Weiter Rasen-ÄrgerBaumgart beteuert, nicht von den FC-Problemen abzulenken

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1. FC Köln, Training, Steffen Baumgart (1. FC Köln), 30.10.2023, Bild: Herbert Bucco

FC-Chefcoach Steffen Baumgart während des Trainings am Geißbockheim

Kölns Trainer lässt beim Rasen-Thema nicht locker, nimmt aber auch sich und sein Team in die Pflicht.

Von José Mourinho, dem Startrainer, ist hinlänglich bekannt, dass er gerne von Problemen ablenkt, indem er von aktuellen Themen ablenkt, um seine Mannschaft aus dem Fokus zu nehmen und vom Sportlichen abzulenken. Erst recht in Krisen-Situationen. Der Portugiese hat diese Taktik zu einer Kunst erhoben. Der Trainer der AS Rom liebt es zudem, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, auch wenn der mittlerweile 60-Jährige bei Pressekonferenzen oft so wirkt, als ob ihm jemand Salz in die Pastel de Nata gestreut hätte.

Steffen Baumgart zieht beim und rund um den 1. FC Köln auch vieles auf sich. Mehr noch: Er ist das Gesicht des Klubs. Spötter behaupten, das einzige. Baumgart lässt sich nicht mit Mourinho vergleichen, doch am Samstag nach dem Heimspiel gegen den FC Augsburg (1:1) und dem Absturz auf den letzten Tabellenplatz der Bundesliga hatte dem Coach auch noch förmlich etwas unter den Nägeln gebrannt, das mit dem Spielverlauf und der bisherigen Saison nur am Rande etwas zu tun hat. Der 51-jährige Fußballlehrer schimpfte nach seinen Ausführungen zum Spiel und zur Situation seiner Mannschaft vehement über den Zustand des Rasens im Rhein-Energie-Stadion, bezeichnete diesen als „Frechheit“ und kritisierte die Stadt Köln und ihre 100-prozentige Tochter, die Sportstätten: „Es wäre schön, wenn diese Stadt in der Lage wäre, einen Rasen richtig hinzubekommen. Das hier soll ein EM-Stadion sein. Ich bin stinksauer. Das kotzt mich an.“

Die Kölner Sportstätten antworteten schnell. Sie hatten den Zustand des Rasens sogleich mit den „extremen Regenfällen“ in den vorherigen Tagen erklärt und versichert, „externe Experten“ hätten das Geläuf überprüft und für in Ordnung und spielfähig befunden.

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Doch Baumgart konnte mit dieser Antwort wenig bis nichts anfangen, er empfand diese nicht als zielführend, wie er am Dienstag nach der ersten Einheit der neuen Wochen erklärte: „Diese Ausreden, die funktionieren hier ganz oft, bei ganz vielen Dingen und es sind nie die Leute, die die Verantwortung haben. Das ist mein Problem. Ich finde es gut, dass ich so extrem drauf aufmerksam gemacht habe, denn wenn man Lösungen finden will, dann kann man sie auch finden. Man muss es nur auch wollen“, sagte der Trainer und erneuerte seine Kritik noch einmal: „Es lag bestimmt nicht am Regen. Bei allen Vereinen in der Nähe funktioniert es. Es gibt offenbar nur einen Platz, auf dem es regnet.“

Einen Lösungsansatz hatte der Coach auch parat: Die Sportstätten sollten den FC-Platzwart Helmut Schicke engagieren, der kenne sich mit der Arbeit und den richtigen Gerätschaften bestens aus. Er, Baumgart, glaube einfach, dass man den Rasen in einen besseren Zustand bekomme. Alleine mit einem erneuten Austausch sei es aber nicht getan, es gehe um die Qualität, sagt Baumgart: „Dann muss man dann auch mal in ein Preissegment gehen, wo es dann keine Wiese ist, sondern vielleicht ein Rasen.“

Baumgart ließ also auch drei Tage nach dem Augsburg-Spiel der Zustand des Geläufs weiter keine Ruhe. Doch der 51-Jährige weiß selbst: Die Gründe für den Absturz seiner Mannschaft auf Platz 18 der Bundesliga liegen woanders. Er, Baumgart, suche auch ganz bestimmt nicht nach Ausreden für die Krise des FC. „Das hat nichts mit unseren Ergebnissen zu tun und ist keine Entschuldigung für unsere fünf Punkte.“ In der Tat war es so, dass auch die Gegner wie Augsburg mit der Beschaffenheit des Kölner Rasens zurechtkommen mussten, der aus Sicht Baumgarts die Verletzungsgefahr erhöhe.

1. FC Köln: Baumgart rechnet mit Kampf um die Klasse bis zum Schluss

Auch wenn sich der FC gegen Augsburg nach den bedenklichen Partien in Leipzig (0:6) und beim Pokal-Aus in Kaiserslautern (2:3) wieder verbessert gezeigt hatte, so war der eine Punkt für die Kölner in ihrer Situation zu wenig. „Wir müssen nicht jedes Mal darüber reden, ob die Leistung gut war oder nicht. Wir haben die Punkte nicht, müssen sie aber holen. Das ist das Einzige, das zählt“, sagte Baumgart. Mit einem Hätte oder Könnte, dem Beklagen der Situation oder einem Vergleich mit den Leistungen der Mitkonkurrenten komme man indes nicht weiter. Und auch nicht dem Beschwören höherer Mächte: „Ich bin mir relativ sicher, dass mir in diesem Jahr noch kein Wunsch erfüllt worden ist. Selbst wenn ich welche nach oben schicke. Aber mein Draht nach oben ist offenbar nicht ganz so gut“, sagte Baumgart.

Nur mit harter und intensiver Arbeit könne der FC etwas ändern. Positiv stimme ihn, dass seine Mannschaft viel von dem umsetze, was der Trainerteam vorgebe. Doch der Kölner Coach rechnet in dieser Saison womöglich bis zum letzten Spieltag mit einem Kampf um den Klassenerhalt: „Leider wird es so sein, dass wir bis zum Ende um jeden Punkt und jeden Sieg arbeiten müssen. Und dann wird es hoffentlich so sein, dass wir erfolgreicher sind als zuletzt.“

Nach dem Auswärtsspiel in Bochum und der Länderspielpause erwartet der FC dann den Rekordmeister zum nächsten Heimspiel im Kölner Stadion. Und erneut ein untauglicher Platz? Baumgart: „Und dann ist immer noch November. Aber bis dahin regnet es nicht mehr, da haben wir Glück. Bitte nicht böse sein, dass ich da sarkastisch werden.“ Doch aktuell habe man andere Probleme.

Aber auch Chancen. Denn am kommenden Spieltag ist für den FC im Optimalfall sogar ein Sprung auf Platz 14 möglich. Denn die weiteren Kellerkinder Darmstadt (15.) und Mainz (17.) spielen gegeneinander, das tief gefallene Union Berlin (16.) tritt am Sonntag bei Spitzenreiter Bayer 04 Leverkusen an. Voraussetzung für diesen Sprung in der Tabelle ist dann allerdings, dass den Kölnern das gelingt, was zuletzt vor einem halben Jahr Angang Mai der Fall war: ein Auswärtssieg. Auf einem ordentlichen Rasen, von einem schlechten Platz im Vonovia Ruhrstadion ist jedenfalls nichts bekannt. Und einen José Mourinho braucht der FC auch nicht dafür.

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