FC-Legende wird 50Der rätselhafte Bodo Illgner

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PIC Bodo FC 1

Bodo Illgner löste beim 1. FC Köln Toni Schumacher als Stammtorwart ab.

  • Beim 1. FC Köln stand Bodo Illgner zwischen 1985 und 1996 unter Vertrag.
  • Seinen größten Erfolg feierte der Rheinländer mit der deutschen Nationalmannschaft.

Köln – Es existiert eine Episode aus dem Leben des jungen Torhüters Bodo Illgner, die so schön ist, dass man ihren Wahrheitsgehalt gar nicht wissen will. Auf dem Weg zum Training, so geht die Geschichte, hat der junge Bodo mit seinem Auto einen Unfall gebaut. Daraufhin habe er den Wagen abgeschlossen, per Anhalter eine Mitfahrgelegenheit gefunden und sei pünktlich zur Arbeit erschienen. Auch an Bodo Illgners 50. Geburtstag, der auf diesen Freitag fällt, ist sein Wesen damit treffend beschrieben: Zielgerichtet, angstfrei, emotional reduziert aufs Allernötigste.

Bodo Illgner verfügte über die Fähigkeit, aus dem Nichts aufzutauchen, in kürzester Zeit die wichtigsten Titel zu gewinnen und dann wieder weg zu sein. Diese Ökonomie des Sportlichen wurde nur übertroffen von der Ökonomie des Geschäftlichen, deren Gestaltung in den Händen seiner Ehefrau Bianca lag. Deshalb hatte der Weltmeister, Champions-League-Sieger und mehrfache Torhüter des Jahres in Deutschland ausgesorgt, als er 2001 seine Karriere beendete. Heute lebt er mit seiner Gattin und drei Kindern unbehelligt in Florida und überlässt die fußballerischen Debattierzirkel den Kollegen von einst, mit denen er nicht viel gemeinsam hat.

Toni Schumacher hatte großen Anteil

Die Geschichte des untypischen Rheinländers Bodo Illgner wird nie erzählt werden können ohne den Anteil, den sein Vorgänger Toni Schumacher daran hatte. Der befand sich im März 1987 als bester deutscher Torhüter mit 33 Jahren im Zenit seiner Karriere, als das autobiografisches Buch "Anpfiff" erschien. Was aus heutiger Sicht wie ein mäßig brisantes Sittengemälde aus dem Innenleben des Profifußballs wirkt, war damals ein großes Skandal. Schumacher flog aus der Nationalmannschaft und wurde von seinem Heimatklub 1. FC Köln suspendiert.

PIC Illgner imago

Höhepunkt einer glorreichen Karriere: der WM-Triumph 1990 mit der deutschen Nationalmannschaft in Italien. 

Der noch nicht 20-jährige Bodo Illgner stand bereit, allerdings in einer Zeit, die nicht an strebsame, zielgerichtete Jung-Profis gewöhnt war, die ebenso gut als Börsenmakler hätten Karriere machen können. Vom ersten Tag an räumte der vor Kraft strotzende Jüngling alle Zweifel mit einer Humorlosigkeit beiseite, die auch den DFB-Teamchef Franz Beckenbauer überzeugte. Fünf Bundesliga-Spiele benötigte Illgner für die erste Berufung in den Kreis der Nationalmannschaft. Bereits im September 1987 gab er gegen Dänemark sein Debüt für das DFB-Team. Und nach der Europameisterschaft 1988 wurde er die deutsche Nummer eins.

Der Übermensch im Tor

PIC Bodo FC 2

Bodo Illgner hütete zwischen 1985 bis 1996 das Tor des 1. FC Köln.

Bodo Illgner war keine Legende, er hat das Torhüterspiel nicht in neue Sphären gehoben, er war weder Liebling der Massen, noch Unterhalter der Medien. Er war ein junger Mann, der mit größter Entschlossenheit getan hat, was getan werden musste. Er hielt Bälle. Alles, was dazu hilfreich war und trainiert werden konnte, wurde von ihm trainiert. So war er bald voller Muskeln und konnte den Ball, wie sein Idol Toni Schumacher, weiter werfen als schießen. Der "Kicker" titelte deshalb: "Übermensch im Tor". Illgner machte das nichts aus. Er wurde der Rückhalt des FC-Teams, das unter dem jungen Berserkertrainer Christoph Daum zweimal fast Deutscher Meister geworden wäre. In der Nationalmannschaft war er dennoch nicht unumstritten. Als sie 1990 zur WM nach Italien fuhr, war nicht absehbar, dass der jüngste Torhüter des Turniers eine Rolle für dessen Ausgang spielen sollte. Dann kam es im Halbfinale gegen England zu diesem legendären Elfmeterschießen. Bodo Illgner hielt den Schuss von Stuart Pierce und bereitete damit den Einzug ins Finale vor, in dem er sein Tor gegen Argentinien sauber hielt.

Der größte Erfolg, den ein Fußballer haben kann, veränderte den Berufssoldatensohn Illgner nicht, wohl aber seinen Marktwert. Darum kümmerte sich wie stets Ehefrau Bianca, die im August 1996 eine entscheidende Rolle beim filmreifen Wechsel zu Real Madrid spielte. Das Ehepaar Illgner flog mit dem bekannten Kölner Anwalt Bernd Schäfer III und einem kubanischen Freund in der Nacht vor einem FC-Pokalspiel im Privatjet nach Madrid und machte dort den Transfer perfekt. Der 1. FC Köln war, wie öfter zu dieser Zeit, vom Lauf der Dinge überrascht, aber machtlos. Bianca Illgner hatte eine Klausel in den Vertrag einbauen lassen.

Spektakulärer Wechsel zu Real Madrid

Der Rest ist Geschichte. Bodo Illgner wurde mit Real spanischer Meister, Champions-League-Sieger und wohlhabend. Aus der Nationalmannschaft war er schon nach dem WM-Aus 1994 im Alter von 27 Jahren verschwunden. Nach dem Ende seiner Karriere 2001 zog er sich entspannt ins Privatleben zurück. Das Rätsel, welcher Mensch hinter der Fassade dieses erfolgreichen, nüchternen Torhüters wirklich steckte, hat er dahin mitgenommen.

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