Bangen jetzt auch um Florian KainzFC-Trainer Timo Schultz ist ein Verwalter des Mangels

Lesezeit 5 Minuten
Jan Thielmann (v.l.), Florian Kainz (M.) und Davie Selke vom 1. FC Köln posieren mit Geißbock Hennes.

Der FC muss auf Davie Selke (r.) verzichten, bangt um Kapitän Florian Kainz (M.) und setzt auf U21-Nationalspieler Jan Thielmann.

Zwar hat sich Kapitän Florian Kainz offenbar nicht schwerer verletzt, doch sein Einsatz in Wolfsburg ist dennoch ungewiss. Der Kölner Coach hat bereits zahlreiche personelle Sorgen.

Der Mann war nicht zu überhören. Im Trainingsspiel am Mittwoch gab Timo Schultz im Franz-Kremer-Stadion immer wieder Anweisungen – und dies äußerst lautstark. Nicht auf dem Level von Vorgänger Steffen Baumgart, dessen Ansagen waren oft schon am Waldparkplatz zu vernehmen. Aber dann doch so deutlich, dass auch Sport-Geschäftsführer Christian Keller als Beobachter der Einheit alles mitbekommen haben dürfte.

Schultz wurde zu dem neuen Job beim 1. FC Köln bekanntlich nicht gezwungen. Aber zu beneiden ist der 46-Jährige auch nicht. Als ob die Situation mit nur elf Punkten und mickrigen elf erzielten Toren nicht schon schwer genug ist, muss der Ostfriese auch personell immer wieder umplanen und improvisieren. Schultz ist ein Verwalter des Mangels.

Zwar stand der am Tag zuvor unpässliche Rechtsverteidiger Rasmus Carstensen am Mittwoch wieder auf dem Trainingsplatz, dafür hatte sich ein anderer Spieler abgemeldet. Und wahrlich kein unwichtiger: Kapitän Florian Kainz musste passen. Der Österreicher hatte am Tag zuvor einen „Schlag“ abbekommen und wurde in der Mediapark-Klinik untersucht. Die genaue Diagnose ist bisher nicht bekannt. Der FC teilte nur mit, dass Kainz „nicht schlimmer verletzt“ sei und man jetzt von „Tag zu Tag schaue, wie es ihm gehe. Doch klar dürfte sein, dass die Kölner um den Mittelfeldspieler bangen.

Alles zum Thema Davie Selke

1. FC Köln: Schultz muss bereits auf ein Offensiv-Trio länger verzichten

Und es ja nicht so, dass es ansonsten keine Ausfälle gäbe: Davie Selke, Luca Waldschmidt und Mark Uth werden noch Wochen fehlen. Auch Waldschmidt hatte einen Schlag abbekommen, genau genommen auf die Wade. Man hatte gehofft, dass es eine harmlose Blessur sei. Nach der MRT-Untersuchung stand indes fest: angebrochenes Wadenbein, mehrere Wochen Pause. Uth hatte sich im wilden Testspiel in Essen an der Innenseite des linken Knies verletzt, Selke am linken Fuß nach einem Torschuss in der 71. Minute gegen Heidenheim (1:1). Teamkollege Jan Thielmann konnte zum Trainings-Vorfall um Kainz nichts Konkretes zu sagen, da er die Szene schlicht nicht gesehen hatte.

Sehr wohl weiß der U-21-Nationalspieler aber, dass die Ausfälle auf Dauer nicht aufzufangen sind – auch wenn er sogleich einschränkte: „Wenn wir viele Ausfälle haben, dann zeigt sich, dass wir nicht solch einen breiten Kader haben, um das zu kompensieren. Aber es ist Aufgabe des Trainers, eine ordentliche Elf auf den Platz zu bekommen. Und wir haben gute Auswechselspieler, sind durch die Bank gut aufgestellt. Klar, die Ausfälle derzeit tun uns weh, aber wir versuchen – so gut es geht – sie zu kompensieren.“

Das ging bekanntlich zuletzt aber weniger gut. Beim bitteren 0:4 gegen Dortmund hatte Schultz in der Not den 1,78 Meter großen und nur 72 Kilogramm schweren Thielmann sogar als Sturmspitze aufgeboten, die etatmäßigen Mittelstürmer spielten hingegen keine oder so gut wie keine Rolle: Steffen Tigges wurde nicht eingewechselt, Sargis Adamyan in der 87. Minute. Und Florian Dietz und Damion Downs gehörten nicht einmal dem Kader an.

Thielmann ist aber nun wahrlich keiner, der sich über seine doch ungewohnte Rolle beschweren würde: „Neuner habe ich schon früher gespielt, das habe ich drin. Für die Zuschauer war es vielleicht ungewohnt, dass wir einen relativ kleinen Stürmer auf dem Platz hatten, aber ich habe mich wohl gefühlt.“ Die sehr gute Torchance nach der Pause konnte er indes auch nicht nutzen. Ein echtes Ärgernis: Immer wieder segelten schlecht getimte Flanken über seinen Kopf hinweg. „Das müssen wir in Zukunft besser machen“, so Thielmann.

Und das schon am Samstag (15.30 Uhr) im Auswärtsspiel beim VfL Wolfsburg, der ebenfalls seinen Ansprüchen hinterherläuft – allerdings auf einem anderen Level als der FC. Sein Team müsse nun endlich schnell zum Punkten kommen, so Thielmann. Etliche Konkurrenten sind schließlich dabei, den Kölnern zu enteilen. Thielmann: „Wir müssen unser Spiel auf den Platz bringen. Wir müssen schauen, dass wir mal mit 1:0 oder 2:0 in Führung gehen.“ Doch wie soll es in Anbetracht der puren Harmlosigkeit in der Offensive zuletzt gelingen, womöglich gleich mehrere Treffer auf fremden Platz zu erzielen? Sollte Kainz ausfallen, würden den Gästen die Spieler fehlen, die zehn der elf Saisontore erzielt haben. Einzig Linton Maina war bisher auch noch ein Torerfolg vergönnt.

„Frech, mutig“ und „nicht zu verkopft“ müsse seine Mannschaft vor dem Tor agieren, gab Thielmann vor und hofft darauf, dass der FC auch mal ein Momentum bekommt und auf der „Erfolgswelle“ reitet. Früher, als man einen Lauf gehabt habe, da seien auch mal die unmöglichsten Tore für den FC gefallen. Doch im Moment sei das nicht so, nicht einmal die vergleichsweisen einfachen Tore fielen. Dass der Druck zugenommen hat, spürt auch Thielmann, das sei auf diesem Tabellenplatz auch normal. Doch die Mannschaft mache sich auch selbst Druck und müsse „bei sich bleiben“ – was auch immer das heißen mag.

Jan Thielmann: „Das mit dem Trainer-Effekt ist immer so ein Mythos“

„Sehr dankbar“ zeigte sich 21-Jährige für die Unterstützung der Fans, die vor allem auf der Südtribüne auch nach der trostlosesten Leistung geschlossen hinter dem FC stehen. Thielmann versprach, dass er und seine Teamkollegen alles geben und investieren werden – auch wenn nicht immer alles gelinge. Und prophezeite etwas Kühnes: „So, wie wir spielen, werden wir die Fans in Zukunft auch wieder begeistern.“

Auf eine neue Begeisterung hofft natürlich auch der Neue auf der Trainerbank. Schon nach zwei Spielen unter Timo Schultz wurde Thielmann gefragt, ob der viel zitierte Trainer-Effekt schon verpufft sei. Dieser entgegnete: „Das mit dem Trainer-Effekt ist immer so ein Mythos. Der Trainer braucht erst einmal Zeit, bis er ankommt und Dinge umstellt und auch wir wissen, wie er spielen möchte. Wenn sich das Ganze einmal eingependelt hat, dann werden auch die Erfolge wiederkommen.“ Doch viel Zeit bleibt den Kölnern nicht, im Gegenteil. Thielmann glaubt jedenfalls fest an die Rettung: „Ich gehe von einem guten Ende aus.“

Doch zuvor müssen die Kölner mal wieder umplanen. Nicht nur personell, sondern auch logistisch bei ihrer Anreise nach Wolfsburg am Freitag. Aufgrund des GDL-Streiks entschied sich der FC für die Fahrt im Mannschaftsbus. Rund fünf Stunden sollten sie dafür einkalkulieren, Punkte erst einmal nicht. Denn einfach dürfte die Aufgabe nicht werden. Doch was ist in diesen Tagen beim taumelnden 1. FC Köln schon einfach?

KStA abonnieren