FC-Vorstand im Interview„Werden den Gürtel finanziell weiter eng schnallen“

Lesezeit 5 Minuten
Neuer Inhalt

FC-Präsident Werner Wolf (M.) und seine Stellvertreter Carsten Wettich (l.) und Eckhard Sauren im Rhein-Energie-Stadion.

Köln – Der 1. FC Köln hat mit Altlasten und den Folgen der Pandemie zu kämpfen. Der FC-Vorstand spricht im ersten Teil unseres Interviews über seine erneute Kandidatur, seine Pläne und den Sparkurs. (Teil 2 des Interviews lesen Sie hier)

Der Mitgliederrat hat Sie für eine weitere Amtszeit vorgeschlagen, sie werden sich im Herbst zur Wahl stellen. Was bedeutet Ihnen die Nominierung?

Werner Wolf: Der Mitgliederrat hat einen Prozess aufgesetzt, den wir sehr ernst genommen haben. Wir freuen uns über das Ergebnis, das wir nicht vorausgesetzt haben. Nun fehlt uns noch eine Mehrheit der Mitglieder, auch das ist aus unserer Sicht nicht selbstverständlich.

Rechnen Sie mit einem Wahlkampf?

Wolf: Von dem Team, dessen Kandidatur nun öffentlich geworden ist, wissen wir, dass es sich nicht aufstellen wird. Alles andere lassen wir auf uns zukommen.

Sie sind nicht nur wegen der Pandemie bei weitem noch nicht am Ziel ihrer Vorhaben. Wäre es für sie mit einem Gefühl der Ungerechtigkeit verbunden gewesen, nicht aufgestellt zu werden?

Eckhard Sauren: Eher ein Gefühl des Unvollendeten. Wir haben bewusst langfristige Pläne aufgestellt, und bis die Maßnahmen vollständig greifen, werden noch einige Jahre vergehen. Wir arbeiten eher im Hintergrund, aber sachlich, analytisch und kontinuierlich. Wir hoffen, dass die Mitglieder das wertschätzen und sich für uns entscheiden.

Carsten Wettich: Eine der wichtigsten Aufgaben eines Vorstandes ist die Personalauswahl, und wir haben nun drei neue Geschäftsführer ausgewählt, die Kontinuität in ihren Ansprechpartnern brauchen. Wir möchten die neuen Geschäftsführer begleiten, um unsere gemeinsame Pläne umzusetzen.

Muss man Kandidaten für die Besetzung der Geschäftsführung als 1. FC Köln von sich überzeugen oder kommen die sofort, wenn man sie ruft?

Wolf: Wenn man nicht kämpfen muss, hat man den falschen Kandidaten. Die guten Leute haben in der Regel mehr als eine Möglichkeit. Das war bei allen drei Kandidaten so. Es war aber ein gegenseitiger Prozess.

Wettich: Allerdings sind die Prozesse einfacher geworden, weil sich mittlerweile offenbar in Fußballdeutschland herumgesprochen hat, dass hier in Köln gute Arbeit geleistet wird.

Das könnte Sie auch interessieren:

Womit begeistert man Kandidaten für den 1. FC Köln?

Sauren: Mit einem interessanten strategischen Ansatz. Wir hatten eine Top-Auswahl und konnten alle Kandidaten davon überzeugen, dass man hier gemeinsam mit uns als Vorstand langfristig etwas bewegen kann. Ein wesentlicher Punkt war die Ruhe, die im Verein eingekehrt ist. Wir haben im Verhältnis zu früheren Zeiten auch in den Gremien sehr viel mehr Vertraulichkeit.

Spüren Sie auch die Sorge vor der Öffentlichkeit, wenn Sie jemanden aus einem regulären Unternehmen in den Profifußball holen wollen?

Wolf: Wir sind aber ja kein irreguläres Unternehmen (lacht)!

Wettich: Der 1. FC Köln hat eine hohe Emotionalität, sehr viel zu bieten, kriegt die PS aber seit Jahrzehnten nicht auf die Straße. Die Anziehungskraft des Vereins, das Bewusstsein, dass hier etwas zu bewegen ist und das Vertrauen in den Vorstand und dessen Herangehensweise. Das hat den Schritt für die Kandidaten interessant gemacht. Das ist ja auch das, was uns als Vorstand antreibt.

Sie haben Alexander Wehrle verabschiedet, der viele Jahre im Verein war. Wie würden Sie den Übergang bewerten?

Sauren: Als sehr professionell. Da muss man auch Philipp Türoff gratulieren, der die Sache mit viel Ruhe und Professionalität angegangen ist.

Wolf: Es war ein sehr ruhiger Übergang. Das war uns wichtig, mit großem Respekt vor Alexander Wehrle. Philipp Türoff und Alex Wehrle haben drei Monate Seite an Seite gearbeitet, waren zu zweit in jedem Meeting, Alexander Wehrle war da völlig offen. Es hat so geklappt, wie wir es geplant hatten. Darauf können wir stolz sein. Denn solche Übergänge sind kritische Momente.

Christian Keller hat zuletzt erklärt, er habe zunächst einen Sanierungsauftrag. Ist das mittelfristig das Thema am Geißbockheim?

Wolf: Ja, und da haben wir nie etwas anderes gesagt. Wenn man 130, 140 Millionen Euro Jahresumsatz hat und verliert davon in zwei Jahren mehr als 80, braucht man ein riesiges Bankkonto, das wir nicht hatten. Oder man hat ein Problem. Das hat Christian Keller auf den Punkt gebracht. Wir haben künftige Einnahmen zu Geld gemacht, um zu überleben. Was hilft? Eine klarer Plan zur Konsolidierung und sportlicher Erfolg. Allein die drei Tabellenplätze in der Verteilung der Medien-Einnahmen bedeuten für uns knapp sieben Millionen Euro Mehr-Einnahmen, die wir in die Konsolidierung des Vereins stecken können.

Wettich: Alle müssen die Situation richtig einschätzen. Momentan gibt es keine Einschränkungen durch Corona, aber die Krise ist ja deshalb nicht vorbei. Auch wenn wir jetzt mit vollen Stadien in die Saison starten, holen wir keinen Meter auf, sondern erleben erstmal das normale Planungsszenario. Denn wir planen ja grundsätzlich mit einem vollen Stadion. Damit sind wir aber nicht auf einen Schlag wirtschaftlich gesund. Wir müssen deshalb bei den Ausgaben entschieden gegensteuern. Aber auch das geht nicht von heute auf morgen. Die kommenden ein, zwei Jahre werden wir deshalb den Gürtel enger schnallen müssen. Das war zum Beispiel vor fünf Jahren anders, als der FC sich für Europa qualifiziert hat. Da konnte man das Geld in die Mannschaft investieren. Das ist zurzeit anders, und das müssen wir transparent kommunizieren. Wichtig ist aber auch: Wir haben ein funktionierendes Geschäftsmodell mit herausragenden Bedingungen am Standort Köln. Deshalb sehe ich positiv in die Zukunft.

Der 1. FC Köln war ja auch vor der Pandemie nicht der FC Bayern.

Sauren: Aber er verfügte über deutlich höhere Budgets als heute und war dennoch nicht nachhaltig erfolgreich. Langfristig sind wir zuversichtlich, und so haben wir auch unsere Geschäftsführer überzeugt. Und mit dem langfristigen Blick wird es  attraktiver. In den nächsten Jahren werden wir Verbindlichkeiten abtragen, Aufwände reduzieren und die Einnahmen erhöhen. Dann wird es spannend.

Lesen Sie in Teil zwei des Interviews am Sonntag, was das Präsidium über den Etat sagt, über die Vertragsverlängerung mit Trainer Baumgart und über die Folgen der Pandemie für den 1. FC Köln.

KStA abonnieren