Ex-FC-TrainerBaumgart spricht über Aus in Köln – „Kann mir die Spiele nicht angucken“

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Steffen Baumgart hat seine Zeit beim 1. FC Köln in bester Erinnerung. Auch in Köln möchte der 52-Jährige vorerst wohnen bleiben.

Steffen Baumgart hat seine Zeit beim 1. FC Köln in bester Erinnerung. Auch in Köln möchte der 52-Jährige vorerst wohnen bleiben.

Der Ex-FC-Trainer sprach im Podcast mit Jonas Hector über sein Aus in Köln und erklärte, warum er sich FC-Spiele nicht ansehen kann.

Der ehemalige FC-Kapitän Jonas Hector hat in seine jüngsten Podcast-Folge „Schlag und Fertig“ zusammen mit dem Kölner Comedian Fabian Köster einen ganz besonderen Gast begrüßen dürfen. Der ehemalige FC-Trainer Steffen Baumgart gesellte sich in die Runde und äußerte sich zu seiner Zeit beim 1. FC Köln.

Nach ein wenig Smalltalk ging es in dem Gespräch auch schnell um das Aus von Baumgart beim FC. „Es fühlt sich nicht gut an. Aber in unserem Job ist das halt so und da muss man durch“, lieferte der 52-Jährige eine erste Reaktion mit einigem Abstand zu den sportlich dramatischen Vorgängen in der Winterpause. „Jetzt hoffe ich, ich bin nicht zu lange arbeitslos. Das will ich nicht sein.“

Steffen Baumgart: „Und wenn du den FC machen und erleben darfst, dann greift der dich schon richtig“

Doch erstmal würden Baumgart noch „die Jungs und das Team“ fehlen. Baumgart weiter: „Es waren zweieinhalb sehr, sehr schöne und intensive Jahre. Aber es ist jetzt nicht so, dass ich jeden Tag das Taschentuch raushole. Ich betrachte das jetzt aus der Ferne. Habe auch kürzlich mein Auto abgegeben und bin eigentlich gar nicht mehr am Geißbockheim.“

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Nachdem der Fußball-Trainer mit seinem Ex-Kapitän noch kurz die Stationen von Baumgarts Trainer-Vergangenheit Revue passieren ließ, ging es auch um die Zeit Baumgarts beim FC und dessen Erwartungen, als er in Köln anfing. „Du kannst nichts mit Köln vergleichen“, stellte Baumgart fest. „Es war von Anfang an klar, dass das eine Herausforderung wird. Und es war auch klar, dass es eine Endlichkeit hat. Dass es zweineinhalb Jahre geht, hat keiner geplant. Ich hätte es aber auch gerne länger gemacht.“

Seine Zeit in Köln will der ehemalige Profi von Union Berlin nun in Ehren halten: „Es gibt Vereine, die dich greifen. Und wenn du den FC machen und erleben darfst, dann greift der dich schon richtig. Da kann man sich nicht einfach von lösen. Das wird auch ewig bleiben. Und deshalb waren das ganz besondere zweieinhalb Jahre und die werden es in zehn Jahren immer noch sein“, geriet Baumgart geradezu ins Schwärmen.

Steffen Baumgart: „Der FC ist zu groß. Du kannst das nicht einfach laufen lassen“

Auch Jonas Hector blickte bei seiner Rückschau auf die Zeit unter Steffen Baumgart positiv zurück: „Wir hatten zwei super Jahre zusammen in Köln. Für FC-Verhältnisse waren wir sehr erfolgreich. Mir haben die Jahre sehr viel Spaß gemacht. Das lag natürlich auch am Trainerteam und der Stimmung, die wir erzeugt haben.“

Und doch kam es zu einem unrühmlichen Ende, obwohl auch bis zu seinem Aus in Köln alle mitgezogen hätten, wie der ehemalige FC-Trainer beteuerte. „Das war alles okay. Über die Veränderung musste man sich aber unterhalten. Weil dafür ist der FC zu groß. Du kannst das nicht einfach laufen lassen. Das ist einfach so. Deshalb war der Vorgang für mich auch normal“, erklärt Baumgart seinen FC-Abschied. Negatives sei im Nachhinein nicht hängengeblieben: „Ich habe jeden Tag genossen.“

Dennoch sei es schwer zu verkraften gewesen, in Köln hinzuschmeißen. „Dass es so gekommen ist, hat keiner erwartet. Zehn Punkte nach 16 Spielen ist einfach ein Fakt und das ist auch nicht lustig. Es war einfach nicht gut genug. Und es tut dann doppelt weh, wenn man auch über eine schöne Zeit redet.“

In den vergangenen beiden erfolgreichen Jahren habe man Spiele verloren, in denen man zum Teil besser gespielt habe als der Gegner. „Die Gegner hatten uns selten fußballerisch geschlagen“, so Baumgart. Nun sei es anders gewesen: „Im letzten halben Jahr habe ich nicht viele Mannschaften gesehen, die schlechter waren als wir. Nur gegen Gladbach hatten wir ein gutes Spiel, da hat alles funktioniert. Es geht da auch nicht um einzelne Spiele. Wir waren in den 16 Begegnungen einfach nicht gut genug. Die Zahlen haben am Ende eine klare Wahrheit gesprochen. Und das macht mich traurig.“

Steffen Baumgart lobt Stimmung in Köln und zweifelt an 50-Punkte-Ansage 

Die Stimmung in Köln wiederum sei nie gekippt. Die Fans auf den Rängen seien immer positiv geblieben, auch wenn es Enttäuschungen gab: „Die Stimmung war so wie du sie brauchst in so einer schwierigen Situation. Ich glaube das haben die Fans zuvor auch schon anders erlebt.“

Warum der FC nicht sein Motto „Spürbar anders“ zur Abwechslung auch mal tatsächlich mit Leben füllen würde und an Baumgart festgehalten hat  – selbst wenn dies den Gang in die 2. Bundesliga bedeutet hätte – wollte Fabian Köster wissen. Baumgart: „Das hört sich immer einfach an, mit dem Trainer in die 2. Liga zu gehen, aber so funktioniert Köln nicht und so funktioniert der Fußball nicht. Du musst immer gucken, welche Möglichkeiten du hast, um eine Abwärtsspirale aufzuhalten. Und da ist dann ein Mechanismus, über den Trainer zu reden. Um neue Impulse zu setzen und Spieler, die ich zweieinhalb Jahre erlebt habe, vielleicht auch anders zu bewerten. Vielleicht habe ich einige zu gut, und andere zu schlecht gesehen. Wir haben uns deshalb gemeinsam über die Situation unterhalten. Und wenn du nicht mehr zu 100 Prozent daran glaubst, dann müssen Entscheidungen getroffen werden. Und ich bin sehr froh, wie ehrlich und klar alles abgelaufen ist.“

Auch äußerte sich Baumgart über die Behauptung von FC-Verantwortlichen, er habe der Mannschaft vor der Saison 50 Punkte zugetraut: „Ich hab dem Kader mehr zugetraut als zehn Punkte. Aber wer meine Interviews gehört hat, dürfte mitbekommen haben, dass ich auch immer betont habe, dass es ein Ritt auf der Rasierklinge wird. Ich bin mir relativ sicher, dass ich das vor der Saison nicht zu den Jungs gesagt habe, was ich in Saisons vorher schon getan habe. Aber wer weiß, vielleicht habe ich es auch vergessen. Ich erzähle manchmal viel. Ich bin aber sicher, dass ich mit der Mannschaft froh gewesen wäre, wenn ich nur ein wenig weiter weg vom Abstiegsrang gestanden hätte.“

Steffen Baumgart erinnert sich an erstes Gespräch mit Jonas Hector

Besonders in Erinnerung geblieben ist Baumgart bei seiner Ankunft in Köln sein erstes Gespräch mit Jonas Hector: „Ich hab ihn angesprochen und er hat sofort gesagt: ‚Du brauchst überhaupt nicht reden, ich bleibe auf jeden Fall hier. Bis zum Ende. Ich habe noch zwei Jahre Vertrag‘. Dabei wollte ich nur Hallo sagen und, dass ich mich freue, hier zu sein. Das Gespräch war dann relativ kurz“, skizierte Baumgart die Szene und brach daraufhin in lautes Lachen aus. Hector kleinlaut dazu: „Ich weiß nicht, ob das so stimmt.“

Wie es nun für Baumgart weitergehen werde, wollten Hector und Köster dann auch noch etwas genauer wissen. Ein Traditionsverein müsse es für Baumgarts nächste Station nicht unbedingt sein. „Das Projekt muss funktionieren“, beschrieb er, der sich alle Angebote anhören will, die kommen – „wenn überhaupt welche kommen“.

Im Ausland zu arbeiten sei dabei kein Hindernis. Im Gegenteil: Selbst ein mögliches Engagement in Saudi Arabien möchte der Coach nicht kategorisch ausschließen und offen bleiben: „Es muss Spaß machen mit den Leuten und dann hat es auch nichts mit Tradition zu tun, oder sonst etwas.“

Lediglich bei der Aussicht auf den Posten des Nationaltrainers blieb Baumgart ein wenig die Spucke weg.„ Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll“, entgegnete Baumgart auf die Frage, ob das DFB-Amt für ihn infrage käme und erklärte, man wisse ja nie, was im Fußball als näüchstes kommt. „Ich hätte auch nicht gedacht, dass Julian Nagelsmann Bundestrainer wird. So früh.“ Woraufhin sich Fabian Köster dann auch noch einmal einschaltete: „Wenn du Spiele mit der Nationalmannschaft verlieren willst, dann hättest du ja auch FC-Trainer bleiben können.“

Baumgart emotional: „Werde Samstag nicht vor dem Fernseher sitzen, weil ich es mir nicht angucken kann“

Letztlich erklärte Baumgart noch, die Spiele vom 1. FC Köln vorerst nicht am Fernseher zu verfolgen und lieferte eine weitere emotionale Erklärung ab: „Ich werde Samstag nicht vor dem Fernseher sitzen, weil ich es mir nicht angucken kann. Ich bin noch zu dicht dran. Ich war am Geißbockheim, um mein Auto abzugeben und das fühlt sich wie Zuhause an. Und das Zuhause ist nicht mehr da.“

Der ehemalige FC-Trainer werde mit seiner Familie zudem in Köln wohnen bleiben: „Dass ich in Köln bleibe mit meiner Familie hat auch was damit zu tun, dass wir uns absolut wohl und heimisch fühlen. Wir wollen nicht nach Berlin zurück und erstmal hierbleiben. Und solange du hier bist, wirst du auch nicht so schnell einen Abschluss finden.“

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