Nach Schauspiel-VorwurfKölns Baumgart schießt gegen Augsburg-Kapitän zurück

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Kölns Trainer Steffen Baumgart gibt Anweisungen während des Spiels des 1. FC Köln beim FC Augsburg.

So emotional, wie man ihn kennt und dazu erstmals in Jeans: FC-Trainer Steffen Baumgart während des Spiels in Augsburg.

FC-Trainer Steffen Baumgart kontert die Schauspiel-Vorwürfe von Jeffrey Gouweleeuw und schießt gegen Augsburgs Kapitän zurück.

Von Steffen Baumgart war am vergangenen Karsamstag einiges abgefallen. Das war schon in den Minuten nach dem Abpfiff zu beobachten, als der Trainer des 1. FC Köln nach dem 3:1-Sieg beim FC Augsburg alleine auf der Trainerbank gesessen hatte. Der 51-Jährige wirkte sichtlich mitgenommen vom emotionalen Keller-Duell und der Anspannung der letzten Wochen.

Der Erfolg in Augsburg, der erste nach sechs sieglosen Spielen, war auch für Baumgart wie ein Befreiungsschlag, der nach dem Training am Dienstag bewusst freilich etwas übertrieb, als er sagte: „Da ich noch ein bisschen in Köln bleiben möchte, war der Sieg wichtig. Er hat alle beruhigt. Es hat ja keinen mehr interessiert, was ich sage, sondern die Ergebnisse mussten mal kommen. Und das war mal ein gutes Ergebnis.“

Doch so ganz verarbeitet hatte Baumgart die Vorkommnisse auch drei Tage später immer noch nicht. Vor allem das Gehabe und Lamento von Augsburgs Verteidiger Jeffrey Gouweleeuw gingen dem Kölner Trainer komplett gegen den Strich. Der FCA-Kapitän hatte sich nach dem Abpfiff FC-Stürmer Davie Selke herausgepickt: „Wir wissen alle, was für ein Schauspieler er ist. Wenn man heutzutage schreit, wird man belohnt.“

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„Wenn sich einer nicht beschweren darf, dann der“

Verbales Nachtreten kann und konnte Baumgart noch nie leiden. Und deshalb kritisierte der FC-Trainer Gouweleeuw nicht nur scharf, sondern redete sich fast in Rage: „Wenn sich einer nicht beschweren darf, dann der. Der arbeitet als Innenverteidiger mit allem, was es gibt. Davie macht das auch. Davie ist für vieles bekannt, aber nicht für das“, sagte Baumgart und bezog sich damit auf Gouweleeuws Schauspiel-Vorwürfe und führte aus: „Was ich noch weniger verstehe, ist, dass es nach dem Spiel weiter geht. Ich kenne es so: 90 Minuten wird mit harten Bandagen gekämpft, dann ist es aber erledigt. Nach dem Spiel heule ich dann aber nicht mehr rum. Das habe ich früher als Spieler schon gehasst. Ich trage Sachen im und während des Spiels aus und nicht nach dem Spiel – schon gar nicht, wenn ich 3:1 verloren habe.“

Dass diese Vorwürfe auch noch von einem Spieler aus Augsburg kamen, dem Schlusslicht der Fairplay-Tabelle, der ohnehin seit Jahren für seine nickelige, grenzwertige Spielweise bekannt ist, dürfte bei der Replik wohl auch eine Rolle gespielt haben. Doch Baumgart weiß natürlich, dass auch Davie Selke mit allen Wassern gewaschen ist. Selke sei ein Mittelstürmer, der immer alles gebe und dort hin gehe, wo es wehtue. Und diesen Typus mag Baumgart: „Ich habe lieber Leute, mit denen ich anecke. Wie hat Hermann Gerland in seinem Buch geschrieben: Wenn du etwas gewinnen willst, brauchst du Banditen.“

Steffen Baumgart: Selke auf dem Platz „ein Bandit“

Auf die Nachfrage, ob Selke so einer sei, entgegnete der FC-Trainer: „Auf dem Feld auf jeden Fall. Und da erinnert er mich an einen, der am Rand steht und ab und zu laut ist. Denn ich war auch einer.“ Selkes Spielweise sei allerdings nicht als eklig und unfair zu bezeichnen, sondern gehöre zum Fußball einfach dazu.

Einmal in Fahrt, blieb Baumgart im Attacke-Modus: „Der Kimmich stellt sich nach dem Sieg vor die Kurve hin und wir heulen rum. Wer soll uns denn in anderthalb Jahren die Europameisterschaft holen? Indem er Blumen verkauft? Ganz ehrlich. Was wollen wir denn? Wir suchen Typen – dann ist einer da und wir heulen rum, weil er es zu viel macht“, sagte Baumgart zum vermeintlichen Eklat von Nationalspieler Joshua Kimmich, der nach dem 1:0-Sieg der Bayern in Freiburg den Anhang der Breisgauer mit einer Jubel-Geste provoziert hatte.

Auch die Stars des Rekordmeisters verspüren also Druck, doch der im Abstiegskampf dürfte kaum geringer sein. Mit nun 31 Punkten hat sich der FC etwas Luft verschaffen können, doch ein Nachlassen wäre ebenso falsch. „Wir wissen, was am Wochenende auf uns zukommt. Mainz ist die drittbeste Rückrundenmannschaft“, blickte Baumgart auf das Heimspiel am Samstag (15.30 Uhr) gegen den FSV voraus, der mit 41 Zählern auf Platz acht geklettert ist.

In das Spiel wird der FC ohne Ellyes Skhiri gehen, der Leistungsträger ist gelbgesperrt. Ein bitterer Vorgeschmack auf die neue Saison, denn der im Sommer ablösefreie Leistungsträger sucht eine neue sportliche Herausforderung – auch wenn ihn der FC liebend gerne behalten würde. „Flaco hat ein klares Zeichen gegeben, dass er den Verein verlassen möchte“, sagte der Coach, der in Augsburg erstmals überhaupt auf die bewährte FC-Jogginghose verzichtete und zu einer hellblauen , engen Stretch-Jeans gegriffen hatte. Die schwarze Trainingshose habe ihm nicht mehr gefallen. „Ich will schon schauen, dass ich die Jeans anbehalte, weil ich sie momentan schöner und bequemer finde“, sagte Baumgart und sorgte dann noch einmal für einen Lacher: „Ich habe schon lange genug wie ein Penner ausgesehen.“

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