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Skhiri vor AbschiedEin Weggang, der auch bei den FC-Fans auf Verständnis träfe

Lesezeit 5 Minuten
Ellyes Skhiri (r.) und Nikola Soldo applaudieren den FC-Fans nach dem Spiel gegen RB Leipzig.

Ellyes Skhiri (r.) und Nikola Soldo applaudieren den FC-Fans nach dem Spiel gegen RB Leipzig.

Ellyes Skhiri wird nach vier Jahren den 1. FC Köln im Sommer fast sicher verlassen. Der Leistungsträger und WM-Fahrer geht offen mit seiner Situation um.

Es gibt Fußballprofis, die küssen nach Toren das Trikot-Emblem ihres Vereins, schwören ihm die Treue, faseln von Liebe – und sind dann beim erstbesten Angebot eines anderen Klubs weg. Dann gibt es die Sorte, die spielen Stille Post, schweigen sich über ihre Zukunft aus – und provozieren dann unmittelbar vor Schließung des Transferfensters doch ihren Wechsel. Zudem gibt es solche, die – wie beim 1. FC Köln vor nicht allzu langer Zeit geschehen – permanent mit ihrem vorzeitigen Abschied kokettieren, sich nicht genug wertgeschätzt fühlen – und dann nach ihrem Abgang an neuer Wirkungsstätte nicht glücklich wirken und sogar larmoyant werden.

Und dann gibt es Ellyes Skhiri.

Der 27 Jahre alte Leistungsträger des 1. FC Köln hat solche Mätzchen weder nötig, noch hat er sie je praktiziert. Bei ihm weiß man, woran man ist. Der tunesische WM-Fahrer macht keine Versprechungen, die er am Ende ohnehin nicht halten kann. Er gaukelt keine übertriebene Vereinsliebe vor, verliert sich nicht in Gefühlsduselei. Sondern er erklärt ehrlich seine Situation und schenkt reinen Wein ein, der aus seiner Geburtsregion Okzitanien gilt übrigens als hervorragend. Und man nimmt Skhiri nicht nur ab, dass er bis zum letzten Tag alles für seinen Noch-Arbeitgeber geben wird, sondern man sieht es bei ihm – in jedem Spiel. Und deshalb werden die Fans Verständnis für Skhiris Weggang aufbringen.

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Der Leistungsträger der Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart wird den 1. FC Köln im kommenden Sommer nach vier Jahren verlassen. Das ist zwar noch nicht offiziell, dennoch gibt es daran keine Zweifel mehr. Sein Vertrag läuft aus, Skhiri ist zudem in einem Alter, in dem er den „nächsten Schritt“ gehen will, wie es im Profifußball so oft heißt. Womöglich beim kommenden FC-Gegner Eintracht Frankfurt (Sonntag, 17.30 Uhr), bei dem er jedenfalls als Neuzugang heiß gehandelt wird.

Nach dem Training am Donnerstag am Geißbockheim sprach der WM-Teilnehmer über seine Situation und Zukunft. Und zwar genau in der Art und Weise, wie man es von ihm kennt. Dass sein Abschied aus Köln bevorsteht, ließ der laufstarke Mittelfeldspieler klar durchblicken: „Dieser Sommer kann ein wichtiger Moment in meiner Karriere werden. Ich weiß nicht, was passieren wird. Ich kann nicht sagen, dass es vorbei ist. Aber mein Wunsch ist es, etwas Neues zu probieren, neue Ziele zu erreichen und Träume zu erfüllen. Ich möchte in einem europäischen Wettbewerb spielen.“

Skhiris Ziele und Träume

Mit dem FC sei er stets im offenen Austausch, er habe bereits mit Geschäftsführer Christian Keller und Baumgart gesprochen: „Sie kennen meine Ambitionen. Sie wissen um meine Absicht, weiterkommen und vielleicht etwas Neues ausprobieren zu wollen. Doch bis hierhin habe ich alle Anfragen abgeblockt. Auch in der letzten Saison, weil keine Option meinen Ambitionen entsprach und es kein wirklicher Schritt in meiner Entwicklung gewesen wäre. Ich habe mich dazu entschieden, hierzubleiben. Ich habe einen tollen Klub, tolle Personen kennengelernt und eine Atmosphäre, mit diesem Stadion und diesen Fans, die ich nie vergessen werde.“ Und er betonte immer wieder: „Ich möchte die Saison hier bestmöglich zu Ende bringen.“

In der erst vor wenigen Tagen zu Ende gegangenen Transferperiode wollte Olympique Lyon ihn verpflichten. „Ja, das ist wahr“, bestätigte Skhiri. Der Tunesier sprach auch mit dem Trainer und den Verantwortlichen des Traditionsklubs von der Rhone, das Angebot schmeichelte ihm, doch es kam zum falschen Zeitpunkt. Lyon ist derzeit nur Neunter und droht den Europapokal zu verpassen. „Ich habe abgelehnt. Ich möchte hier beim FC bleiben und die Saison mit meinem Klub beenden. Ich fühle mich hier sehr wohl.“ Den Wechsel 2019 nach Köln habe er ohnehin nie bereut.

Frankfurter Interesse

Doch bald steht ein neuer an, seine Berater loten die Optionen aus. Zur Eintracht führt eine heiße Spur, Skhiri könnte eine Bereicherung für das ambitionierte Team von Trainer Oliver Glasner sein und in dessen Spielsystem passen. Darauf angesprochen, entgegnete Skhiri: „Ich habe natürlich auch die Gerüchte um Frankfurt gelesen. Das ist ein bisschen normal, weil mein Vertrag bald ausläuft. Von meiner Seite gibt es nichts Konkretes.“ Man sehe an den letzten beiden Jahren, was für eine große Entwicklung Frankfurt genommen habe. Skhiri: „Frankfurt könnte ein gutes Projekt sein. Ich kann aber sagen, dass ich noch keinen Kontakt zum Verein hatte.“ Das muss er auch nicht, möglicherweise hat Eintracht bei Skhiris Management das Interesse hinterlegt. Letztlich wisse er aber noch nicht, wohin ab Sommer sein Weg führe. Das Leben in Deutschland und die Bundesliga gefielen ihm jedenfalls.

Vorerst freut sich Skhiri auf die kommenden Spiele mit dem FC – und auf den Fastelovend: „Vielleicht ist es das letzte Mal Karneval für mich hier, die letzte Chance, das noch mal mit meiner Familie zu genießen“, sagte der tunesische Nationalspieler, der im Fall des Abschieds Köln und den FC im Herzen behalten will: „Ich werde Köln nie vergessen, falls ich gehen sollte. Natürlich würde ich mal zu Besuch kommen. Unsere kleine Tochter ist hier geboren, alleine deswegen ist es wichtig, mit Köln verbunden zu bleiben.“ So transparent sich Skhiri gibt und so wichtig er für den FC seit fast vier Jahren ist und noch sein wird, einen Makel gibt es doch: Von Ex-Sportchef Armin Veh für 6,5 Millionen Euro Ablöse aus Montpellier verpflichtet, wird der Leistungsträger die Kölner zum Nulltarif verlassen. Eine Vertragsverlängerung scheiterte.

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