Frankfurt: Trapp - Tuta, Hasebe, Ndicka - Buta, Kamada, Sow, Max - Lindström, M. Götze - Kolo Muani.

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