Wirbel um FC-TorjägerModeste will mal wieder weg – so reagiert Geschäftsführer Keller

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Seine Liebe zum FC bröckelt: Anthony Modeste

Donaueschingen – Es ist nicht einmal zwei Monate her, da hatte sich Anthony Modeste öffentlich zum 1. FC Köln bekannt. Und zwar  wieder einmal auf die ziemlich emotionale Art und Weise. Der treffsichere Franzose versteht nicht nur sein Fußballhandwerk, sondern auch die große Show. „Wer hat gesagt, dass ich den Verein verlasse? Niemand hat das gesagt. Ich habe einen Vertrag bis 2023 und ich genieße meine Zeit mit meinen Kollegen“, sagte Modeste in Richtung der Reporter nach dem Heimspiel gegen Wolfsburg am 33. Spieltag.

Anthony Modeste von Fans auf Händen getragen

Der Stürmer war wenige Minuten zuvor im Freuden-Taumel von den Fans auf den Händen getragen worden, die Kölner feierten mit einem Platzsturm die bereits sichere Qualifikation für den Europapokal. Dass es am Ende die Playoffs zur Conference League wurden, war nicht so wichtig, die Freude musste raus. Der Beinahe-Absteiger der vergangenen beiden Spielzeiten hatte die Spielzeit auf einem herausragenden siebten Platz beendet. Und Modeste hatte daran mit 20 Toren einen erheblichen Anteil.

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Es waren Szenen, die ähnelten denen von 2017, als sich der FC vor allem dank der 25 Treffer von Modeste für die Europa League qualifiziert hatte, aber seinen Torjäger zwischenzeitlich nach China verlor.

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Am Dienstagmittag, im Trainingslager der Kölner in Donaueschingen, war bei Modeste nicht mehr viel von FC-Treue zu hören. Im Gegenteil: Nach einer schweißtreibenden Einheit stand der 34-Jährige, dessen Vertrag beim FC 2023 ausläuft, Rede und Antwort und brachte eine klare Botschaft unter die Medien. Er sprach deutlich von einem möglichen Abschied – noch in diesem Sommer-Transferfenster. Sein Berater befinde sich sogar schon aktiv auf Klubsuche.

Es war wahrlich nicht das erste Mal, dass der Stürmer mit seinem Weggang vom 1. FC Köln kokettierte, doch dieses Mal könnte es wirklich so kommen. Oder doch nicht? Keiner weiß es so genau: Der FC nicht, Modeste und sein Berater vielleicht auch nicht. Doch auf jeden Fall hat der Franzose mit seinen  Aussagen erneut für Wirbel und Schlagzeilen gesorgt. „Ich bin immer ehrlich und habe eine klare Linie. Wenn etwas kommt, muss ich mit dem Verein darüber reden. Ich denke aber, das wird kein Problem sein, weil die Top-Verdiener hier langsam weg müssen.

Deshalb wäre es auch kein Problem, wenn ich weg bin. Ich bin 34 Jahre alt. Wenn ich die Möglichkeit bekomme, noch mal irgendwo einen Vertrag für zwei, drei Jahre zu bekommen, muss ich mit dem Verein reden. Was ist, wenn ich mit einem auslaufendem Vertrag in die Saison gehe, keinen neuen Vertrag bekomme, aber noch Bock habe, Fußball zu spielen?“, sagte der Franzose.

Sein Berater Patrick Mendy ist offenbar schon aktiv auf Vereinssuche: „Wenn ich 20 Tore schieße und er nicht aktiv auf der Suche ist, muss ich mit ihm reden. Aber wenn man viele Tore geschossen hat, geht das meist von alleine.“

14 Spielerverträge laufen im Sommer 2023 aus

Modeste hatte nach seiner starken Saison  auf Klarheit und eine Vertragsverlängerung gehofft. Der Verein wisse Bescheid, was er machen müsse, am Ende brauche er Sicherheit, sagte Modeste. Doch der finanziell stark angeschlagene FC ist derzeit nicht in der Lage, mit dem Angreifer zu verlängern. Vertragsgespräche mit allen Spielern, deren Verträge 2023 auslaufen, sollen nicht vor dem Herbst stattfinden. Der neue Sport-Geschäftsführer Christian Keller und Lizenzspielleiter Thomas Kessler hatten zuletzt davon gesprochen, dass die 14 im Jahr 2023 auslaufenden Verträge für den Klub auch eine Chancen böten, die Gehälter  anzupassen. Modeste hat diese Aussagen offenbar auch in seine Richtung interpretiert. Dabei hatten Keller und sein Geschäftsführer-Kollege Philipp Türoff zuletzt klargestellt, dass der FC zwar deutlich Gehälter einsparen müsse, aber Leistungsträger  auch in Zukunft wie solche verdienen sollen.

 Bereits im vergangenen Winter hätte  sich Modeste dem saudi-arabischen Klub Saudi Al Hilal anschließen können. Wie es hieß, hatten die Saudis dem FC fünf Millionen Ablöse  und Modeste ein „unmoralisches“ Gehalt geboten. Doch nach intensiven Gesprächen lehnten das der Klub und der Stürmer gemeinsam ab. Vor allem aus Liebe zum FC, wie Modeste voller Pathos bekannte.

Jetzt hört sich das bei ihm anders an. „Damals hatten wir gemeinsam klar beschlossen, dass ich das nicht mache. Aber jetzt muss ich neu nachdenken. Ich habe nur eine Karriere, um Titel zu holen und auch Geld zu verdienen“, erklärte der Franzose, der mit einem Gehalt von über 3,5 Millionen Euro zu den Top-Verdienern zählt.

Keller bleibt gelassen

Als Trainer Steffen Baumgart mit den Aussagen seines Stürmers konfrontiert wurde, wusste dieser nicht so recht, was er dazu sagen sollte: „Wenn etwas kommt, dann reden wir. Wenn nichts kommt, reden wir nicht.“ Sportchef Keller blieb gelassen: „Der Spieler hat nichts anderes gesagt, als das, was mit ihm abgesprochen ist. Wenn er mit einem Wunsch auf uns zukommt, den er als sinnvoll ansieht, schauen wir, ob er auch sinnvoll für uns erscheint. Das bedeutet aber nicht, dass wir diesem Wunsch dann auch zustimmen werden.“ Der FC habe derzeit keine Anfrage für Modeste vorliegen. Aber das Transferfenster ist noch lange geöffnet, konkret bis zum 31. August.

Modestes chaotisches China-Abenteuer

Dennoch es muss nicht wieder so kommen wie fast genau vor fünf Jahren, als Modeste nach einer wochenlangen Transfer-Posse für rund 30 Millionen Euro Ablöse zu Tianjin nach China gewechselt war. Modeste hatte danach beklagt, dass er eigentlich gar nicht wegwollte, sondern dass vor allem  der ehemalige FC-Sportchef Jörg Schmadtke ihn hinter seinem Rücken loswerden wollte.

Modeste kam nach der Pleite des China-Klubs bekanntlich Ende 2018 zum Nulltarif zurück, unterschrieb bis 2023 und dazu einen fünfjährigen Anschlussvertrag beim FC als Stürmertrainer. Nach vielen  Verletzungsproblemen und einer enttäuschenden Leihe nach St. Etienne kämpfte er sich  zurück, traf unter Baumgart in Serie und wurde wieder zum umjubelten Star, der auch in diesen Tagen äußerst fit wirkt. „Am Ende mache ich meinen Job. Wenn ich hier bleibe, mache ich ihn gerne“, sagte Modeste – und machte damit die Verwirrung komplett.

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