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Interview

Aufstiegs-Trainer
„Beim 1. FC Köln entsteht was“ – Friedhelm Funkel zeigt sich optimistisch

9 min
2. Bundesliga - 24/25 - 1. FC Köln - 1. FC Kaiserslautern am 18.05.2025 im RheinEnergieSTADION in Köln Jubel und Freude über die Meisterschaft bei der Mannschaft des 1 FC Köln, hier hält Trainer / Head Coach Friedhelm Funkel Koeln die Schale hoch *** 2 Bundesliga 24 25 1 FC Köln 1 FC Kaiserslautern on 18 05 2025 at RheinEnergieSTADION in Cologne Cheers and joy about the championship at the team of 1 FC Köln, here coach Head Coach Friedhelm Funkel Koeln holds up the cup MH

Trainer Friedhelm Funkel nach dem 4:0-Sieg gegen Kaiserslautern am 18. Mai mit der Meisterschale und inmitten glücklicher Kölner Spieler

Die Bundesliga-Legende sagt im Interview, warum es doch ganz gut war, dass er nicht Kölner Coach geblieben ist und wie er dem Klub noch helfen könnte.

„Sind Sie es?“, fragt ein freundlicher, älterer Herr Friedhelm Funkel im gemütlichen Garten eines Cafés in Krefeld und stellt sich dann selbst als 80-Jähriger vor, der früher einst Bayer 05 Uerdingen genau verfolgte. Ein kurzer Plausch folgt. In der Grotenburg hatte Funkel einst selbst viele Jahre gespielt, Bayer 05 dann auch fünf Jahre gecoacht. Es war der wirkliche Startschuss für seine Karriere als Profi-Trainer. Lang ist es her. Doch Krefeld, das war, ist und bleibt nun einmal Funkels Heimat. Auch hier, ganz besonders hier, kennt den nahbaren, freundlichen Coach jeder.

Doch auch in der Gegenwart ist die Bundesliga-Legende noch im Profifußball präsent. Mitte Mai stieg er nach einer kurzen Mission mit dem 1. FC Köln in die Bundesliga auf. Der mittlerweile 71-Jährige ist der einzige Trainer im deutschen Fußballsport, dem das insgesamt siebenmal mit einer Zweitligamannschaft gelang. Und der nach der direkten Rückkehr der Kölner ins Oberhaus gerne weiter beim FC Trainer geblieben werden.

Im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erklärt Funkel aber erstmals, warum es doch ganz gut war, dass er nicht FC-Coach geblieben ist, wie er dem Klub noch helfen könnte und weshalb er im Hinblick auf die neue Saison beim FC und seinem Nachfolger Lukas Kwasniok sehr zuversichtlich ist.

Herr Funkel, nach dem Bundesliga-Aufstieg wollten Sie weiter Trainer des 1. FC Köln bleiben, Lukas Kwasniok ist kurz darauf schließlich Ihr Nachfolger geworden. Mit ein bisschen Abstand: Ist es für Sie in Ordnung, wie alles gekommen ist?

Friedhelm Funkel: Ich kann da sehr gut mit leben. Ich denke manchmal drüber nach, dass es vielleicht doch besser so ist, wie es ist. Ich meinte das zwar damals zu 100 Prozent ernst, dass ich gerne weitergemacht hätte. Ich habe das allerdings auch aus der Euphorie und nach den tollen Feierlichkeiten gesagt. Ich habe mich dazu etwas hinreißen lassen. Mit ein bisschen Abstand sieht man das eine oder andere etwas anders. Ich bin absolut mit mir im Reinen, ich kann jetzt auch wieder mehr das Leben genießen. Aber natürlich halte ich es trotzdem für möglich, dass ich im nächsten Jahr wieder irgendwo einsteigen kann. Ein kürzeres Engagement schließe ich also weiter nicht aus. Der Reiz beim FC war einfach, mit einer Mannschaft noch einmal in die Vorbereitung zu gehen. Das hatte ich lange nicht mehr gemacht, letztmals 2020. Aber viele haben mir zuletzt auch gesagt:„Friedhelm sei froh, dass es nicht so gekommen ist. Eine ganze Saison wäre zu viel Stress geworden.“

Wer hat Ihnen das gesagt?

Heribert Bruchhagen, Kalli Feldkamp. Leute, mit denen ich früher ganz eng zusammengearbeitet hatte. Ich selbst bin dann auch auf den Gedanken gekommen: Vielleicht haben die beiden ja recht. Aber natürlich verfolge ich weiterhin ganz, ganz intensiv, was beim FC passiert.

Wie war die Meinung ihrer Frau Anja?

Sie war erst zwiegespalten. Sie möchte, dass ich mich wohlfühle. Und sie weiß, dass ich den Fußball liebe. Einige sagen zu mir: „Friedhelm, du musst doch mal aufhören.“ Aber da entgegne ich ihnen: warum denn? Der Job macht mir weiter so viel Spaß. Ich habe das große Glück, gesund und fit zu sein. Warum soll ich da etwas ausschließen, wenn ich mich noch in der Lage dazu fühle? Aber Anja sagte dann auch im Nachhinein, dass es vielleicht besser so ist und wir unser Leben überwiegend so gestalten können, wie wir wollen.

19.05.2025, Köln: 1. FC Köln Coach Friedhelm Funkel mit Ehefrau Anja bei der Saisonabschlussfeier. Die FC Aufstiegs-Party an der Vogelsangerstraße im Schrotty. Foto: Arton Krasniqi

Friedhelm Funkel mit Ehefrau Anja bei der Saisonabschluss- und Aufstiegsfeier des 1. FC Köln

Sie haben aber ein paar Tage lang um den FC-Job gekämpft.

Ja, der Reiz war sehr groß. Ich habe seit 2002, seit meiner ersten Tätigkeit in Köln, ohnehin eine besondere Beziehung zum FC. Jedenfalls empfinde ich das so. Ich bin aber noch nie zu einer Mannschaft gekommen, wo vom ersten Tag an die Chemie zwischen allen so gut war. Ein Vorteil war sicherlich, dass ich einige Spieler bereits kannte. Aber nach ein paar Tagen und mehreren Telefonaten kamen dann auch bei mir erste, leise Zweifel auf. Und offenbar gab es die auch bei einigen im Verein. Eine Entscheidung musste her. Und dann hatte ich ein sehr gutes Gespräch mit Thomas Kessler (FC-Sportdirektor,. d. Red.). Und habe ihm gesagt, dass ich nicht mehr zur Verfügung stehe. Wenn ich dann eine Entscheidung getroffen habe, dann ich trauere ich ihr auch nicht mehr hinterher.

Sie können den FC vielleicht ja wieder im nächsten April oder Mai zum vierten Mal übernehmen?

Da erwarten Sie doch von mir jetzt nicht ernsthaft eine Antwort (lacht). Ich bin mir auch sicher, dass es nicht so kommen und der FC keinen neuen Trainer suchen muss.

Ich kann mir auch vorstellen, dem FC in einer anderen Funktion zu helfen – wenn das gewollt ist
Friedhelm Funkel über eine mögliche erneute Rückkehr zum 1. FC Köln

Können Sie sich denn eine andere Aufgabe beim FC vorstellen?

Ja. Ich kann mir auch vorstellen, dem FC in einer anderen Funktion zu helfen. Vielleicht wird das ja nach den Vorstandswahlen im Herbst ein Thema. Das ist zwar alles noch Zukunftsmusik, aber natürlich könnte ich mir auch eine Aufgabe als sportlicher Berater oder Verbindungsmann zwischen Vorstand und sportlicher Führung vorstellen. Man muss gucken, ob das von Vereinsseite aber auch überhaupt gewollt ist.

Kessler hat dann Lukas Kwasniok verpflichtet. Sie zeigten sich gerade schon zuversichtlich. Aus welchen Gründen?

Ich glaube, dass Lukas menschlich zum Klub und der Mannschaft passt. Er hat eine direkte, klare Ansprache, die bei den Jungs ankommt. Er hat eine positive Ausstrahlung. Er ist emotional – auch das muss man in Köln sein. Das habe ich bei den letzten beiden Trainern (Gerhard Struber und Timo Schultz, d. Red.) ein bisschen vermisst, die irgendwie nie so wirkten, als wären sie richtig in Köln angekommen. Man braucht in Köln aber eine enge Verbindung zu den Fans und der Stadt. Und ich bin mir sicher, dass Lukas durch seine offene Art diese Verbindung aufbauen wird. Zudem hat er bei seinen Ex-Klubs schon nachgewiesen, dass er gute Arbeit leisten kann. Aber: Jetzt muss er zeigen, dass er auch die Bundesliga und den 1. FC Köln kann. Der FC ist eine ganz andere Hausnummer. Ich hoffe, dass er seine Emotionen im Griff hat – vor allem dann, wenn es mal nicht so laufen sollte. Der Druck, wie er in Köln dann entstehen kann, wäre für ihn eine neue Erfahrung. Trotz aller Emotionalität muss man in diesen Phasen besonnen bleiben. Auch mal die Faust in die Tasche ballen und nicht immer öffentlich die Wahrheit sagen. Ich traue ihm absolut zu, dass er das kann, allerdings hat er davon nichts, wenn ich ihm das zutraue (lacht). Er muss es jetzt umsetzen.

Die beste Entscheidung der Vereinsführung war, Thomas Kessler zum Sportdirektor zu befördern
Funkel über den bisherigen Leiter der Lizenzspielerabteilung und früheren FC-Torwart

Nach dem Aufstieg sprachen Sie davon, dass die Mannschaft „fünf bis sechs“ Verstärkungen benötige. Jetzt hat der FC schon mindestens zehn Transfers für insgesamt über 23 Millionen Euro Ablöse getätigt. Überrascht Sie das?

Eigentlich nicht. Der FC durfte aufgrund der Sperre zwei Transferperioden lang keinen Spieler verpflichten. Der Klub hat sich saniert und durch Abgänge auch eine ordentliche Summe eingenommen. Meine Aussage war öffentlich auch bewusst sehr konservativ formuliert. Ich muss jetzt mal klar sagen: Die beste Entscheidung der Vereinsführung war, Thomas Kessler zum Sportdirektor zu befördern. Thomas hat durch den Job jetzt andere Möglichkeiten und viele Dinge wieder in die Mannschaft und die Geschäftsstelle reingebracht, die in den vergangenen drei Jahren verloren gegangen waren. Das fängt an mit Empathie, Menschlichkeit. Was die Transfers angeht, hat der FC mit ihm auch endlich wieder jemanden, der selbst aus dem Fußball kommt und auch den Verein wie aus dem Effeff kennt. Zusammen mit Lukas Berg, den ich schon 2021 kennengelernt habe und schätze, wird da eine richtig gute Arbeit geleistet.

Alle Transfers, die getätigt wurden, kann ich unterschreiben. Das macht beim FC aber jetzt kein Zahlenmensch mehr. Finanzexperten braucht natürlich jeder Verein, sie sind wichtig, aber den Fußballsachverstand und das Fußballherz kannst du nicht ersetzen. Bei den Transfers ist Sinn und Verstand dahinter. Deshalb glaube ich, dass der FC, obwohl Aufsteiger, eine gute Saison absolvieren wird. Thomas hat die Voraussetzungen geschaffen, Lukas muss das jetzt mit der Mannschaft hinbekommen. Thomas kann beim FC eine Ära prägen, wenn er auch in schwierigen Situationen die Unterstützung vom Vorstand hat. Deshalb wäre es gar nicht so schlecht, wenn der Vorstand auch im sportlichen Bereich noch jemanden an seiner Seite hätte (lacht).

Vor der Zweitliga-Saison 2024/25 war Ihre Prognose, dass der 1. FC Köln und der Hamburger SV direkt aufsteigen werden. Das ist dann doch auch so eingetreten. Wie lautet Ihre Prognose jetzt?

Der Kader gibt einiges her – erst recht für einen Aufsteiger. Der FC hat in Marvin Schwäbe und Ron-Robert Zieler, der ein super Typ ist und ungeheure Erfahrung mitbringt, zwei Top-Torhüter, ein sehr gut besetztes Mittelfeld und starke neue Schienenspieler mit Sebastian Sebulonsen und Kristoffer Lund. Jakub Kaminski hat in der Vorbereitung überzeugt. Ragnar Ache im Sturm hat das Potenzial für die Bundesliga. Ich hoffe einfach, dass er gesund bleibt. Marius Bülter ist für mich ein Top-Transfer: vielseitig in der Offensive einsetzbar, dazu eine super Mentalität. Nach den Verpflichtungen von Bülter und von Innenverteidiger Raf van den Berg, für den der FC ja richtig viel Geld bezahlt hat (über acht Millionen Euro Ablöse, d. Red.), habe ich gedacht: Lecko mio, jetzt holt der FC auch noch die. Der FC hat eine absolut realistische Chance, in der Bundesliga zu bleiben. Man soll keine Luftschlösser bauen, aber vom Klassenerhalt bin ich überzeugt. Mit einem Platz 13 oder 14 im ersten Schritt wären wohl viele zufrieden.

Nach den Transfers von Bülter und van den Berg habe ich gedacht: Lecko mio, jetzt holt der FC auch noch die. Der FC hat eine absolut realistische Chance, in der Bundesliga zu bleiben
Funkel über Kölner Aktivitäten und Aussichten

Durch die vielen und vielversprechenden Neuzugänge müssen aber wiederum vermeintlich Arrivierte um ihren Platz kämpfen. Könnte das zum Problem werden?

Die Konkurrenz ist jetzt groß, aber der Konkurrenzkampf wird der Mannschaft guttun. Es stimmt, einige Jungs, die schon länger da sind, werden um ihren Platz kämpfen müssen. Ich gehe davon aus, dass wohl noch ein paar Spieler den Klub verlassen könnten. Die, die dableiben, wird der FC aber allesamt gebrauchen können. Die Bundesliga ist etwas völlig anderes als die zweite Liga. Es wird alles viel intensiver.

Der FC hat seine Finanzen jetzt im Griff, möglicherweise mit Kessler und Kwasniok die richtigen Leute auf den entscheidenden Positionen. Die Transfers scheinen vielversprechend zu sein. Könnte beim 1. FC Köln endlich mal etwas entstehen?

Ja, ich glaube auch, dass beim FC etwas entstehen könnte, die Fantasie habe ich definitiv. Die Gründe haben Sie ja selbst aufgezählt. Aber auch nur dann, wenn man auch in schwierigen Momenten nicht plötzlich wieder alles hinterfragt und nervös wird, sondern am Kurs festhält, damit sich alles noch etwas mehr verfestigt. Man sollte aber bitte nicht davon ausgehen, dass man in drei Jahren wieder in Europa ist. Man muss bescheiden bleiben und auch mal nach links und rechts schauen, was dort seit Jahren gut gemacht wird: nach Freiburg oder nach Mainz. Der FC benötigt ebenfalls diese Kontinuität.

Ein Blick auf die andere Rheinseite: Wird Bayer 04 Leverkusen nach dem gewaltigen Aderlass aus der Bundesliga-Spitze fallen?

Ich denke, dass die Abgänge der meisten Schlüsselspieler nicht zu verhindern waren. Wirtz, Tah, Frimpong, Hradecky nach der Verpflichtung von Flekken: Es war doch zum Teil auch vertraglich klar, dass die Spieler gehen würden. Einzig der Weggang von Granit Xhaka nach Sunderland hat mich überrascht. Er hat sich im Herbst seiner Karriere für die Finanzen und nicht für das Sportliche entschieden. Leverkusen wird dennoch unter die ersten Vier kommen. Bayer hat immer noch einen gut besetzten Kader und wird sicher noch ein paar Transfers tätigen. Simon Rolfes und Erik ten Hag werden das schon hinbekommen. Ich sehe auch nicht, dass Leverkusen sich – abgesehen vom FC Bayern – vor der Konkurrenz großartig verstecken müsste. Manche mögen da vielleicht schon einen Abgesang anstimmen – ich gehöre nicht dazu.