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AnalyseDer 1. FC Köln zeigt im Spitzenspiel zwei Gesichter

Lesezeit 6 Minuten
Damion Downs hatte die Partie gegen Hannover noch in eine Führung für den 1. FC Köln gedreht.

Damion Downs hatte die Partie gegen Hannover noch in eine Führung für den 1. FC Köln gedreht.

Durch die Punkteteilung verpasste der FC den möglichen Sprung auf Tabellenplatz zwei und ist nun Sechster.

Der 1. FC Köln kam nach vier Pflichtspiel-Siegen in Folge am Samstagnachmittag im Zweitliga-Heimspiel gegen Hannover 96 nicht über ein 2:2 hinaus.

Das Wichtigste zuerst

Hangover gegen Hannover: Eine fast 40-minütige Überzahl (inklusive Nachspielzeit) und eine 2:1-Führung reichten dem Bundesliga-Absteiger nicht, um die Partie gegen die Niedersachsen zu gewinnen. Der FC hatte einen 0:1-Rückstand durch Tore von Tim Lemperle (48.) und des eingewechselten Damion Downs (81.) noch in eine 2:1-Führung gedreht und stand unmittelbar vor dem absolut möglichen und aufgrund einer deutlichen Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit auch verdienten Heimsieg, doch dann kassierte die Mannschaft von Trainer Gerhard Struber noch in der 86. Minute den Ausgleich. Und zwar durch ein Eigentor von Florian Kainz, dem allerdings kaum ein Vorwurf zu machen war.

Durch die Punkteteilung verpasste der FC den möglichen Sprung auf Tabellenplatz zwei und ist nun Sechster. In der Spitze der Liga geht es allerdings so eng zu, dass sich das Bild schon am nächsten Spieltag wieder ändern kann.

Die Tore

Die Gäste, die in der ersten Halbzeit die bessere Mannschaft waren, gingen in der 25. Minute durch Jessic Ngankam in Führung, der sich nach einer Flanke von Leopold im Luftduell gegen den Ex-Hannoveraner und aktuellen FC-Kapitän Timo Hübers durchgesetzt hatte.

Drei Minuten in der zweiten Halbzeit waren gespielt, da spielte Leart Pacarada einen gut getimten Pass genau in den Lauf von Tim Lemperle. Der 22-jähige Stürmer, der immer selbstbewusster und besser wird, setzte seinen Körper gegen Knight gut ein, ließ den Innenverteidiger links liegen und traf aus spitzem Winkel zum 1:1 – sein bereits achtes Pflichtspieltor in dieser Saison. Der Videoschiedsrichter überprüfte die Szene noch einmal, doch Patrick Hanslbauer konnte im Zweikampf kein Vergehen von Lemperle feststellen.

In der 81. Minute gingen die Hausherren dann in Führung: Und wie schon im Heimspiel zuvor gegen Fürth (1:0) traf Joker Damion Downs. Linton Maina ging auf der linken Seite unwiderstehlich an zwei Gegenspielern vorbei und legte im Strafraum quer auf den mitgelaufenen Angreifer, der in die Hereingabe rutschte und mithilfe des Innenpfostens ins Netz traf.

Doch fünf Minuten später kassierte der FC tatsächlich noch den Ausgleich: Erst leistete sich Denis Huseinbasic einen unnötigen Ballverlust, dann konnte Pacarada den eingewechselten Momuluh nicht am Flanken hindern. Im Strafraum verlängerte Timo Hübers den Ball so unglücklich auf die Brust des eingewechselten Florian Kainz, der diesen ins eigene Tor drückte und anschließend völlig konsterniert nach in den Himmel blickte.

Das war gut

Die Leistungssteigerung der Kölner in der zweiten Halbzeit. Nicht wenige Fans hatten zum zweiten Durchgang mit zwei, drei Wechseln gerechnet, doch Struber vertraute weiterhin seiner Startelf und die zahlte dieses Vertrauen mit einem deutlich besseren, zielstrebigeren Auftritt zurück.

Das war schlecht

Wer im eigenen Stadion fast 40 Minuten in Überzahl gegen immer schwächer werdende Gäste spielt und auch noch 2:1 führt, der sollte sein Heimspiel auch tunlichst gewinnen. Tat der FC aber nicht.

Moment des Spiels

Dieser war am Samstag ein unschöner: Der eingewechselte 96-Mittelfeldspieler kam in der 55. Minute im Zentrum viel zu spät gegen Eric Martel und traf den Kölner mitten auf dem Sprunggelenk. Das hätte für den U21-Nationalspieler auch böse enden können. Logische Konsequenz: Schiedsrichter Sören Storks zeigte Christiansen die Rote Karte, Diskussionen waren da nicht angebracht. Fortan änderte sich die komplette Statik des Spiels.

Spieler des Spiels

Eric Martel. Der 22-Jährige zeigte sich selbst nach dem groben Einsteigen von Christiansen unverwüstlich. Stark in den Zweikämpfen, im Passspiel, dazu auch noch überraschend torgefährlich: Der U21-Nationalspieler bot eine starke Leistung und hätte fast noch getroffen. Der Ball lag in der 52. Minute auch schon im Netz, doch Martel hatte zuvor hauchdünn im Abseits gestanden, was aber nur mithilfe der kalibrierten Linie zu erkennen war.

Das sagen die Trainer

Gerhard Struber (1. FC Köln): „In der ersten Halbzeit war es der Abnutzungskampf, den wir erwartet hatten. Der Gegner war sehr aggressiv und hat es uns nicht leicht gemacht. Wir haben uns das Leben das eine oder andere Mal auch selbst schwer gemacht. Aber wir haben das weggesteckt, speziell in der zweiten Halbzeit die Dinge besser gemacht und waren disziplinierter. Wir haben dann von der ersten Sekunde an die Kontrolle übernommen und Dominanz aufgebaut. Das eine oder andere Mal musst du aber auch in Unterzahl sauber wegverteidigen. Da waren wir einmal mehr als unglücklich. Diesen Ausgleichstreffer hinnehmen zu müssen, war bitter. Wir waren kurz vor Schluss nah dran, drei Punkte mitzunehmen – deswegen fühlt sich das ein bisschen wie eine Niederlage an. Es gilt, daraus zu lernen, besser zu werden und dem Glücksfaktor kaum bis gar keine Möglichkeit zu geben.”

Stefan Leitl (Hannover 96): „Wir haben sehr stark begonnen, waren sehr griffig in den Zweikämpfen und hatten eine gute Raumaufteilung. So haben wir Köln vor Aufgaben und Herausforderungen gestellt und hatten zudem die tiefen Laufwege nahezu komplett unter Kontrolle. Insgesamt war ich sehr zufrieden mit der ersten Halbzeit. Die zweite beginnt natürlich so, wie sie hier in Köln nicht beginnen darf. Du kassierst den Ausgleich, wir kriegen eine Rote Karte und gehen in Rückstand. Wir mussten verteidigen und leiden, das haben die Jungs fantastisch gemacht. Der Wille, hier etwas mitzunehmen, war einfach da. Auch wenn der Ausgleich am Ende ein bisschen glücklich gefallen ist, haben wir uns das aufgrund der ersten Halbzeit absolut verdient. Es ist sicherlich nicht selbstverständlich, hier in Unterzahl einen Punkt mitzunehmen.”

Das sagen wir

Der 1. FC Köln ließ im eigenen Stadion erneut unnötig Punkte liegen. In acht Heimspielen gelangen erst drei Siege, das ist für einen Bundesliga-Absteiger und Aufstiegsfavoriten natürlich zu wenig. Auf der Leistung der zweiten Halbzeit indes lässt sich aufbauen. In dieser zeigten die Kölner, wozu sie in der Lage sind.

Doch die Partie bewies auch, dass in der Mannschaft eine gewisse Unwucht herrscht. Es gab gleich einige Lichtblicke (Lemperle, Martel, Heintz, nach der Pause Maina), aber auch einige Ausfälle oder Schwachstellen (Waldschmidt, Ljubicic, Huseinbasic, Pacarada im Defensivverhalten). Hannovers Trainer Leitl wechselte in Unterzahl in der Endphase zwei Offensivkräfte ein (Andreas Voglsammer, Thaddäus Mormuluh). Folge war, dass die nach dem Platzverweis einzig noch auf das Verteidigen fokussierten und harmlosen Gäste urplötzlich noch einmal Oberwasser bekamen. Der FC dagegen reagierte ungenügend auf die Wechsel, geriet vollkommen unnötig unter Druck und kassierte einen – wenn auch in der Entstehung unglücklichen – Ausgleich.